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1949, in einem Japan, das es so nie gegeben hat: Der Zweite Weltkrieg hat nie stattgefunden, das Kaiserreich hat sich zu einer Zweiklassengesellschaft ausgeformt, in der sich die Diskrepanz zwischen Arm und Reich immer weiter verschärft. Die Kaiserstadt Teito, wo diese Gegensätze besonders stark aufeinandertreffen, wird von einem enigmatischen Meisterdieb in Atem gehalten, der seine wahre Identität unter Maske und Cape verbirgt und der in jede Rolle zu schlüpfen vermag: K-20, das Phantom mit den zwanzig Gesichtern. Für einen seiner Coups benutzt er den talentierten Zirkusakrobaten und Illusionskünstler Heikichi Endo (Takeshi Kaneshiro), der von der Polizei prompt für K-20 gehalten und verhaftet wird. Heikichi gelingt die Flucht und, von der Polizei gejagt, kennt nur noch ein Ziel: Er muss selbst zum Meisterdieb werden, um K-20 stellen und vor der ganzen Welt seine Unschuld beweisen zu können. So rettet er die Baroness Yoko Hashiba (Takako Matsu) aus den Klauen des Phantoms, das es auf deren Erbe abgesehen hat: Ohne es zu wissen ist Hashiba im Besitz des Schlüssels zu einer unermesslichen Macht, welche die Welt für immer verändern kann. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, den K-20 nicht gewinnen darf …
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Ein geheimnisumwitterter Meisterdieb, der mit Masken und Zaubertricks die Polizei zum Narren hält, ein hochbegabter Akrobat, der sich mittels Gadget durch die Straßenschluchten von Teito schwingt, im Wind flatternde Capes und dynamische Kämpfe im freien Fall, gigantische Explosionen und verschlüsselte Botschaften – auf den ersten Blick liest sich der Plot weder sonderlich originell noch übermäßig raffiniert, eher überladen und altbekannte Versatzstücke aufstapelnd. Offensichtlich war Regisseurin Shimako Sato („Eko Eko Azarak“) nichts zu schade, was auch nur annähernd Platz in einem Superhelden-Action-Mix von 137 Minuten Länge gefunden hätte. Was aber nach einem plumpen und ideenlosen Ragout mit Plagiatprädikat klingt, entpuppt sich als augenzwinkerndes und gut vermischtes Potpourri aus westlichem Superheldenkino und fernöstlichem Fantasy-Spektakel.
Denn so vielgesichtig wie der titelgebende kriminelle Mastermind ist auch der Film selbst. So wird der Versuch, „K-20“ auf ein simples Meisterdieb-Movie zu reduzieren, dem Film nicht gerecht, da dies nur eine von vielen Facetten darstellt. Anstatt sich selbst stur in ein Genrekorsett zu zwängen, wirbelt das Phantom mit einem Cape voller Déjà-vus wild durch das Bild: So sieht sich „K-20“ gewiss als japanische Antwort auf Fantômas, während der Film gleichzeitig verdächtig nach romantischen Mantel-und-Degen-Filmen riecht, wenn das Phantom mit wallendem Umhang über die Dächer springt oder Heikichi mit diesem um die adelige Hashiba kämpft. Die Actionszenen sind dem westlichen Superheldenkino geschuldet, und wenn sich Heikichi mit einem kleinen technischen Spielzeug an den Hausfassaden entlang schwingt, dann drängen sich dem Zuschauer nicht grundlos Peter Parker und sein Alter Ego mit dem Spinnensinn auf. Überhaupt wird man das Gefühl einfach nicht los, alles schon irgendwo ähnlich in amerikanischen Comicverfilmungen gesehen zu haben. Daneben verrät „K-20“ seine Herkunft nicht und weist allerlei Reminiszenzen an das japanische Actionkino auf, auch eine kleine Verbeugung vor dem Manga will er sich nicht verkneifen, wenn Heikichi im Angesicht einer nackten Baroness heftiges Nasenbluten bekommt. Und während der Film den luftig-leichten Plot mit ein wenig (absichtlich) plakativer Gesellschaftskritik garniert, vergisst er nicht, auch einen knappen Schluck aus der Hiroshima-Trauma-Buddel in Gestalt der Tunguska-Explosion zu nehmen. Die Antwort auf die Frage, was der Film nun eigentlich sein will, knallt Regisseurin Sato dem Zuschauer Szene für Szene deutlich vor die Augen: von allem etwas und doch etwas Originelles.
„K-20“ ist in erster Linie lockeres und anspruchsloses Popcornkino aus japanischer Schmiede, das ohne große Hindernisse zu vergnüglicher Unterhaltung einlädt. Der Film nimmt sich nie bierernst, stattdessen wirft er großzügig mit kitschig-romantischen Momenten, abenteuerlichen Action-Einlagen, seichten Dialogen und für einen fernöstlichen Film beeindruckenden CGI-Granaten um sich – japanisches Spektakelkino eben. Der vielgesichtige Charakter des Films wird durch einen klangvollen Soundtrack unterstrichen, von romantischen Klängen bis hin zu heldenpathetischen Chören ist alles vorhanden. Die Darsteller wirken gut aufgelegt – allen voran Takeshi Kaneshiro („House of Flying Daggers“, „Red Cliff“) – und wurden gewissenhaft ausgewählt.
Das leichtfüßige Wesen von „K-20“ birgt aber auch Schwachstellen, denn vor lauter Action, Liebe, Hass und Superheldentum bleibt kaum noch Platz für andere Dinge. Größter Minuspunkt: Mit der Verlagerung des Plots in eine alternative Zeitlinie eröffnen sich dem Film spannende Möglichkeiten, die jedoch fast vollkommen unangetastet bleiben. Es ist nachvollziehbar, dass die Drehbuchautorin hier Zurückhaltung üben musste, andernfalls hätte die lockere und abenteuerliche Handlung mit zu vielen Informationen zu kämpfen gehabt. Dennoch hätte man als Zuschauer gerne etwas mehr über dieses alternative Kaiserreich Japan erfahren, ebenso über die fiktive Metropole Teito – ein japanisches Metropolis –, von der man nur flüchtige Eindrücke bekommt; der Film hätte fast genauso gut in einer völlig fiktiven, nicht näher definierten Welt spielen können. Darüber hinaus bringt das kurzweilige Abenteuer einen zuweilen etwas laschen Spannungsbogen mit sich; zwar vermeidet der Film konsequent das Aufkeimen von Langeweile, doch manche Szenen plätschern einfach nur gemächlich dahin. Auch sollte man nicht mit der Hoffnung auf eine knifflige Handlung und raffinierte Twists an „K-20“ herantreten, denn der Film lebt vorrangig von seinen reizvollen Schauwerten, seiner schlicht gehaltenen Dynamik und den üppigen Déjà-vus.
Die Blu-ray macht einen ordentlichen, wenngleich nicht unbedingt vorbildlichen Eindruck: Das Bild ist im Großen und Ganzen akzeptabel, doch über weite Strecken des Films fällt ein deutlich wahrnehmbares Grieseln unangenehm auf, was dem Zuschauer umso stärker ins Auge springt, als da sich nicht wenige Szenen im Halbdunklen abspielen. Von einer ungleich besseren Seite präsentiert sich hingegen der Ton, der den bombastischen Score mit einem dynamischen Klangbild würdigt. Die deutsche Synchro weiß nur sehr beschränkt zu gefallen, O-Ton-Liebhaber wählen hier aber ohnehin die japanische Tonspur mit deutschen Untertiteln. Die Extras gehen in Ordnung, hätten aber durchaus etwas üppiger ausfallen können: Neben dem deutschen und dem Originaltrailer wartet die Disc noch mit einem 25-minütigen Making-of und einem Interview mit Shimako Sato auf, abgerundet durch eine Trailershow sowie einem Wendecover.
Fazit: Ein romantischer, leichtfüßiger und abenteuerlicher Spagat zwischen Fantômas, Marvel und Zorro, der sich selbst nie ernst nimmt. Ein saftiges Stück japanischen Abenteuerkinos voller Humor und Kitsch, das einigen kleinen Schwächen zum Trotz sein Publikum auch hierzulande finden wird.