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Die afroamerikanische Schriftstellerin ZZ Packer gilt als eine der großen Nachwuchsautorinnen der USA. Ihre Kurzgeschichten und Erzählungen konnten bereits zahlreiche Kritiker für sich einnehmen. Ihr allseits hochgelobter Debütband „Kaffee trinken anderswo“, der in Amerika bereits 2003 erschienen war, wurde 2009 endlich auch in Deutschland veröffentlicht. Der A1 Verlag aus München brachte das 279 Seiten umfassende Werk mit seinen acht Kurzgeschichten heraus.
Die Erzählungen geben einen kurzen, aber tiefgehenden Einblick in das Leben der modernen Afroamerikaner. Bis auf eine Ausnahme sind die Protagonisten allesamt weiblich und auf der Suche nach etwas – nach sich selbst, nach Antworten oder nach einem Hoffnungsschimmer, nach Geborgenheit oder Respekt. In der titelgebenden ersten Geschichte etwa geht es um eine Studentin, die sich gegen ihren Willen zu einer weißen, scheinbar lesbischen Kommilitonin hingezogen fühlt. In einer anderen Geschichte mit dem Namen „Unsere liebe Frau des Friedens“ versucht eine junge, bemühte Lehrerin, nicht nur das Leben einer Schülerin, sondern auch ihr eigenes auf die Reihe zu bekommen. Eine Außenseiterin in einer Pfadfinderinnentruppe mit schwarzen Mädchen, die sich für die scheinbare rassistische Provokation durch weiße Pfadfinderinnen rächen wollen, ist die beobachtende Hauptperson in „Brownies“. Und in „Doris kommt“ freundet sich die junge Doris mit einem jüdischen Mädchen an und lernt bei dem litauischen Einwanderer Stutz mehr über das Leben und letztlich sich selbst.
Den Kurzgeschichten ist eine melancholische Grundstimmung zu eigen, komische Momente blitzen hier und da auf, doch das Hauptaugenmerk liegt bei Packer auf den ruhigen, stillen Tönen. Es geht um den Glauben, um Liebe und Freundschaft, mal fühlt sich die Autorin in die Kindheit oder in das starke Korsett strenger Religionsgemeinschaften ein, stets den Hintergrund afroamerikanischer Herkunft im Blick. Häufig lässt sie ihre Protagonisten aus der Ich-Perspektive erzählen, die den Leser das Geschehen wesentlich unmittelbarer und unverstellter erleben lässt. Zudem stört kein unnötiger Satz, kein aufblähendes Wort zu viel die Texte, die klar und präzise das ausdrücken, was wichtig ist.
Bisweilen lässt Packer ihren Leser am Ende einer Geschichte zu sehr allein; der kurze Einblick in das Leben eines ihrer Protagonisten berührt und stimmt nachdenklich, doch häufig enden diese Einblicke einige unausgesprochene Gedanken zu früh. Dieses unfertig Wirkende ist zumeist genau der Knackpunkt, der den Leser selbst zum Reflektieren einlädt, andererseits lässt man die oftmals rasch liebgewonnenen Charaktere nicht gerne los und hätte sie noch ein weiteres Stück auf ihrem Weg begleitet.
Eine klare, direkte Sprache, die den Leser ganz nah an die Charaktere heranführt, die Möglichkeit zur Reflexion und die ruhigen Töne sind die großen Stärken der Kurzgeschichten in „Kaffee trinken anderswo“. Ein hoffnungsvolles Debüt aus den USA, dem hoffentlich weitere gute Romane und Erzählungen folgen werden.