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 Kein Rabe so schwarz

Autoren: Joel Rose
Übersetzer: Karin Nölle
Verlag: Pendo

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Spannung


Achtzehn Jahre hat der Autor Joel Rose für dieses Buch recherchiert, 5000 Seiten geschrieben, das ganze dann am Ende wieder auf etwas über 500 Seiten gekürzt. Das Hauptthema dieser Mammutarbeit ist Edgar Allan Poe und sein Leben in New York.

1841 wird die junge Tabakhändlerin Mary Rogers ermordet, für die fast jeder ihrer Kunden schwärmte. Fast die gesamte New Yorker Oberschicht ging in dem Laden, in dem sie angestellt war, ein und aus, viele junge Männer überboten sich mit Gunstbeweisen für die schöne junge Frau. Doch nun liegt sie ermordet im Fluss, und keiner weiß, wie das geschehen konnte. High Constable Hays wird damit beauftragt, diesen Mord aufzuklären.
Einige Tage später ereignet sich ein weiterer Mord, diesmal an einem Drucker. Der Schuldige ist schnell gefunden: Der jüngere Bruder des Waffenherstellers Samuel Colt, John Colt, angehender Schriftsteller und glühender Bewunderer Poes.
Vor der Vollstreckung des Todesurteils gegen John Colt reist Poe wieder nach New York, mit dem Ziel, hier irgendwie zu Geld zu kommen.
Das Ziel des High Constables ist es nach wie vor, den abscheulichen Mord an Mary Rogers aufzuklären. Dabei stößt er auf immer mehr Ungereimtheiten, nur eins ist klar: Der Mörder scheint sich in den oberen Gesellschaftskreisen zu bewegen, und kaum jemandem kann man seine Worte glauben.

Doch die Ermittlungen ziehen sich über Jahre hin. Immer wieder tauchen neue Spuren auf und verlaufen im Sande. Erst, als Poe eine Erzählung herausgibt, die eindeutig auf den Mord an Mary Rogers anspielt, scheint Bewegung in den Fall zu kommen.

Dies ist nur ein sehr kleiner Abriss der Handlung des Buches, aber es soll ja nicht zu viel verraten werden. Das Buch wird fast überall als Krimi beworben, doch das ist er nicht. Es ist ein Roman, eine Abhandlung mit kriminalistischen Elementen, aber als Krimi oder gar als Thriller kann man ihn nicht bezeichnen. Leser, die ihn wegen dieser Kategorie kaufen, werden bitterlich enttäuscht.

Joel Rose hat viel über das Leben in New York in den Jahren zwischen 1841 und 1846 zusammen getragen. Man erhält Einblick in die Ermittlungsarbeit der New Yorker Polizei, der Urheberrechtsstreik der Dichter gegen die amerikanischen Verlage wird thematisiert, die irischen und amerikanischen Banden erhalten ihre Rolle - mit dem fiktiven Anführer Tommy Coleman auf irischer Seite, der auch ein Mordverfahren am Hals hat -, die Colt-Brüder, Poes Privatleben, die Geschichte der amerikanischen Zeitungen … kurz, hier wird alles in einen Topf geschmissen und zusammen gerührt, was in der damaligen Zeit für die Gesellschaft von Interesse war.

Dieses Buch muss man von zwei Blickwinkeln aus bewerten. Als Krimi versagt es leider. Zu wenig wird wirklich ermittelt, zu viel sind vage Vermutungen des High Constables, der aber lange Zeit nur in die falsche Richtung vermutet und doch so sicher ist, auf der richtigen Fährte zu sein. Auf den eigentlichen Mörder gibt es dann auch im Buch eigentlich gar keinen Hinweis, er wird am Ende aus dem Hut gezogen wie das Kaninchen beim Zauberer, aber das wirkt alles sehr konstruiert. So hängen auch alle Mordfälle und Ungereimtheiten des Buches irgendwie zusammen, aber das klärt sich leider erst auf den letzten zehn Seiten. Danach müsste man das Buch eigentlich noch mal lesen, um heraus zu finden, ob man als Leser auch nur die Spur einer Chance hat, diese Lösung aus der Handlung heraus nachzuvollziehen. Das ganze Buch über scheint sich der Autor sehr zu bemühen, sich an Fakten zu halten, für die Lösung greift er aber zum einfachen Weg und hängt einfach einer Persönlichkeit der Geschichte den Mord an.

Als Roman hingegen, der das New Yorker Leben von damals thematisiert, ist es aber durchaus lesenswert. Literaturfreunde werden noch einen weiteren Grund zur Freude haben: Im ganzen Buch eingestreut sind Gedichte und auch eine Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, auch andere Schriftsteller werden zitiert. Diese Zitate werden aber nur selten deutlich gemacht, meist tauchen sie in den Reden der handelnden Personen auf.

Ein Lob verdient der Autor für die Darstellung seines High Constables. Dieser ist das Vorbild für Poes Figur des Monsieur Dupin und ein außergewöhnlicher Ermittler. Doch auch seine Tochter wird außergewöhnlich dargestellt, ihr Verständnis für Literatur eröffnet auch dem Leser zuweilen eine neue Sicht auf bestimmte Werke.

Durchhaltevermögen soll man auf jeden Fall mitbringen, wenn man sich an dieses Buch macht. Viele Schachtelsätze, die wohl literarisch hochwertiger wirken sollen, Sprünge in der Handlung, scheinbar zusammenhangslose Ereignisse, die dann am Ende doch auf einmal zusammen gehören, machen es dem Leser nicht leicht, bei der Stange zu bleiben. Als Vorstufe einer Biografie über Edgar Allan Poe ist es aber gut geeignet, da es Neugier auf das Leben und Schaffen dieses Mannes weckt.
Vor allem ist es für Leser geeignet, die ein gewisses Interesse an klassischer amerikanischer Literatur und der amerikanischen Geschichte und Gesellschaft mitbringen. Jemand, der einen normalen Krimi lesen möchte, sollte besser zu einem anderen Buch aus dem Regal greifen.

Anja Thiemé



Hardcover | Erschienen: 01. Februar 2007 | ISBN: 9783866121072 | Originaltitel: The Blackest Bird | Preis: 19,90 Euro | 516 Seiten | Sprache: Deutsch

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