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Jerusalem, 1187 a.D. Die Stadt ist seit ihrer blutigen Einnahme 1099 in christlichen Händen zum Kreuzfahrer- und Pilgerzentrum geworden. Das Königreich wird von König Balduin IV. (Edward Norton) regiert, einem jungen weisen König, der allerdings an Lepra erkrankt ist und dessen Schwester Sibylla (Eva Green) den französischen Templer Guy de Lusignan (Marton Csokas) geehelicht hat. Dieser ist ein Kriegstreiber und wartet nur auf den richtigen Augenblick, um gegen den muslimischen Sultan Saladin (Ghassan Massoud) vorzugehen, unter dem sich die Muslime zu einem sehr großen Heer vereint haben. Balduin und Saladin haben einen sehr wackeligen Frieden ausgehandelt, jedoch sind die Templer gegen einen Pakt mit dem ungläubigen Feind und bringen diesen Frieden immer wieder ins Wanken, indem sie muslimische Karawanen überfallen.
In dieser unsicheren Zeit gelangt der einstige Hufschmied Balian (Orlando Bloom) nach Jerusalem, einerseits, um für seinen Mord an einem Priester und für den Selbstmord seiner Frau um Sündentilgung zu beten, andererseits, weil er von seinem Vater, Baron Godfrey von Ibelin (Liam Neeson), aufgegabelt wurde, der ihn, bevor er an einer Verletzung starb, zum Baron von Ibelin erhoben hatte. Er nimmt sich dieses staubigen Stücks Landes nahe Jerusalem an und verwandelt es in ein blühendes Grundstück.
Sein Vater war ein respektierter Mann am Königshof, und dieser Respekt wird auch Balian entgegen gebracht, vermehrt, nachdem er zahlreiche Bewohner der Stadt Kerak vor dem Tod gerettet hat, indem er sich mit einer absoluten Minderheit an Rittern den heran rückenden Sarazenen entgegen gestellt hatte, die einen Vergeltungsangriff für eine von den Templern massakrierte Karawane gestartet hatten. Der sterbende König bietet ihm sogar die Ehe mit seiner Schwester an - Sibylla ist von Balian sehr angetan -, aber der Ritter lehnt ab, und so wird nach Balduins Tod Guy de Lusignan König von Jerusalem. Damit bricht eine Zeit des Kriegs an: Er will Saladin in einer offenen Feldschlacht die Stirn bieten. Diese Schlacht wird jedoch verloren, da der Zug durch die heiße Wüstenlandschaft die christlichen Truppen ausgemergelt hat. Nun zieht Saladin gegen Jerusalem, und einzig Balian steht zur Verfügung, um die Verteidigung der Stadt zu organisieren ...
Ridley Scott sagt von sich selbst, dass er gerne Welten erschafft, und hat das ja auch schon oft genug bewiesen (etwa bei "Blade Runner" und "Gladiator"). Auch diese Welt des mittelalterlichen Jerusalem ist ihm wieder ausnehmend gut gelungen. Man sieht, dass die Stadt Jerusalem nicht vollständig am Rechner entstanden ist, sondern die Menschen darin sich zwischen echten Mauern bewegen - die digitalen Effekte vervollständigen das große Set auf beeindruckende Weise. Dazu kommen ebenso beeindruckende (und im Vergleich zu anderen Schlachtfilmen erstaunlich blutarme) Schlachtszenen, der Angriff auf Jerusalem macht sogar dem dritten "Herr der Ringe"-Film Konkurrenz, und das Stadtleben ist sehr lebendig gelungen. Zudem sind die meisten Figuren in diesem Film historische Figuren, und der Film stellt eine wahre Begebenheit einigermaßen historisch korrekt dar - fiktiv ist vor allem die Hintergrundgeschichte Balians, des Verteidigers von Jerusalem.
Auch bei den Details der Schlachten, Kulissen und Kostüme war man auf Realitätsnähe bedacht, und das Design ist opulent und gut gelungen.
Für Hauptdarsteller Orlando Bloom war der Film eine Herausforderung - weg von Legolas und "Fluch der Karibik", hin zu einer ernstzunehmenden Hauptrolle. Er spielt das gut, wenn man sich auch ein wenig mehr Mimik gewünscht hätte. Eva Green gelingt es mit ihrer Quotenfrau-Rolle leider nicht, wirklich verführerisch zu wirken, sie bleibt den ganzen Film über eher blass. Jeremy Irons als Statthalter Tiberias ist gewohnt gut, auch wenn er sicher schon anspruchsvollere Rollen hatte. Liam Neeson zeigt uns einen mittelalterlichen Qui-Gon Jinn, allerdings steht ihm das Kettenhemd besser als die Jedi-Kutte. Und Ghassan Massoud als Saladin ist umwerfend, sobald er auf der Leinwand erscheint, beherrscht er das Szenario. Mit ihm hat sich Scott genau den richtigen Schauspieler für die Rolle des mächtigen, charismatischen und besonnenen Sarazenenführers ausgesucht. Kleines Schmankerl: Der leprakranke König, der immer nur mit Gesichtsmaske auftritt, wird von Edward Norton gespielt, den man nicht einmal dann erkennt, wenn Sibylla dem aufgebahrten Leichnam die Maske abnimmt (sie wirkt dabei fast wie eine Diebin).
Die Geschichte beginnt in Frankreich und entwickelt sich Schritt für Schritt und teilweise zu episodenhaft und lieblos, damit Balian so schnell wie möglich am eigentlichen Hauptschauplatz angelangt. In Jerusalem angelangt, nimmt sich Scott viel mehr Zeit und arbeitet die Intrigenspiele und politischen Geschehen entspannt aus. Allerdings hat man dennoch oft das Gefühl, dass dem Zuschauer im Fortlauf der Geschichte einige Szenen unterschlagen wurden - im Vorfeld der DVD gab es ja auch hier wieder das Gerücht, die DVD-Fassung sei um soundso viele Minuten länger. Aber es waren auch unbekannte Szenen im US-Trailer ...
Der einstige Hans-Zimmer-Zögling Harry Gregson-Williams hat hier wie auch schon beim "Sinbad"-Trickfilm bewiesen, dass er längst aus Zimmers Schatten heraus ist: Die Musik ist toll, kreativ, lebendig und kraftvoll und lässt sich auch losgelöst vom Film gut hören. Aber hallo, was muss der Filmmusik-Kenner in der "Erhebt euch als Ritter"-Szene hören? Einmal in den Score zu "The 13th warrior" von Jerry Goldsmith reingehört - ja, da wurde doch tatsächlich eine ganze Passage aus dieser Filmmusik einfach in Scotts Film übernommen - auf der CD natürlich nicht zu hören.
Disc Eins enthält neben dem Hauptfilm in Deutsch und Englisch (zusätzlich türkische Untertitel) einen Pilgerführer - hiermit werden Informationen über historische Schauplätze und Figuren während des Films eingeblendet. Der auf der Box angekündigte Trailer der "Titanic"-Special-4-Disc-Version ist seltsamerweise nicht im Menü anwählbar, man muss warten, bis die DVD-Trailer für andere Filme von selber anlaufen.
Disc Zwei ist sehr umfangreich: Neben dem US-Kinotrailer gibt es ein paar Kurz-Features zu sehen, darunter eine Ridley-Scott-Beweihräucherung, ein Interview mit Orlando Bloom sowie ein Feature über Set- und Kostümdesign - interessant, aber kurz.
Ausführlicher ist da das "Produktionsnetz", ein Raster mit Preproduction, Production und Postproduction waagerecht und Regie, Stab und Besetzung senkrecht; die neun Schnittpunkte sind anwählbar, sprich, man kann sich einen Film zur Aufgabe der Regie in der Preproduction-Phase anschauen oder sehen, was die Schauspieler auch nach der Produktion für Aufgaben haben. Dies ist ein ungewöhnliches, aber gutes Prinzip, und die Filme sind spannend und informativ.
Weiterhin gibt es zwei recht lange Dokumentationen, die auch auf dem History Channel gelaufen sind: Eine über die Historizität des Films, in der Akademiker und Autoren den Film auf seinen mittelalterlichen Realitätsgehalt hin untersuchen - sehr interessant, teilweise vielleicht etwas reißerisch, und die Analyse des Verteidigungssystems des spanischen Castillo de Loarre, auf dem Teile des Films gedreht wurden, durch einen Militärspezialisten ist in meinen Augen überflüssig -, und eine über Gewalt und Glauben im Mittelalter, die sich speziell mit der Geschichte um die Schlacht von Jerusalem befasst, die Ridley Scott in wenigen Details geändert hat.
Fazit:
Ein tolles Schlachten-Epos, das nur anfangs ein wenig zu episodenhaft erzählt ist, mit passabler, nicht herausragender Schauspielerleistung, mit den tollen Bildern, die man von Ridley Scott gewohnt ist, und mit der für historische Schlachtengemälde eher ungewöhnlichen Botschaft, einen Krieg mit dem Dialog zu beenden. Das DVD-Zusatzmaterial kann sich sehen lassen, wer allerdings auf dieses historische Hintergrundwissen und die Produktionsfilme verzichten kann, sollte sich lieber die andere DVD kaufen, die nur die erste Disc enthält und dafür auch etwas billiger ist. Alternativ kann man sich auch die DVD-Version kaufen, die um diverse Minuten länger ist.