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 Krieg

Eine archäologische Spurensuche


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Kriege gehören zu den Grundkonstanten des menschlichen Daseins. Spätestens seit dem Neolithikum, der Jungsteinzeit, kämpften die Menschen - so bedauerlich dies auch sein mag - gegeneinander. Eine zentrale Bedeutung nimmt dabei die Sesshaftigkeit ein, da sich dadurch feste Besitzstrukturen und begrenzte Ressourcen bei einem gleichzeitigen Bevölkerungswachstum einstellten. Aus dieser Gemengelage heraus entwickelten sich dann die ersten Kriege, organisierte, mit Waffengewalt ausgetragene Konflikte zwischen Staaten oder sozialen Gruppen. Doch viele Wissenschaftler nehmen an, dass zumindest die Grundlagen von Kriegen schon vorher gelegt wurden, da Taktik und Kampftechniken bereits in dieser frühen Phase derart ausgereift waren, dass ein abrupter Beginn als sehr unwahrscheinlich gilt.


Nach einer Entwicklung zur "Kultur des Krieges" im Neolithikum kam es nicht zu einer häufig vorausgesetzten "Evolution der Kriegsführung" vom Altertum bis in die Neuzeit, sondern nur zu einem beständigen Wechsel von Strategie und Taktik mit den stets gleichen Elementen.


Natürlich haben Kriege auch zahlreiche archäologische Spuren hinterlassen. Ganz in diesem Sinne widmet sich die dem Band zugrunde liegende Sonderausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) den kriegerischen Hinterlassenschaften der Menschheit. Den zeitlichen Schwerpunkt legt der Band dabei auf die Zeit des Neolithikums sowie der Bronzezeit. Hinzu kommt ein ganz eigener Abschnitt mit 28 Beiträgen zum Dreißigjährigen Krieg in Mitteldeutschland, was sich damit erklären lässt, dass das federführende Landesmuseum eine geografische Nähe zum Schlachtfeld in Lützen, dem Austragungsort einer der bedeutendsten Schlachten des Dreißigjährigen Krieges, aufweist.

Dieser Ausstellungsband, genauer gesagt der Essayband zur gleichnamigen Ausstellung, besticht durch eine differenzierte Betrachtung der archäologischen Hinterlassenschaften von Kriegen. Er spannt einen weiten Bogen, der vielfältige Themen thematisiert, von den Waffen über Rituale bis hin zu zahlreichen exemplarischen Fällen wie dem "ältesten Mord der Menschheit" oder "die Belagerung der bronzezeitlichen Befestigung von Roca Vecchia". Dabei beschränken sich die Herausgeber nicht nur auf die Militärgeschichte, sondern nehmen auch kulturgeschichtliche Ansätze (zum Beispiel des "Bild das Kriegers im 13. bis 8. Jahrhundert vor Christus" oder "Der Druck des Ereignisses - Zeitzeugnisse zur Schlacht von Lützen") mit ins Boot. Neben der beeindruckenden Essayanzahl, die von einem ungewöhnlich tiefgreifenden und multiperspektivischen Ansatz zeugt, zeichnet sich der Band immer wieder durch interessante Fragestellung aus, wenn beispielsweise die Frage aufgeworfen wird, ob es in der Frühbronzezeit bereits Armeen mit übergeordneten Befehlsstrukturen gab.


Das Ziel ist, eine möglichst genaue historische Verrottung kriegerischer Gewalt und eine Abschätzung ihrer Dimension zu leisten und somit einen Beitrag zu einer Betrachtung zu liefern, die Gewalt als ein soziales und politisches, also nicht nur individuelles Phänomen versteht.


Eine besondere Note gewinnt der Band sicherlich dadurch, dass sich dieser mitnichten nur auf genuin archäologische Zeitabschnitte wie das Neolithikum oder die Bronzezeit beschränkt. Denn mit dem Dreißigjährigen Krieg befasst sich dieser eben auch ausführlich mit einem Krieg der Frühen Neuzeit, der quasi einen vorläufigen Endpunkt auf dem Weg zu den Kriegen wie wir sie heute kennen darstellt. Außerdem enthält der Band am Beginn einzelne Beiträge zum Tierreich oder zur Ethnologie, die zeigen, wie offen sich die Herausgeber und die international renommierten Autoren des Bandes an das Thema heranwagen. Denn dass ein Beitrag zum kriegerischen Verhalten von Ameisen Eingang in einen archäologischen Essayband gelangt, ist sicherlich etwas ganz Besonderes.

Rechtfertigt allein schon die vielfältige und differenzierte inhaltliche Darlegung den Kauf des Bandes, so erhält dieser durch seine äußerst ansprechende Aufmachung die Krönung. Mit gestochen scharfen Bildern werden unzählige Funde großformatig auf Hochglanzpapier in Szene gesetzt. Hinzu kommen zahlreiche Schaubilder und nützliche Karten. Sehr übersichtlich wirkt auch der zweispaltige Text, in dem längere Zitate kursiv hervorgehoben werden.

FAZIT: Ein ganz und gar außergewöhnliches Buch, welches sich auf äußerst vielschichtige Art und Weise einer Grundkonstante menschlichen Daseins annimmt. Die stilvoll präsentierten Funde tun ihr Übriges dazu. Einer der besten archäologischen Ausstellungsbände der letzten Jahre!

Weitere Informationen sowie ein Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 7. November 2015 | ISBN: 9783806231724 | Preis: 39,95 Euro | 488 Seiten | Sprache: Deutsch

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