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 Krieg im Frieden

Paramilitärische Gewalt nach dem Ersten Weltkrieg


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Wer an paramilitärische Gewalt nach dem Ersten Weltkrieg denkt, denkt wohl als erstes an deutsche Freikorps, die im reaktionären Eifer Kommunisten und Sozialisten brutal verfolgten. Doch paramilitärische Gewalt in der Zwischenkriegszeit ist ein europaweites Phänomen. Der Band "Krieg im Frieden", herausgegeben von Robert Gerwarth und John Horne, versammelt über ein Dutzend Aufsätze, die sich regional und transnational mit ihm beschäftigen.

Die beiden Herausgeber erläutern in ihrer Einleitung, welche Leitgedanken den Band strukturieren. Sie wollen einen kritischen Blick auf die gängige "Brutalisierungsthese" werfen, die davon ausgeht, dass die Nachkriegsgewalt vor allem durch die Brutalisierung und Gewalterfahrungen der heimkehrenden Frontsoldaten erklärt werden kann. In dem Band sollen andere Erklärungsmuster herausgearbeitet werden. Leitende Kategorien sollen dabei Revolution, imperiale Zusammenbrüche und ethnische Konflikte sein. Mit diesen Begriffen soll verständlicher werden, wie und warum es zu paramilitärischer Gewalt in einigen Ländern kam, während andere von diesem Phänomen verschont blieben.

Dem Konzept folgend ist der Band in zwei Teile gegliedert. Die ersten sieben Aufsätze beschäftigen sich mit "Revolution und Konterrevolution" und legen den Fokus damit vor allem auf die Länder und Regionen Europas in denen es zu revolutionären Prozessen während oder nach dem Krieg kam. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Gebieten des Zarenreiches. Aber auch mitteleuropäische Länder und Italien werden hier behandelt. Das Verhältnis zur bolschewistischen Revolution in Russland spielt aber in jedem Aufsatz in diesem Abschnitt eine Rolle.

Der zweite Abschnitt ist überschrieben mit "Nationen, Grenzgebiete und ethnische Gewalt". Die Aufsätze in diesem Teil behandeln vor allem paramilitärische Gewalt, die mit neu entstehenden Staaten oder zusammenbrechenden Reichen in Verbindung steht. Als Beispiele stehen hier unter anderem der Balkan, das Osmanische Reich, Polen oder auch Irland im Zentrum. Der letzte Aufsatz behandelt Frankreich als Gegenbeispiel. Der Aufsatz will zeigen, unter welchen Nachkriegsbedingungen es gerade nicht zu einem Exzess paramilitärischer Gewalt kam.

Robert Gerwarths und John Hornes Band "Krieg im Frieden" ist aus mehreren Gründen ein sehr interessanter Sammelband. Zunächst stellt der Band den ersten Versuch dar, paramilitärische Gewalt als ein gesamteuropäisches Phänomen zu betrachten und nimmt dabei auch Beispiele in den Fokus, deren Bekanntheitsgrad auch unter Historikern nicht besonders hoch sein wird. Dass gerade der bekannteste Fall, der Deutsche, in keinem eigenen Beitrag behandelt wird, obwohl das Cover einen Freikorps vor dem Brandenburger Tor zeigt, rührt wahrscheinlich auch daher, gerade diese bisher vernachlässigten Beispiele in den Vordergrund zu rücken. Zum anderen begegnet er der weitverbreiteten und monokausalen Brutalisierungsthese, die die Nachkriegswirren in vielen Ländern einfach aus der Verrohung der heimkehrenden Frontsoldaten erklärt. Angesichts der in diesem Band dargestellten vielfältigen und komplexen Situationen in Europa ist diese Erklärung nur wenig befriedigend.

Die meisten Aufsätze in dem Buch folgen diesen beiden Anliegen der Autoren. Sie stellen sowohl die spezifische Situation dar, in dem sich der jeweils behandelte Raum, ob Region oder Land, befand, als auch die Einbettung im gesamteuropäischen Rahmen. So ergeben sich beispielsweise für Finnland oder Irland andere Erklärungen für das Aufkommen paramilitärischer Gewalt als für Russland oder Italien. Dennoch ergeben sich mit den "Leitmotiven" des Bandes, Revolution, ethnische Gewalt und imperialer Zusammenbruch, Klammern, die einen gesamteuropäischen, transnationalen Zusammenhang erkennen lassen. Eine oder zwei oder alle drei dieser Faktoren spielen dann doch bei allen Beispielen eine Rolle trotz aller spezifischen Unterschiede.

Die meisten Aufsätze richten sich an ein Fachpublikum. Viele Begriffe und historische Kenntnisse werden vorausgesetzt. So stellen die Beiträge einen spannenden und interessanten Beitrag zur Forschung dar, aber keine einfache Lektüre für interessierte Laien. Schade ist, dass der Band weder ein Register noch ein Literaturverzeichnis aufweist.

Für Historiker und Studenten, die sich mit dem Ersten Weltkrieg und der Zwischenkriegszeit beschäftigen, sind die hier versammelten Aufsätze aber von hohem Interesse und bieten viele Anregungen für weitere Forschungen und Studien.


Informationen zum Inhalt finden sich auf der Verlagsseite.

Andreas Schmidt



Hardcover | Erschienen: 1. Oktober 2013 | ISBN: 978-3835312982 | Originaltitel: War in Peace | Preis: 29,90 Euro | 347 Seiten | Sprache: Deutsch

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