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 Längengrad

Autoren: Dava Sobel
Verlag: Berlin Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Der Untertitel dieses Buches: "Die wahre Geschichte eines einsamen Genies, welches das größte wissenschaftliche Problem seiner Zeit löste" ist gleichzeitig die Inhaltsangabe dieses Romans (der sich sehr eng an die recherchierbaren Fakten hält):

Die große Seefahrernation England stand Anfang des 17 Jh. immer noch vor einem großen Problem: Zielgenau über die Meere zu segeln. Dabei war eines der Übel, dass die Mannschaft wegen der zu langen Seereise an Skorbut litt. Schlimmer fiel ins Gewicht, das viele Schiffe einfach verloren gingen oder ihren Zielhafen verfehlten.
Daraufhin entschloss sich das englische Parlament im Jahre 1714 die hohe Belohnung von 10.000 Pfund Sterling für denjenigen, der es schafft ein geeignetes Messinstrument zu erfinden, dass auf den Schiffen mitgeführt werden konnte und mit dem man die geographische Länge bis auf mindestens 1Grad genau bestimmen konnte, auszusetzen. Bei einer Abweichung von weniger als 40 Bogenminuten wurden 15.000 Pfund und bei einer Abweichung von weniger als 30 Bogenminuten (=1/2 Grad) 20.000 Pfund versprochen (ein einfacher Arbeiter verdiente zu dieser Zeit im Jahr 10 Pfund); ein damals gewaltiges Vermögen!
Die Ortszeit konnten die Seefahrer aus der gemessenen Höhe der Sonne oder der Position der Sterne schon lange ermitteln. Es ließ sich also ohne Probleme der Breitengrad ermitteln, nicht aber der Längengrad.
In jahrelanger Arbeit schuf der deutsche Astronom Tobias Mayer Mondtafeln (erste Veröffentlichung 1752). Die dafür notwendigen exakten Messungen des Winkels zwischen Mond und einem Stern, die umfangreichen Tabellen und eine komplizierte Rechenarbeit, für die man Stunden brauchte, machten diese Methode aber nicht geeignet für die Seefahrt.
Der Schreiner und Uhrmacher aus Leidenschaft William Harrison (1693-1776) erkannte, dass eine mitgeführte Uhr, die die genaue Heimatzeit anzeigen würde, verrechnet mit der vor Ort ermittelten Ortszeit, eine Berechnung des Längengrades möglich machen würde.
Also machte er sich daran, zunächst unterstützt von seinem Bruder, später von seinem Sohn, eine Uhr zu entwickeln, welche die benötigte Ganggenauigkeit über Monate auf See (und den schwierigen Bedingungen dort wie Salzwasser, Temperaturschwankungen, Rollbewegungen des Schiffes) aufweisen würde. Von Anfang an war sein Ziel das ausgelobte Preisgeld des Parlaments.
Sein erster Seechronometer (fertiggestellt im Jahre 1735), wurde ein futuristisch aussehendes Monstrum (84 cm hoch und 33 Kilogramm schwer). Diese Uhr erfüllte die geforderten Bedingungen noch nicht, aber die Kommission, die die Vergabe des Preisgeldes zu überwachen hatte, belohnte Harrisons Bemühungen mit 500 Pfund (auch das bereits zur damaligen Zeit eine hohe Summe für einen reinen Autodidakten wie Harrison), damit er seine Arbeit und Forschung weiter durchführen konnte.
Es folgten zwei weitere Modelle, die "H2" und "H3" (von ähnlicher Größe und Bauart). Diese Uhren wurden nie auf einem Schiff getestet, aber Harrison suchte mit ihnen weitere technische Neuerungen und Verbesserungen. 1759 gelang ihm schließlich der Durchbruch: Seine "H4" genannte Uhr ähnelte einer etwas überdimensionalen Taschenuhr mit 13 cm Durchmesser. Sie ging nach einer 5-monatigen Seereise nach Jamaika nur 5 Sekunden nach (dies entsprach einer Abweichung um 1,25 Bogenminuten), eine für die damalige Zeit ungeheure Leistung!
Doch aus verschiedenen Gründen verweigerte das Parlament die Auszahlung des Preisgeldes. Es verlangte mehrere Exemplare der H4 und deren Baupläne, schließlich sollten viele Schiffe damit ausgestattet werden. Hauptgrund aber war, dass ein Mitglied der Kommission die Mondtabellen favorisierte und sich persönlich mit Harrison überwarf. So kämpfte Harrison noch weitere 10 Jahre darum, das Preisgeld zu erhalten.

Die Geschichte dieser Uhr ist fantastisch geschrieben. Spannend und nie in Fachwissen abgleitend wird das Leben Harrisons geschildert. Viel wichtiger aber und Sinn und Zweck eines solchen historischen Abrisses: Das 17. Jahrhundert wird lebendig. Die Zeit der Segelschiffe und Abenteuer auf See von denen, nicht zuletzt durch die vielen Piratenfilme, jeder schon einmal geträumt hat!
Dies ist ein Buch, das sich flüssig und leicht lesen lässt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt, obwohl mir das Thema, die Entwicklung einer Uhr, erst sehr seltsam, ja langweilig vorkam - ich wurde eines Besseren belehrt!

Die neue, mit Illustrationen versehene Auflage dieses Buches ist unbedingt zu empfehlen! Es verdeutlicht verschiedene Sachverhalte noch besser, als es die Erstausgabe konnte.

Stefan Erlemann



Taschenbuch | Erschienen: 1. Dezember 1999 | ISBN: 9783827003645 | Preis: 19,90 Euro | 223 Seiten | Sprache: Deutsch

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