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Greg Iles: Dieser Name steht für solide Thrillerunterhaltung mit einer Portion Action. Seine Romane werden mittlerweile in viele Sprachen übersetzt, und er hat eine treue Fangemeinde um sich versammelt. Bei Bastei Lübbe erschien nun "Leises Gift" im Taschenbuchformat. Das Original trägt übrigens den Namen "True Evil" und stammt aus dem Jahr 2006.
Die FBI-Agentin Alex Morse ist erschüttert. Ihre geliebte Schwester Grace wird mit einem Blutgerinnsel im Gehirn ins Krankenhaus eingeliefert, obwohl Grace sich bester Gesundheit erfreut. Doch noch schockierender wird die Angelegenheit, als Grace ihrer Schwester mit letzter Kraft erklärt, dass ihr Ehemann Bill dafür verantwortlich sei. Noch bevor Alex herausfinden kann, ob diese Behauptungen wirres Zeug oder aber die Wahrheit ist, stirbt Grace an den Folgen des Blutgerinnsels. Die FBI-Agentin ist fassungslos: Nachdem das FBI ihr Zwangsurlaub verordnet hat, weil sie eine Geiselnahme nicht erfolgreich beendet hat, ein Kollege dabei starb und sie selbst entstellende Verletzungen im Gesicht erlitt, ist dies der nächste Tiefschlag für die junge Agentin. Alex setzt sich schließlich auf eigene Faust an den Fall, nicht nur, um ihrer Schwester den letzten Wunsch zu erfüllen, sondern auch, um ihren Neffen Jamie zu schützen. Denn was wird Bill seinem Sohn antun, wenn er schon seine Frau so kaltblütig umgebracht hat?
Tatsächlich stößt Alex auf eine seltsame Spur: Allem Anschein nach hat Bill Kontakt zu einem ominösen Scheidungsanwalt, welcher wiederum Beziehungen zu Menschen unterhält, die ihre Ehepartner auf ebenso tragische Art und Weise verloren haben wie Bill. Eines der nächsten Opfer soll allem Anschein nach der attraktive Arzt Chris Shepard werden, denn Alex findet heraus, dass dessen Frau Thora sich mit diesem Anwalt getroffen hat.
Zuerst will Chris der FBI-Agentin keinen Glauben schenken, als die ihm die schockierende Nachricht überbringt. Nach und nach stellen sich erste Zweifel ein - ist es vielleicht doch möglich, dass Thora sich seiner entledigen will? Doch weder er noch Alex können ahnen, wie weitreichend die ganze Angelegenheit ist - und wie gefährlich
Schon von Anfang an weiß der Leser, wer die Guten und wer die Bösen sind. Und wie es sich für eine bestimmte Art von amerikanischen Thrillern gehört, sind die Guten wie die Bösen ganz besondere Menschen, fernab vom Otto-Normalverbraucher. Die trotz ihres von Narben entstellten Gesichtes attraktive FBI-Agentin ist zielstrebig und verfolgt ihre hehren Ziele mit Ehrgeiz und Leidenschaft. Der nicht weniger gutaussehende Dr. Chris Shepard ist sportlich und intelligent, seine offenbar zu den Bösen zählende Frau Thora ist ebenfalls mit diversen positiven Eigenschaften von Gott gesegnet, was Aussehen und Sportlichkeit anbelangt, während der eigentliche Oberbösewicht ein ebenso genialer wie abgrundtief böser - und im Grunde nicht wirklich unattraktiver - Mensch ist, den man einfach nur verabscheuen kann. Die Charaktere entwickeln zu keinem Zeitpunkt Tiefe, wenngleich Iles sich durch langatmige Passagen, die einen Blick in die Vergangenheit der Figuren seines Romans werfen, redlich darum bemüht.
Während also keiner der Pro- oder Antagonisten den Leser zur Identifikation oder zum Mitfiebern einlädt, steht es um die eigentliche Handlung schon etwas besser. Die Grundidee mit der geschickten und unauffälligen "Entsorgung" von Ehepartnern ist gut und die Umsetzung kann sich sehen lassen, wenngleich auch hier wieder der Stempel
typisch amerikanisch aufgedrückt werden muss: Wenn man nur fest genug an etwas glaubt, kann man alles schaffen - das gilt für Alex genauso wie für ihre Widersacher. Unterhaltsam und ab dem zweiten Drittel des Buches ist das aber allemal.
Einen soliden, in vielen Aspekten aber leider auch völlig typischen amerikanischen Thriller legt Greg Iles mit "Leises Gift" vor. Fans des Autors werden voll auf ihre Kosten kommen, denn hier werden eine interessante Handlung mit Spannung und etwas Action verknüpft. Wer aber daneben auch Wert auf komplexe, sympathische Charaktere und glaubwürdige Interaktion legt, wird mit diesem Thriller nicht ganz so viel Vergnügen haben.