Im Frühjahr 2013 fand in der Frankfurter Schirn die Ausstellung "Letzte Bilder" statt; sie wurde mit Interesse und Begeisterung aufgenommen. Denn das Spätwerk eines Künstlers wird aufgrund seiner Verbindung mit dem Tod, der es abschließt, oft mit einer besonderen Ehrfurcht betrachtet, selbst wenn die künstlerische Qualität bisweilen nicht die vorangegangenen Schaffensphasen erreicht. Und zugleich lassen sich letzte Bilder verschiedener Künstler nicht leicht einander gegenüberstellen: Jeder Künstler geht mit der nachlassenden Kraft und Gesundheit anders um. Eine enorme Herausforderung für die Kuratorin! Das hier besprochene Buch fungiert als Katalog zur Ausstellung und bietet viele weiterführende Informationen. In Ausstellung und Buch fanden beziehungsweise finden sich die späten Werke folgender Künstler: Manet, Monet, Matisse, Willem de Kooning, Alexej von Jawlensky, Walker Evans, Stan Brakhage, Georgia O'Keefe, Ad Reinhardt, Giorgio de Chirico, Martin Kippenberger, Andy Warhol, Francis Picabia und Bas Jan Ader. Auf Geleitwort, Vorwort und einen Essay zum Ausstellungsthema folgen die Kapitel zu den einzelnen Künstlern. Sie umfassen je acht bis zehn Seiten. Den Abschluss bilden das Verzeichnis der ausgestellten Werke und eine Auswahlbibliographie.
Bereits der einleitende Essay zeigt auf, dass es, wie bereits angedeutet, ein "klassisches" Spätwerk nicht gibt und es daher umso interessanter ist, die letzten Bilder verschiedener Künstler in einer Art Synopse zu präsentieren. Die berühmten und geschätzten Seerosengemälde des unter Grauem Star leidenden Monet stehen Picabias vielfach von Kritikern verrissene Monochrome mit großen, etwas zittrig appliziert wirkenden Punkten gegenüber, Walker Evans' Polaroids vor allem von Schildern und Straßenmarkierungen erinnern an Jahrzehnte zuvor von ihm aufgegriffene Themen. Der Beitrag zu Andy Warhol besteht größtenteils aus dessen letztem, von Paul Taylor geführten Interview über Warhols "Das letzte Abendmahl"-Bilder. Manet beschloss sein Werk mit Blumenarrangements, Georgia O'Keeffe füllte große Flächen mit harmonischen Farbverläufen. Alle vorgestellten Künstler einzeln und angemessen zu würdigen ist im Rahmen einer Rezension nicht möglich.
Wie auch der Eingangs-Essay sind die einzelnen Kapitel sehr interessant und informativ gehalten und von "griffiger" Länge. Der Leser erfährt ausreichend über biografische Zusammenhänge, Tendenzen im Gesamtwerk und Besonderheiten des Spätwerks, um dieses im Kontext zu sehen – oder davon losgelöst, je nach Künstler. Es erweist sich zudem als durchaus spannend, so viele unterschiedliche Künstlervitae in einem Band vereint zu finden. Alle Exponate werden in großzügigem Format und bester Druckqualität, mit den relevanten Informationen versehen präsentiert. Die in der Ausstellung gezeigten Werke stehen üblicherweise am Anfang des jeweiligen Kapitels und geben somit dem Leser und Betrachter die Möglichkeit, sie zunächst ohne Beeinflussung auf sich wirken zu lassen. Ein gutes Konzept! Im Text finden sich weitere, ergänzende Abbildungen, die Bezüge herstellen oder eine erweiterte Sichtweise ermöglichen. So wirken die Kapitel in sich abgeschlossen, doch sie bieten reichlich Anregungen, einzelne Œuvres noch gründlicher zu entdecken.
Ein großartiger Katalog zum Nachbereiten der Ausstellung, ebenso jedoch ein sehr informatives und ausgezeichnet aufgemachtes Buch zu einem ungewöhnlichen Kunstthema!