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Wenn man sich mit einer Fantasy-Anthologie konfrontiert, die größtenteils unbekannte Autoren beinhaltet, schraubt man die eigenen Erwartungen an das Buch erfahrungsgemäß lieber herunter. Wenn der Band außerdem noch eine Sammlung von zunächst im Internet publizierten Geschichten darstellt, geht man dafür am besten gleich in den Keller. Damit schießt man im Falle von „Lichtbringer“ glücklicherweise über das Ziel hinaus – wenn auch nicht sehr weit.
„Lichtbringer“ stammt aus dem Schreibforum Verlorene Werke und stellt das Ergebnis eines Schreibwettbewerbs dar, in dem es um die Suche nach dem sagenumwobenen Artefakt Lichtbringer geht. Die von der Jury gewählten Titel finden sich nun in dem Buch wieder.
Das Regelwerk zum Wettbewerb erschuf kurzerhand die Fantasy-Welt Akyris und sah vor, dass das Schwert in keiner der Geschichten gefunden werden dürfe. Für Leute, die sich über Spoiler auf dem Klappentext beschweren, ist „Lichtbringer“ also schon mal nichts. So entsteht lediglich durch die Frage Spannung, mit welcher Pointe die Autoren die Questen ihrer Protagonisten als gescheitert erklären. Aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel – auch wenn diese Einstellung hier ein wenig forciert wirkt. So machen sich also Krieger, Priester, Diebe, Grabräuber und Bauern in den Geschichten dieser Anthologie auf die Suche nach Lichtbringer. Dabei wird die Suche mal durch einen Krieg zwischen zwei Brüdern entschieden, spielt Lichtbringer mal eine entscheidende Rolle beim Überfall auf wehrlose Priesterinnen, ist es manchmal nur ein Symbol für Hoffnung und findet es sich immer wieder natürlich nicht in mit Fallen gespickten Verliesen.
Allein vom Schreibstil her sind fast alle der Geschichten ordentlich und lesen sich flüssig, Anfängerfehler wie ein inkonsistentes Wechseln der Erzählperspektive oder grammatikalische Ausrutscher finden sich nicht sehr häufig – aber sie finden sich. Der Aufbau der Geschichten funktioniert größtenteils, die Charakterisierungen der Hauptfiguren auch. Doch anhand dieser Beschreibungen merkt man bereits, dass irgendwo vergessen wurde, diese Suppe auch zu salzen. Sämtliche Geschichten sind zu kurz, um wirklich ausgereift zu sein und den Leser zu fesseln, keine der Ideen oder Figuren beeindruckt nachhaltig. Am nettesten sind noch Geschichten wie „Der Rabenberg“ oder „Der Weg der Amahk“, die sich schnörkellos und knackig um ihre einfache Prämisse ranken. Viele der anderen Storys erhalten einfach nicht den nötigen Raum, um die Tiefe zu entfalten, die sie gerne hätten. Und der große Rahmen? Die Welt Akyris ist so generisch, wie Post-Tolkien-Fantasy-Welten nur sein können. Die beiden Länder Irghen M’ad und Vendarien werden mit keinerlei Kontext und Geschichte ausgestattet – der Zeitstrahl am Ende des Buchs ist ein schlechter Witz, die Einbettung der Geschichten in jenen Zeitstrahl völlig überflüssig. Die Handlungen finden angeblich im Verlauf von 3500 Jahren statt, könnten aber auch genauso gut in derselben Woche spielen – wie gehabt, jedwede Perspektive fehlt.
Im Endeffekt zeigt „Lichtbringer“ nur, dass man junge Autoren aus dem Internet vielleicht nicht völlig unterschätzen sollte, tendenziell aber doch richtig liegt. Empfehlen kann man diese Anthologie nicht – durch den Kauf des Buchs macht man weder sich selbst eine Freude, noch ist den Jungautoren dadurch weitergeholfen. Zwar sind die ausgewählten Geschichten die Gewinner des Wettbewerbs im Verlorene Werke-Forum, bereit für eine Publikation waren sie jedoch noch nicht. Das ist jedoch auch zu Teilen dem mangelhaften Konzept dieser Anthologie geschuldet.