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Der dreiundzwanzigjährige David arbeitet als Kellner, weil er sich nicht recht im Klaren darüber ist, was er mit seinem Leben anfangen möchte. Eines Tages findet er in der Schublade eines beim Trödler erworbenen Nachtschränkchens das Manuskript eines Liebesromans. Etwa zeitgleich verliebt er sich in die schöne Marie, die sich für Literatur interessiert und häufiger in dem Szene-Lokal, in dem er arbeitet, zu Gast ist.
David gibt Marie das Manuskript unter dem Siegel der Geheimhaltung zu lesen und suggeriert ihr, er sei der Autor. Sie ist begeistert, und als er sich weigert, es einem Verlag anzubieten, tut sie es hinter seinem Rücken.
Das Unglaubliche passiert – mit David als vorgeblichem Autor wird der Roman eines Selbstmörders aus enttäuschter Liebe, so erlebt und niedergeschrieben in den 1950er-Jahren, nach einer positiven Rezension zum Bestseller. David, mitgerissenen in einem regelrechten Strudel der Ereignisse und mittlerweile mit Marie liiert, fühlt sich hilflos dem Literaturbetrieb ausgeliefert.
Und dann tritt Jacky Stocker auf den Plan – ein alter Mann, von der Fürsorge lebend – und gibt sich David als der wahre Autor von "Lila, Lila" zu erkennen. Er erpresst David, drängt sich immer dreister in dessen Leben und verprellt dadurch Marie.
Maries Liebe zu David kühlt ab, und David kämpft so verzweifelt wie der Protagonist "seines" Romans. "Lila, Lila" droht sich im 21. Jahrhundert zu wiederholen.
So, wie der Held eines klassischen Abenteuerromans unverhofft einen Schatz findet, stößt David auf das Manuskript, dessen Wert er selbst gar nicht recht einschätzen kann. Gewiss, der Roman fesselt und berührt, aber handelt es sich wirklich um ein gutes Stück Literatur? David kennt sich da nicht aus. Und er stirbt tausend Tode, bis Marie, in die er sich so sehr verliebt hat, endlich den Roman liest und von da an in den Autor verliebt ist: in David, wie sie meint.
Und nun beginnt ein Wechselbad der Gefühle. Die Liebe basiert auf Davids Lüge. Oft möchte er ihr den Betrug gestehen, doch es gelingt ihm nicht; zu groß ist die Furcht, sie zu verlieren.
Handwerklich versiert hat Martin Suter seinen Roman entworfen und Charaktere erdacht und miteinander in Kontakt gebracht, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
David, der häufig allzu naiv wirkt für seine 23 Jahre, wie ein Spätpubertierender; Marie, die ein Jahr älter ist und auch nicht recht weiß, was sie vom Leben erwartet, außer Literatur; Jacky, ein raffinierter Schmarotzer. Und natürlich eine Reihe von Randfiguren wie Davids engagierte und vom Leben enttäuschte Lektorin oder die um einen Wichtigtuer gescharte Clique in Davids Lokal.
Ein bisschen weich gezeichnet sind diese Charaktere, etwas zu berechenbar, wenngleich der Leser sich gut in sie hineinversetzen kann und mit ihnen Glück empfindet und leidet – vor allem leidet, denn letztlich handelt es sich ja um einen tragischen Liebesroman. Auch die anfangs etwas schleppend anlaufende Handlung lässt sich ab einem gewissen Zeitpunkt vorausahnen, wenngleich hier die eine oder andere Überraschung eine verblüffende Wendung verspricht, die der Autor dann freilich nicht ganz ausnützt.
Die Hörbuch-Edition kann mit einem ausgezeichneten Sprecher punkten. Daniel Brühl liest einfühlsam; dabei versteht er es, Spannungsbögen perfekt darzustellen und die Tragik des Romans angemessen zu vermitteln, ohne auf die sprichwörtliche Tränendrüse zu drücken. Sentimentalität ohne Kitsch, der Niedergang einer als groß empfundenen Liebe ohne Larmoyanz, "Lila, Lila" nicht allzu rosa: Daniel Brühl macht diesen Roman zu einem echten Hörbucherlebnis.
Die Aufmachung ist klassisch im Stil des Verlags: In apartem, schlichtem Design präsentieren sich die Karton-Box, die die fünf einzeln und ebenfalls in Kartons verpackten CDs enthält, und das mit allen notwendigen Informationen versehene Booklet.
Ein guter Roman in einer vorzüglichen Hörbuchfassung!