Die sechzehnjährige Rebecca wohnt gemeinsam mit ihrer Mutter Janne und deren Lebensgefährtin Spatz in Hamburg. Geplagt von einem Alptraum, wacht sie eines Nachts auf und sieht im Schein einer Laterne einen fremden Jungen vor ihrem Fenster stehen. Ein Junge, der unablässig zu Rebecca hinauf sieht. Verwundert betrachtet sie ihn, verspürt aber keine Angst bei seinem Anblick. Im Gegenteil: Eine wohltuende Ruhe breitet sich in ihr aus und lässt sie den Rest der Nacht tief und traumlos schlafen.
In den nächsten Tagen begegnet sie dem fremden Jungen öfter und mit der Zeit wächst die Neugierde in Rebecca, zu erfahren, wer er ist. Auf der Geburtstagsparty ihrer besten Freundin Suse ist es endlich so weit. Rebecca kommt mit dem fremden Jungen ins Gespräch und erfährt, dass er Lucian heißt. Doch als sie mehr aus seinem Leben erfahren möchte, kann er ihr nichts erzählen. Weder weiß er, wo er herkommt, noch wer er wirklich ist. Eines aber weiß er ganz sicher, nämlich was Rebecca zur Einschulung getragen hat. Verwirrt von dieser detaillierten Beschreibung schaut Rebecca auf alten Fotos nach und muss feststellen, dass Lucian Recht hatte. Doch nicht nur die Schilderung von Fakten aus ihrer Kindheit, auch seine Träume, die von ihrem Leben und Tod gleichermaßen handeln, lassen in Rebecca Zweifel aufkommen. Wer ist Lucian wirklich? Und warum fühlt sie sich zu diesem fremden Jungen dermaßen hingezogen, dass sie die Warnungen von Janne und Suse bedenkenlos übergeht und ihn immer wieder trifft?

Isabel Abedi hat mit „Lucian“ einen Jugendroman geschaffen, der sich unglaublich emotional präsentiert und den Hörer schon nach kurzer Zeit in seinen Bann zieht. Ganz leise beginnt die Geschichte von Rebecca, einem Mädchen, das wohlbehütet bei seiner Mutter aufwächst und, umgeben von Freunden, eine glückliche Kindheit genießt. Doch eines Tages ist diese vorbei, als sie auf einen Jungen trifft, der sie magisch anzieht und den sie nicht vergessen kann. Ein Junge, der keine Vergangenheit besitzt und von dem eine Gefahr ausgeht, die sie nicht wahrhaben will. Trotz gut gemeinter Warnungen von Menschen, die sie lieben, will Rebecca nicht von ihm lassen. Als ihre Mutter nur den einen Ausweg sieht und dafür sorgt, dass Rebecca Lucian nicht mehr wieder sehen kann, bricht ihre Welt zusammen. Ausgefüllt von tiefem Schmerz und einer Leere, die ihr die Lust zum Leben nimmt, verweigert sie sich von nun an ihrer Umwelt. Doch nicht nur Glück und Hoffnung, Schmerz und Leere begegnen dem Hörer in diesem Buch. Eine weitaus größere Palette an Gefühlen prägt die Geschichte, die äußerst vielschichtig, aber auch wendungsreich erscheint und neben übersinnlichen Aspekten vor allem zwischenmenschliche Beziehungen beleuchtet. Dabei versteht es die Autorin Isabel Abedi einen Ton anzuschlagen, der authentisch daherkommt und nicht ins Klischeehafte abgleitet.

Die bewegende Geschichte von Rebecca und dem geheimnisvollen Jungen Lucian wird von Julia Nachtmann gelesen. Mit einer ruhigen, angenehmen Stimme beginnt sie die Lesung und lässt dem Hörer zunächst etwas Zeit, die Figuren und ihre Eigenheiten kennen zu lernen. Doch schon bald wandelt sich ihr Vortrag und wird emotionaler und lebendiger. Tief taucht sie in die Gefühle der Protagonisten ein und versteht es mit einer gut nuancierten Stimme und einer gekonnten Variation des Erzähltempos, Stimmungen und Empfindungen dieser herauszuarbeiten. Wunderbar ergänzt von gefühlvollen Gitarrenstücken des Musikers Eduardo Macedo ist die Vertonung dieser bewegenden Geschichte ein Highlight für die Ohren.

Fazit:
Nicht nur geheimnisvoll, sondern auch voller Gefühle präsentiert sich „Lucian“ den Hörern. Eine Geschichte, die vor allem von vielschichtigen und liebenswerten Charakteren lebt und voller überraschender Wendungen steckt.