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 Millennium Actress


Cover
Gesamt ++++-
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Der Filmregisseur Tachibana besucht die von ihm verehrte Chiyoko Fujiwara. Die Filmdiva verschwand vor mehr als dreißig Jahren urplötzlich während der Dreharbeiten zu einem neuen Film und trat nie wieder in die Öffentlichkeit.
Tachibana übergibt der Siebzigjährigen einen Schlüssel und bittet sie, ihm für einen Dokumentarfilm ein Interview zu geben. Wider Erwarten stimmt die alte Dame zu. Der Schlüssel rührt ihr Herz und sie offenbart dem Regisseur und seinem Kameramann ihre Lebensgeschichte.
Als junges Mädchen begegnet Chiyoko unter dramatischen Umständen einem gesuchten Rebellen und verhilft ihm zur Flucht vor seinen Verfolgern. Der Mann übergibt ihr einen Schlüssel und verspricht ihr ewige Treue. Sie ergreift die Chance ihm nachzureisen, als ihr ein Angebot angeboten wird, als Schauspielerin einen Film in der Mongolei zu drehen. Ihre glanzvolle Karriere nimmt ihren Anfang. Doch immer sucht sie innerlich verzweifelnd nach einer Spur des Mannes.

Kon Satoshi hat 2001 mit "Millennium Actress" einen Anime in die Kinos gebracht, der mit den Traditionen dieses Genres bricht. Hier wird kein romantisches Märchen, kein spannendes Abenteuer, kein Fantasy-Epos erzählt, sondern eine komplexe, anspruchsvolle Lebensgeschichte. Der Regisseur erzählt mit den Mitteln des herkömmlichen Kinos das dramatische Leben einer Schauspielerin. Er wechselt Zeitebenen, pendelt zwischen Realität und Fantasie, verwendet eine symbolbefrachtete Bild- und Zeichensprache und lässt den Zuschauer lange im Dunkeln, wohin sich der Film entwickelt. Zu Anfang glaubt man sich in einer Liebesgeschichte zu befinden, unvermittelt wird daraus aber ein absurdes Fantasy-Abenteuer. Äußerst geschickt verbindet der Regisseur Versatzstücke fast jedes möglichen Film-Genres zu einem verstörenden, in seinen besten Momenten genialen Kunstwerk.
Die DVD-Umsetzung kann man nur als teilweise gelungen bezeichnen. Farben und Schärfe des Bildes sind nur mäßig, Stimmen und Geräusche nicht perfekt. Einzig die Filmmusik - genial und wunderschön - kommt grandios aus den Boxen - wenn man die entsprechenden Voraussetzungen zu Hause hat. Auch die Extras sind mit Ausnahme eines recht informativen "Making Of" kaum erwähnenswert.
Der Regisseur der sehr bekannten Anime "Perfect Blue" (1997) und "Tokyo Godfathers" (für weitere Informationen bitte hier klicken) liefert einen wundervollen, oft sehr traurigen, manchmal heiteren, immer aber spannenden Anime ab, der in seiner Komplexität und Aussage an erwachsene Zuschauer gerichtet ist. Entgegen den Welterfolgen von Hayao Miyazaki ("Chihiros Reise ins Zauberland", "Prinzessin Mononoke", "Das Schloss im Himmel", "Das wandelnde Schloss", "Kikis kleiner Lieferservice", "Nausicaä", ""Das Schloss des Cagliostro" oder "Porco Rosso") geht Kon Satoshi andere Wege. Seine Geschichte ähnelt eher einem herkömmlichen Kinofilm, umgesetzt als Anime.
Liebhaber des japanischen Anime seien gewarnt: Hier wird keine seichte Abenteuer-Kost geboten. Erzählt wird die tragische Liebes- und Lebensgeschichte einer Filmdiva. Das komplexe Arrangement aus vermeintlichen Ausschnitten alter Filme, verfremdet durch die Anwesenheit des dreißig Jahre später einen Dokumentarfilm drehenden Filmregisseurs in diesen Szenen, symbolhaft vexiert durch die jeder Szene zugrunde liegende Liebesgeschichte der Schauspielerin, verstört den Zuschauer und fesselt ihn gleichzeitig. Dieser Film ist keine leichte Kost, manchmal nervt er, oft begeistert er, immer aber unterhält er. Für den Zuschauer mutiert der Film fast zu einer sehr persönlichen Geschichtsstunde über den Zweiten Weltkrieg, die Wirren danach und die Tragik, die vielen Lebensläufen dadurch widerfahren ist. In dieser Hinsicht hebt sich der Film sehr deutlich von den meisten Anime ab, lässt sich am ehesten in dieser Verankerung in der Realität noch mit "Die letzten Glühwürmchen" vergleichen.

Dieser Film spricht Verstand, Seele und Gemüt gleichermaßen an. Er ist alles andere als ein seichtes Zeichentrick-Abenteuer. Fans der "üblichen Kost" werden enttäuscht sein, Filmliebhaber, die Filmdramen wie "Casablanca" oder "Wem die Stunde schlägt" mögen, sollten es einmal mit diesem sehr ungewöhnlichen Anime aus Japan versuchen.

Stefan Erlemann



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. August 2006 | FSK: 12 | ISBN: B000E1NIVS | Laufzeit: 83 Minuten | Originaltitel: Sennen Joyu | Preis: 19,99 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Japanisch

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