Einer der ganz großen Klassiker der Abenteuerliteratur, Moby Dick, liegt hier in einer Hörspielfassung von Kurt Vethake vor. Es ist ein älteres Hörspiel, das Maritim nun veröffentlicht hat, und es ist mit 51 Minuten reichlich kurz, um eine große Geschichte zu erzählen.

Ismael, der Erzähler der Geschichte, möchte auf einem Walfänger anheuern. Er hat schon hier und da als Seemann gearbeitet, aber noch nie auf einem Walfangschiff, und deshalb will er es einmal ausprobieren. Angeheuert wird er von einem der Besitzer des Schiffes, von Kapitän Peleg, aber der Herr des Schiffes wird ein anderer sein: Kapitän Ahab, dessen Bein von einem weißen Wal verschlungen wurde. Schon nach kurzer Reise wird klar, dass Ahab kein größeres Ziel kennt, als diesen weißen Wal mit Namen Moby Dick zu jagen - wenn es sein muss, über alle sieben Weltmeere. Und Ismael ist dabei, von Anfang bis Ende, bei den ersten Walen, die ihr Schiff aufbringt, bis zum Kampf gegen Moby Dick ...

Der Roman von Herman Melville ist ein Klassiker, und er ist zu Recht ein Klassiker. Die Geschichte von Ismael, Ahab und Quiqueg und dem bösartigen weißen Wal wäre heute nicht mehr politisch korrekt, wenn es sich nicht um einen Klassiker handeln würde, aber die Geschichte einer Rache, einer Jagd, ja einer fanatischen Suche ist spannend und wurde nicht umsonst schon in vielen Verfilmungen und Adaptionen wieder aufgenommen.

Das Hörspiel ist ein bisschen altbacken, spiegelt aber auch darin die - für die heutige Zeit - ein bisschen fremde Ausdrucksweise von Melville beziehungsweise seinen Übersetzern wieder. Eine schöne Geräuschkulisse im Hafen, wilde Stürme auf See; mit Kurt Vethake hat einer der bekannten Hörspielautoren und Regisseure sein Handwerk aufgezeigt, und das beherrschte er wirklich. Die Sprecher sind auch zum größten Teil gut, nur der mächtige menschenfressende Harpunier Quiqueg hat eine Fistelstimme abbekommen. Aber Eberhard Krug als Ahab und Peter Schiff als Ismael machen ihre Sache gut. Krug kann sich auch entsprechend in Rage bringen und schreien, Schiff erzählt die Geschichte souverän.

Aber die ganze eigentlich schöne Produktion hat ein deutliches Manko: Sie ist viel zu kurz, als dass sie die Geschichte von Moby Dick wirklich erzählen könnte. Und weil sie auch noch laut Cover ab sechs Jahren für Kinder geeignet sein soll - was ein wenig gewagt ist - gibt es natürlich auch nur eine Weichspülerversion der teilweise grausigen Geschehnisse.
Die Aufmachung ist auch zu bemängeln, keinerlei Information über die Produktion, noch nicht mal eine Jahreszahl ist zu finden, das Booklet ist in der Mitte rein weiß und das alles wirkt schon ziemlich lieblos.
Also alles in allem eine Hörspielfassung, die nur an der Oberfläche des Stoffes kratzen kann, fünfzig Minuten sind viel zu wenig für Moby Dick. Für Kinder einigermaßen geeignet, für Erwachsene zu schlicht.