Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Es gibt Menschen, die können sich nicht freuen, wenn ihre weibliche Schönheit gelobt wird, ihre Grazie und Anmut. Richard Shakespeare gehört eindeutig dazu. Der jüngere Bruder des Dichters William Shakespeare spielt in dessen Ensemble und, da in der Zeit der Königin Elisabeth I keine Frauen schauspielern dürfen, müssen eben Richard und die jüngeren Darsteller die Rollen übernehmen. Doch mit seinen 21 Jahren wird seine Stimme zu tief, sein Bartwuchs ist sowieso ein Problem und wenn er nicht bald Heldenrollen bekommt, sieht es finster für ihn aus. Auf seinen Bruder kann Richard nicht zählen, denn die beiden können sich nicht ausstehen. Als er ein Angebot von einem anderen Theater bekommt, wäre es daher die Chance seines Lebens, doch er hat versprochen, wenigstens über den Winter zu bleiben. Da wird das Manuskript des neusten Stücks gestohlen, eine Katastrophe für William Shakespeare und seine Schauspieler, denn nicht nur müssen sie bald auf einer Hochzeit auftreten, nein, auch die Königin selber erwartet ein neues Stück. Richard will den Dieb überführen und das Manuskript zurückholen, doch dieses Unterfangen erweist sich als äußerst gefährlich.
Wieder einmal beweist Bernard Cornwell, dass historische Romane seine Spezialität sind. Nicht nur, dass "Narren und Sterbliche" mit Fakten aus dem Elisabethanischen Zeitalter gespickt ist, Cornwell schafft es auch, diese Informationen unterhaltsam unterzubringen und den Leser neugierig zu machen. Er findet die richtigen Mittel und Wege, dies äußerst kurzweilig zu tun.
Sein neuer Roman wird aus der Perspektive Richard Shakespeares erzählt, des jüngeren Bruders des berühmten Dichters. Dieser hatte in der Tat Brüder, ob allerdings wirklich einer davon Richard hieß, ist nicht überliefert. Macht nichts, so lebendig, wie Cornwall seine Hauptfigur entwirft, hat der Leser keine Schwierigkeiten zu glauben, dass Richard nicht weniger real war, als sein Bruder. Nur mit dem Ruhm, da hapert es beim jüngeren Shakespeare gewaltig und so muss er sich bei allem schauspielerischen Talent mit Diebstählen über Wasser halten und seine Vermieterin mit blumigen Worten vertrösten, will er nicht bald obdachlos sein.
Ja, das Los der Künstler ist hart, denn die Konkurrenz ist groß und nicht eben zimperlich, wenn es darum geht, anderen Theatern das Wasser abzugraben. Da wird gestohlen, gelogen und zur Not werden die anderen beschuldigt, der katholischen Lehre anzuhängen, was nun wirklich brandgefährlich ist. Da hilft dann auch ein adeliger Gönner nicht mehr weiter, denn wer einmal die Königin gegen sich aufgebracht hat, der lebt nicht mehr lange. Nicht gerade ideale Bedingungen, für Richard, der einen kleinen Hang zur Großmäuligkeit besitzt und noch dazu in ein Dienstmädchen verliebt ist, für das er gerne den Helden spielen möchte.
Historische Romane werden häufig zu Recht Wälzer genannt und machen den Eindruck, dass es Durchhaltevermögen verlangt, sie durchzulesen. "Narren und Sterbliche" bildet da eine rühmliche Ausnahme. Trotz seiner 512 Seiten fasziniert der Roman in jedem Satz und bleibt dabei erstaunlich leichtfüßig. Eine durchgehend spannende Handlung weiß den Leser zu unterhalten und er wird nach dem Finale staunend feststellen müssen, dass der Autor es einmal mehr geschafft hat, zu überzeugen. Mit bildhafter Sprache und lebendiger Erzählweise hat der den Leser förmlich in die Zeit Shakespeares entführt und diesen völlig ein seinen Bann gezogen. Wer die Seiten des Romans zuklappt, wird dies mit gewissen Bedauern tun, denn er durfte eine der Geschichten genießen, die von der ersten bis zur letzten Minute ein Genuss waren.
Ein Blick in dieses wirklich gelungene Buch ist auf der Verlagsseite möglich.