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Die Geschwister Erenwin und Lurdèa sind von königlichem Blute aus dem Geschlecht der Nauraka. Die Nauraka sind eine alte Rasse aus den Tiefen des Meeres, die sowohl im Wasser als auch an Land überleben kann. Nauraka werden viel älter als die Menschen, sie sind klug und stark. Die Welt, in der sie unter der Wasseroberfläche leben, ist faszinierend und schillernd, aber auch gefährlich. Es gibt Unterwassermärkte und die labyrinthartigen Höhlen im Vatervulkan, aber auch Meeresungeheuer, eine verbotene Welt in den dunklen Tiefen des Meeres und ausgestoßene Nauraka, um nur einige der Gefahren zu nennen, denen Erenwin, den alle kurz Eri nennen, sich stellen muss.
Als er auf einem seiner Abenteuer in der Stille landet, jenem geheimnisvollen Ort, den bisher angeblich noch kein lebender Nauraka zu Gesicht bekommen hat, entdeckt er eine seltsame schwarze Perle. Er kann gar nicht anders, er muss sie einfach mitnehmen und hütet sie fortan wie einen Schatz.
Doch mit diesem Abenteuer ändert sich Eris Leben, ohne dass er es aufhalten könnte. Sein Vater möchte Lurdèa, die man kurz Luri nennt, mit einem anderen Clan verheiraten, um seine Macht zu festigen. Da ihm Eri ohnehin seit jeher ein Dorn im Auge war und seine Liebe allein seinem Erstgeborenen Lurion gilt, will er Eri kurzerhand mitschicken und sich gleichzeitig auch des alten Turéor entledigen, der ohnehin nicht mehr ganz richtig im Kopf zu sein scheint und den niemand vermissen wird.
Eri und Luri können nicht ahnen, dass sie damit erst ganz am Anfang einer langen Reise stehen, die jeder für sich bestreiten muss, und die deutliche Spuren an beiden hinterlassen wird …
Was bereits auf den ersten hundert Seiten des Fantasyromans „Nauraka – Volk der Tiefe“ besonders ins Auge sticht, ist die rasante Abfolge an Ereignissen. Erenwin, den der Leser zu Beginn ständig begleitet, gerät von einem Abenteuer ins nächste; mal erlebt er Faszinierendes in dieser so fremden Unterwasserwelt, mal muss er Gefahren meistern. Bald schon hat Uschi Zietsch ihre Charaktere Dinge erleben und Orte entdecken lassen, die für ganze Romanreihen ausreichen würden. Das mag für den einen Leser actionreich und kurzweilig sein, dem anderen geht es vermutlich etwas zu schnell, denn hin und wieder leidet die Atmosphäre unter diesem zügigen Tempo, und Details kommen zu kurz.
Gut gelungen ist hingegen die Beschreibung der Nauraka und ihres Lebens unter Wasser. Dem Leser eröffnet sich eine faszinierende Welt, die anderen Fantasywelten nicht unähnlich sind, die daneben aber noch viele Kleinigkeiten bereithält, die speziell auf die Art der Nauraka abgestimmt sind, seien es Fische, die als Reittiere fungieren, Schwimmhäute zwischen Armen und Oberkörper oder zum Lebensraum passende Redewendungen in den Dialogen. Zudem kann die Charakterentwicklung überzeugen. Sind Eri und Luri zu Beginn des Romans noch verspielte und bisweilen naive Kinder, müssen beide im Verlauf der Handlung so einige Veränderungen an sich erleben – körperliche wie seelische. Denn während Eri sich unter dem Einfluss der schwarzen Perle immer mehr verändert, er erst Stimmen in seinem Kopf hört und sich dann seine Haut zu einem hässlichen Schwarz verfärbt, muss sich Luri mit dem Gefängnis ihrer Ehe und einem hartherzigen Despoten als Gemahl auseinandersetzen. Das Ganze liest sich durch den einfachen Stil recht schnell und unterhaltsam und ist sowohl für Erwachsene, die kurzweilige Fantasy mögen, als auch Kinder und Jugendliche interessant. Am Ende des Buches gibt es übrigens noch einen Anhang, in dem kurz auf die Welt Waldsee eingegangen wird, sowie ein Glossar mit Erklärungen zu Begrifflichkeiten im Text.
Wären nicht die gnadenlosen und spannenden Entwicklungen, denen Uschi Zietschs Charaktere in „Nauraka – Volk der Tiefe“ unterworfen sind, der Fantasyroman würde sich kaum von ähnlichen Werken unterscheiden und in der Masse an ordentlicher, aber nicht herausragender Fantasyliteratur untergehen. So aber präsentiert die Autorin eine gut durchdachte fremde Welt mit einigen liebevollen Details. Fans der „Chroniken von Waldsee“-Trilogie werden sowieso kaum umhin können, auch „Nauraka“ zu erwerben.