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"Der schönste Tag in meinem Leben war der, an dem ich in Disneyland fast gestorben wäre. Da war ich fünf. Jetzt bin ich sechzehn, und du kannst dir vorstellen, dass mir das ne Menge extrem beschissener Tage beschert."Der sechzehnjährige Cameron ist an seiner High School eher ein Außenseiter – ganz im Gegenteil zu seiner beliebten und unglaublich hübschen Schwester. Deshalb fällt es zunächst nicht wirklich auf, als Cameron kleine Aussetzer hat und sich immer merkwürdiger benimmt, schließlich war er auch vorher in den Augen der anderen nicht gerade "normal". Nach einem Arztbesuch erhält der Teenager dann die schockierende Diagnose: Er ist unheilbar erkrankt an Creutzfeldt-Jakob – auch bekannt als Rinderwahnsinn.
Im Krankenhaus erscheint dem Sechzehnjährigen dann plötzlich Dulcie, ein flippiges Mädchen mit pinken Haaren, Punker-Outfit und echten Engelsflügeln. Sie schickt Cameron und seinen Bettnachbarn, den kleinwüchsigen Gonzo, auf eine gefährliche und abgefahrene Mission: Cameron soll einen Wissenschaftler namens Dr. X ausfindig machen, das Böse besiegen und die Welt retten. Dafür winkt dann die Heilung von der tödlichen Krankheit, die sein Gehirn langsam, aber sicher in einen löchrigen Schwamm verwandelt. Cameron überlegt nicht lange und türmt gemeinsam mit Gonzo aus dem Krankenhaus. Gemeinsam erleben die beiden so ungleichen Freunde ein absolut schräges Abenteuer, das sie durch halb Amerika führt und eine Reihe von bizarren, lustigen, spannenden und hochgefährlichen Begegnungen mit sich bringt.
Mit sechzehn Jahren sterben zu müssen, ist schrecklich.
Libba Bray hat das schwierige Thema gelungen in ein total schräges Roadmovie verpackt, bei dem es dem Leser überlassen bleibt, wie er Camerons Erlebnisse lesen möchte: Ist Dulcie, der pinkhaarige Engel, echt oder nur eine Halluzination von Camerons rapide abbauendem Gehirn? Während der Sechzehnjährige und sein hypochondrischer Freund Gonzo nun halb Amerika bereisen auf der Spur von Dr. X und dabei die abgefahrensten Abenteuer erleben, gibt es immer wieder kurze Szenen, in denen Cameron zu träumen meint – tatsächlich ist es wohl eher so, dass Camerons Körper im Krankenhaus längst im Sterben liegt, während sein Geist sich auf Reisen begibt, um Schmerzen und Angst zu überwinden. Doch mit diesem Wissen wäre die Geschichte wohl viel zu traurig, deshalb ist es schöner, sie so zu nehmen, wie Cameron sie erlebt: als abenteuerliche Reise voller bizarrer Erlebnisse, die stellenweise frappierend an die Abenteuer von Don Quichote erinnert, denn dies war Camerons Schullektüre, bevor er ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Auf dem ereignisreichen Roadtrip lernen Cameron und Gonzo mehr fürs Leben als in all den Jahren zuvor. Sie treffen neue Freunde und gefährliche Feinde, landen im schönsten Mardi Gras-Trubel in New Orleans, später auf einer Kifferparty, werden von der Polizei gesucht, nehmen an einer durchgeknallten Gameshow teil, finden eine Schraube mit magischen Fähigkeiten und freunden sich mit einem lebendigen Gartenzwerg an, der eigentlich ein Wikingergott ist. Dabei setzt Cameron sich intensiv mit dem Thema Sterben auseinander, denn er weiß, dass ihm die Zeit davonläuft und dass er dieses Abenteuer erfolgreich meistern muss, um eine Chance zu haben – keinesfalls möchte er als sechzehnjährige Jungfrau sterben! Neben Gonzo steht ihm dabei vor allem das Engels-Mädchen Dulcie mit Rat, Tat und wunderlichen Erkenntnissen über das Leben auf der Erde zur Seite.
"Ohne. Ende. Leben." ist aus der Sicht des sechzehnjährigen Cameron geschrieben und punktet durch die ungezwungene Jugendsprache, die zum Glück niemals aufgesetzt wirkt und immer den richtigen Ton trifft. Mit extrem viel Fantasie und Gespür für anrührende und abenteuerliche Szenen erzählt Libba Bray eine urkomische und gleichzeitig traurige Geschichte über Selbstfindung, Mut und Freundschaft, Liebe, das Glück zu leben – und nicht zuletzt über das Sterben. Eine Empfehlung für neugierige Leser ab etwa vierzehn Jahren, die Lust auf eine skurrile, aber auch sehr philosophische Reise mit einem fatalistischen und trotzdem sehr coolen und sympathischen Anti-Helden haben.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlags-Website: "Ohne. Ende. Leben."