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Sechzig Jahre lang ist es Georg Hofmann, Franzose deutsch-jüdischer Herkunft, gelungen, seine Kindheit und alles damit Zusammenhängende zu verdrängen. Er hat gute Gründe dafür: Seine Eltern konnten ihn in Sicherheit bringen, bevor sie in ein Konzentrationslager deportiert wurden, aber sie verschwiegen ihm, dem Kind, damals die Wahrheit. Doch überraschend - Georg Hofmann befindet sich längst im Rentenalter - erhält er einen uralten Brief mit "Auschwitz" als Absender. Der Brief stammt von Georgs Vater und enthält die Originalpartitur eines bislang unbekannten Werkes des Operettenkomponisten Jacques Offenbach. Diese Entdeckung sorgt bei ihrem Bekanntwerden natürlich für Furore.
Nicht viel später werden in Frankfurt am Main auf einem kleinen Restaurantschiff fünf Leichen gefunden, offensichtlich von einem Profi hingerichtet. Es gibt Hinweise darauf, dass auf dem Schiff auch eine französische Journalistin gewesen sein muss, die offensichtlich entführt wurde: jene Journalistin, die seinerzeit das Bindeglied zwischen Georg Hofmann und jener Person war, die den ominösen Brief mit der Partitur aufbewahrt hatte. Viel Arbeit für Hauptkommissar Marthaler, zumal auch sein Privatleben mit Freundin Tereza nicht ganz ungetrübt ist. Ein Zusammenhang mit der Partitur erscheint offensichtlich, und zum Entsetzen des Teams von Marthaler geht das Morden weiter. Dann taucht auch noch ein Mann auf, der eigentlich längst tot sein sollte, und die Ermittlungen müssen in eine ganz neue Richtung zielen.
"Partitur des Todes" ist Marthalers dritter Fall, und Jan Seghers und sein Hauptkommissar zeigen noch keine Ermüdungserscheinungen. Plot und Charaktere hat er spannend konzipiert, die Zahl der Personen bleibt übersichtlich, sodass beim Hörer keine Verwirrung aufkommt. Auch geht es recht geradlinig zu, ohne allzu viele Neben- und Totarme im Handlungsfluss. Das sorgt für ein gutes Tempo.
Nun sind Kriminalfälle in der Gegenwart, die letztlich auf Ereignissen im Zweiten Weltkrieg basieren, nicht gerade eine Seltenheit im Genre, auch Funde verloren geglaubter oder unbekannter Originale aus Kunst, Literatur und anderen Bereichen dienen Krimiautoren gern als Aufhänger. Insofern legt Seghers nicht unbedingt einen innovativen Plot vor. Doch die Handlung nimmt einen so eigenwilligen Verlauf, dass man mitnichten von einer Neuerfindung des Rades sprechen kann: Seghers bietet durchaus etwas Eigenes und auch Eigenwilliges, zumal sein Kommissar und dessen Team als Charaktere ihren Reiz haben und eine angenehme, doch nicht dominierende persönliche Komponente einbringen. Es ist Seghers gelungen, ein ideales Verhältnis zwischen eigentlicher Handlung und Privatleben seiner Ermittler zu finden.
Weder muss man, um "Partitur des Todes" genießen zu können, die Vorgängerbände kennen, noch benötigt man Ortskenntnisse in Frankfurt, auch wenn sich der Krimi größtenteils dort und in der näheren Umgebung abspielt. Natürlich kommen Ortskundige ganz besonders auf ihre Kosten. Praktisch jeder Frankfurter dürfte zum Beispiel jenes sympathische türkische Restaurantschiff kennen, das Seghers als Vorbild für den Tatort gedient hat.
Miroslav Nemec, der Sprecher, ist als Tatort-Kommissar bekannt und so schon Berufs wegen - dies mit einem Zwinkern - als Krimi-Vorleser geeignet. Tatsächlich versteht er es, die Geschichte so packend "herüberzubringen", wie sie geschrieben wurde, unter anderem, indem er auch stimmlich in verschiedenste Rollen schlüpft und so für Abwechslung sorgt - und dafür, dass sich der Hörer gern mit der ein oder anderen Figur ein Stück weit identifizieren mag.
Die vier CDs befinden sich in einer robusten Multibox. Auch die Aufmachung lässt nichts zu wünschen übrig. Rundum empfehlenswert, zumal für Krimifreunde und erst recht für Marthaler-Fans!
Eine Hörprobe wird auf der Verlagsseite zum Hörbuch angeboten.