Ob Klaus Störtebeker, Captain Kidd, Blackbeard, Anne Bonny oder Francis Drake - die Namen weltberühmter Piraten wecken gleichsam Assoziationen von gefährlichen Abenteuern wie auch von wilder Romantik. Dass Piraten heute oft das Image des zwar rauen, jedoch in seinem Herzen irgendwie doch guten oder gar gerechten Abenteurers anhaftet, zumindest aber das des freien und unabhängigen Lebenskünstlers, hängt viel mit moderner Literatur und entsprechenden Verfilmungen zusammen. Fiktive Piraten wie Long John Silver oder, akueller, Captain Jack Sparrow sind einfach verdammt cool oder doch zumindest aufregend und irgendwie mysteriös-attraktiv. Fantastische Sagen wie die, in der Klaus Störtebeker noch mit abgeschlagenem Kopf versuchte, seine Mannschaft vor dem Tod zu bewahren, sind spannend und faszinierend - dennoch bleibt es Sagenstoff.

Dass es natürlich ganz anders zuging auf den Piratenschiffen, als uns Hollywoods pompöse Filmproduktionen gerne weismachen, dass viele berühmte Piraten nicht wild und romantisch, sondern vielmehr schlicht gemeingefährlich und sadistisch waren, verdrängt man da gerne. Doch auch dies deckt nicht das ganze Spektrum der Piraten-Geschichte ab: Interessant ist zu wissen, dass die Piraten nicht, wie häufig dargestellt, stets faul an Deck herumlagen und die meiste Zeit betrunken herumtorkelten, sondern dass die Mannschaften auf den Schiffen straff organisiert waren und mitunter demokratischer als andere Schiffsbesatzungen. Beute wurde bei den Piraten nach einem bestimmten Schlüssel verteilt, man handelte nach einem speziellen Kodex, und es gab sogar eine Art Versicherung, die etwa bei Verlust eines Beins eine bestimmte Summe an den Geschädigten ausschüttete.

Mit dem Buch "Piraten. Furcht und Schrecken auf den Weltmeeren" kann der Leser sich ein umfangreiches und vor allem realistisches Bild der Piraterie von den Anfängen bis in die heutige Zeit machen. Der bei Egmont vgs erschienene großformatige Band vereint dabei auf 256 reich bebilderten Seiten historische Fakten, interessantes Hintergrundwissen und fantastische Einblicke in zeitgenössische Kunst rund um das Leben der Piraten. Die Autoren des Buches haben umfangreiche Quellen und Fakten zusammengetragen, die die Welt des Piratentums aus verschiedenen Blickwinkeln darstellen. Beeindruckend ist die Fülle an Bildmaterial, die das hochwertige Buch ausschmückt: Neben zahlreichen Gemälden, die das Leben der Seeräuber im Allgemeinen und berühmte Vertreter der Piraten im Besonderen darstellen, gibt es auch Abbildungen von originalen Dokumenten, Steckbriefen, geraubten Schätzen, Waffen und nautischen Instrumenten. Schon das flüchtige Durchblättern weckt das Interesse des Lesers. Die Inhalte der einzelnen Kapitel decken ein breites Spektrum ab und befassen sich mit Piraten weltweit, wie schon die Kapitelüberschriften verheißen, unter anderem "Die Vitalienbrüder", "Die Meere des Ostens", "Die Korsaren des Mittelmeeres", "Französische und amerikanische Kaperfahrer" oder "Die Piraten Chinas".

Fazit: Wer sich für Piraten interessiert und hinter das zwar aufregende, jedoch unrealistische Image dieser "Spezies" schauen möchte, dem sei dieser Band, der stellenweise fast ein Bildband ist, ans Herz gelegt. Nicht nur interessante Erläuterungen und Fakten finden sich, vor allem das großzügige Bildmaterial ist gelungen und lädt immer wieder zum Anschauen ein. "Piraten. Furcht und Schrecken auf den Weltmeeren" ist trotz des dramatischen Titels ein Sachbuch, das einen entromantisierten und sachlichen Blick auf Geschichte, Motive und Leben der Piraterie früher und heute wirft. Der Preis von 19,95 Euro für den großformatigen Hardcover-Band ist auf jeden Fall angemessen, wenn nicht sogar günstig zu nennen.