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79 nach Christus brach der Vesuv aus und begrub Pompeji und Herculaneum unter Metern von Asche und Bimsstein. In Erinnerung blieb diese Katastrophe durch die Briefe von Plinius dem Jüngeren der im Sechsten Buch im 16. Brief an Tacitus genau beschreibt, was passiert ist. Seitdem wurde dieser Stoff mehrfach von diversen Autoren mehr oder minder gut verarbeitet. Im März 2007 sendete Prima TV Italia diese 186 Minuten lange Miniserie, die diesen historischen Stoff noch einmal durchkaut.
Schon seit ihrer gemeinsamen Kindheit liebt Marco seine Valeria. Aber gerade in dem Augenblick, in dem ihr Vater seinen Segen gibt, wird Marco einberufen und muss an die Front (nach Germanien?). Als er nach mehrjähriger Kriegsgefangenschaft zurückkommt, hat sich in Pompeji viel verändert. Nach einem schweren Erdbeben, das ihren Vater getötet hat, haben sich Valeria und ihr Bruder als Sklaven verkaufen müssen, um zu überleben. Sie haben sich zwar einen guten Herren gewählt, der sofort einwilligt, Valeria und ihren Bruder freizulassen, als Marco, als hochgeehrter Veteran, darum bittet. In der Nacht vor der Freilassung wird der Herr ermordet, die Tat wird Valerias Bruder zugeschrieben. Nach römischem Recht müssen alle Sklaven eines Haushaltes sterben, wenn einer von ihnen seinen Herrn getötet hat. Nun ist guter Rat teuer. Marco muss beweisen, dass Valerias Bruder unschuldig ist und herausfinden, wer ihn ermordet hat und warum. Wie gut, dass sein alter Kommandant in der Armee nun Kaiser in Rom ist.
Die Handlung klingt prinzipiell spannend, die Geschichte ist auch nicht wirklich schlecht, aber sie ist auch nicht wirklich gut, denn sie verzettelt sich zu sehr. Die Serie beginnt als Liebesgeschichte mit heimkehrendem Kriegsveteran, wird zum (schlecht ermittelten) Krimi mit geheimer Karte, den obligatorischen Frühchristen und Schnitzeljagd und dann zum Katastrophenfilm. Das ist irgendwie zu viel des Guten, selbst bei fast zweihundert Minuten Laufzeit. Die Serie ist weder eine richtige Liebesgeschichte noch eine wirkliche Detektivgeschichte und historisch korrekt ist sie über weite Strecken auch nicht. Dazu noch viele eher schlecht besetzte Nebendarsteller, die keine wirkliche Funktion haben, außer gegen Ende der Katastrophe noch ein menschliches Gesicht zu verteilen, wenn sie dekorativ (mit Mehl bestreut?) sterben. Viele Nebenhandlungsstränge verlaufen im Sande und erscheinen im Nachhinein sinnlos. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Besonders irritierend ist die Episode mit Plinius dem Älteren gegen Ende, die mehr als deplatziert wirkt. Plinius der Ältere, der in der ganzen Serie davor keinerlei Rolle spielt, will (laut Plinius dem Jüngeren) Rectina, der Frau des Cascus, deren Villa am Fuße des Vesuvs lag, zur Hilfe eilen und dabei so viele Menschen wie möglich retten. Diese Episode ist jedoch, obwohl ich sie wirklich mochte, weil sie von Plinius dem Jüngeren so berichtet wird, für die meisten Zuschauer, die nicht gerade Fans der lateinischen Klassiker sind, sicherlich Perlen vor die Säue und komplett unverständlich. Warum taucht da mitten in der Handlung komplett aus dem Zusammenhang gerissen ein römischer Admiral auf, der irgendwie nicht wirklich jemanden rettet? Ein möglicher Grund für diese Episode ist wohl, dass der Regisseur Giulio Base hier seinen (Cameo-)Auftritt als Plinius gibt und er möglicherweise ein Fan von Plinus dem Jüngeren ist.
Das an sich wäre ja alles noch nicht so schlimm. Viele Filme können sich nicht wirklich für ein Genre entscheiden und haben zusammenhanglose Szenen und lose Enden. Einige der historischen Fehler in der Serie sind aber so auffällig, dass sie schon ärgerlich sind.
Es gab im römischen Militär keine Tätowierungen, sondern nur im Hollywoodschinken Gladiator. Strabo weist zwar darauf hin, dass es bei den Thrakern und Illyrern Tätowierungen gab, das war aber barbarisch. Römische Soldaten hatten ganz normale "Hundemarken", wie die heutigen Soldaten.
Die Schnitte der Kostüme lassen es auch an historischer Korrektheit Mangeln, ganz abgesehen von einigen der Stoffe, Farben und den Frisuren. Ich verlange ja nicht, dass die Gebäude und Statuen in den Kulissen so quietschbunt sind, wie es historisch korrekt wäre, aber ein gewisses Maß an archäologischer Beratung, muss doch im Fachbereich Römisches Reich gerade in Italien aufzutreiben sein.
Auch schrieb man damals Fließtext ohne Freizeichen zwischen den Worten, um Platz zu sparen, weil Schreibmaterial teuer war. Urkunden waren eher auf versiegelten Wachstafeln abgelegt als auf dem sündhaft teuren Papyrus, die zudem aufgerollt waren. A4 Blätter und Codices waren noch nicht so verbreitet.
Der Ausbruch des Vesuvs ist soweit korrekt, obwohl er nach neusten Erkenntnissen wohl pyroklastisch war. Die Menschen, auch in Höhlen an der Küste, sind in Sekundenbruchteilen verdampft. Weiter entfernte Menschen, die das Pech hatten, die Asche einzuatmen, erstickten, weil die Asche mit der Feuchtigkeit der Lunge zu Beton wurde (das passierte wohl Plinius dem Älteren). Die Überlebenschancen der Helden in der Kanalisation tendierten somit gegen null.
Die Synchronisation verschlechtert sogar die Handlung: Die englische Tonspur ist einfach nur unglaublich schlecht. Im Verhältnis zu den Dialogen ist die Musik zu dominant und die Sprecher im Allgemeinen grottig. Die deutsche Tonspur ist in den Hauptrollen gut bis sehr gut, nur leider fallen einige der Nebenrollen sehr unangenehm auf durch gekünstelte und gestellte Sprache wie im Theater, was teilweise einfach nur unglaublich schlecht und deplatziert rüber kommt. Die italienische Originaltonspur fehlt komplett, was mehr als irritiert.
Die Ausstattung an sich ist dürftig. Kein Making-of, keine Zusatzinformationen, kein Bocklet.