Über achtzig Jahre ist es her, da schrieb Alan Alexander Milne für seinen Sohn Christopher Robin ein wunderbares Kinderbuch und eroberte damit nicht nur das Herz seines eigenen Sohnes, sondern auch das von Generationen von Kindern: Die Rede ist von Winnie-the-Poo, im Deutschen bekannt und geliebt als Pu der Bär. Autor David Benedictus hat sich nun die gewagte Aufgabe vorgenommen, die Abenteuer im Hundertsechzig-Morgen-Wald fortzuführen – gewagt deshalb, weil die Bewohner besagten Waldes einfach unvergesslich sind, weil Milnes Stil so unverwechselbar ist und weil die alten Illustrationen von E.H. Shephard so ans Herz gingen. Und man glaubt es kaum, schon auf den ersten Seiten wird klar, dass David Benedictus etwas Wunderschönes vollbracht hat: Er lässt den naiven und honigverliebten Bären Pu, den depressiven Esel I-Ah, die altkluge Oile, das vernünftige Kaninchen, den stürmischen Tieger und all die anderen so auferstehen, dass man glaubt, seit ihrem ersten Auftritt vor über acht Jahrzehnten sei kein einziger Tag vergangen. Und so fängt die Geschichte an: Im Hundertsechzig-Morgen-Wald macht ein Gerücht die Runde - Christopher Robin ist wieder da!

Oile sagte, sie hätte es von Kaninchen gehört, und Kaninchen sagte, es hätte es von Ferkel gehört, und Ferkel sagte, so richtig hätte es gar nichts gehört, und Känga sagte, warum fragen wir nicht Pu den Bären?

Pu, Oile, Tieger, Kaninchen, Ferkel, I-Ah, Känga, Ruh und die Bekannten-und-Verwandten machen sich sofort daran, eine große Willkommen-daheim-Party zu organisieren. Und tatsächlich, Christopher Robin kehrt zurück, auf einem neuen blauen Fahrrad. Wie sich herausstellt, hat er seine Freunde nicht vergessen, er war nur in der Schule. Das ist der Auftakt für eine Reihe von großartigen Abenteuern, die sie alle zusammen erleben. Unter anderem macht Pu sich auf die Suche nach Honig, weil alle Bienen aus der alten Eiche verschwunden sind; die Tiere veranstalten einen Buchstabierwettbewerb und ein Kricket-Turnier; sie lernen eine neue Freundin kennen; sie gründen zusammen eine Akademie und Kaninchen führt eine große Volkszählung durch.

Diese neuen Geschichten um Pu, den liebenswerten Bären, und seine Freunde bezaubern von der ersten Seite an. Vom Erzählstil bis hin zu den herrlichen Illustrationen, nun aus der Feder von Mark Burgess, stimmt hier einfach alles. Wirklich meisterhaft übersetzt wurden die neuen Pu-Geschichten von Harry Rowohlt, der ja auch die ersten Pu-Geschichten vor vielen, vielen Jahren genial ins Deutsche übertrug. Gerade die typischen Pu-Wortspiele und kleinen Nonsens-Spielereien sind ja nicht ganz einfach, aber Rowohlt hat sie erneut genau eingefangen, so dass man beim Lesen die ganze Zeit schmunzeln muss.

„Tieger“, sagte Kaninchen, „fangen wir mit dir an.“
„Ja, fangen wir mit mir an“, sagte Tieger und hüpfte bereits ein bisschen ungestüm, obwohl er keine Ahnung hatte, was angefangen werden sollte. Er hatte es gern, wenn man ihn bat, Sachen zu tun, und er hatte es gern, wenn man ihn bat, sie jetzt gleich zu tun, und er sagte immer Ja!, weil das viel interessanter ist, als wenn man Nein! sagt.

Es ist fast nicht zu glauben, wie nah sich David Benedictus am Stil der alten Erzählungen bewegt und dabei genau den Charme und die Warmherzigkeit einfängt, die man damals beim Lesen verspürte. Inzwischen selbst erwachsene Pu-Fans werden sich über den herrlichen Stil und die lustigen Wortspiele ebenso freuen wie neue kleine Pu-Leser. Auch zum Vorlesen eignen sich die Geschichten großartig.
Entzückend sind auch die Illustrationen von Mark Burgess; sie stehen den Geschichten in nichts nach, treffen genau den Ausdruck von Pu, Christopher Robin, Tieger, Kaninchen und Ferkel und sind liebevoll koloriert.

„Pu der Bär – Rückkehr in den Einhundertsechzig-Morgen-Wald“ ist das wohl gelungenste Comeback des Jahres. Ein zauberhaftes, lustiges, liebevoll geschriebenes und gestaltetes Kinderbuch voller Gesumm und Honigtöpfe, voller Spiele und Abenteuer, das die Herzen von jungen und alten Lesern und Vorlesern höher schlagen lassen wird! Winnie-der-Pu ist eben einfach zeitlos.