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Für die Söldnerin Monza Murcatto könnte das Leben nicht schöner sein. Gemeinsam mit ihrem Bruder Benna hat sie es, einer armen Bauernfamilie entstammend, bis an die Spitze des Heers der Tausend Klingen geschafft und mit diesem gemeinsam für Großherzog Orso viele Schlachten geschlagen und gewonnen. Sie sonnt sich im Ruhm und in der Begeisterung, die auch in der Bevölkerung für sie aufflammt, doch nur allzu bald kehrt sich genau dieses Glück gegen sie.
Denn genau diese Beliebtheit ist Orso ein Dorn im Auge, der nicht vergessen hat, dass einst sein Vorfahr, der ein beliebter Söldner gewesen ist, deshalb diesen Thron erringen konnte, auf dem nun sein Nachfahr sitzt. Kurzerhand lässt er deshalb Benna und Monza umbringen, was jedoch nur bei Benna gelingt. Monza hingegen wird von der Terrasse geworfen, ramponiert durch mehrere Messerstiche, mit gebrochenen Knochen und halbtot. Dass sie dennoch am Leben ist, verdankt sie einem eifrigen Medizinstudenten, der an ebenjener Stelle immer nach Leichen für seine Studien Ausschau hält und sie mehr oder weniger zusammengeflickt hat.
Doch nun, dem Tod knapp entronnen, gibt es für Monza Murcatto nichts anderes als Rache, Rache für diesen Verrat, Rache für den Tod ihres geliebten Bruders und Rache für den Mordversuch an ihr. An Geld mangelt es ihr nicht, denn das Leben als Hauptmann der Tausend Klingen war sehr ertragreich und so besitzt sie genug Mittel, um Leute anzuheuern, damit sie die sieben Personen umbringen kann, die dabei mitgeholfen haben, sie zu töten. Und da Monza sich ihre Leute dennoch nicht aussuchen kann, sammelt sie den schlagkräftigsten Abfall um sich, den desillusionierten Nordmann Espe, die ehemalige Inquisitorin Vitari, den Giftmischer Morveer mit seiner Assistentin Day, den verrückten Häftling Freundlich und bald sogar ihren ehemaligen Hauptmann Nicomo Cosca, den sie damals selbst seines Postens enthoben hat. Und diese Gruppe sorgt dafür, dass Styrien bald in Blut schwimmt.
"Racheklingen" spielt in der gleichen Welt, in der auch Joe Abercrombies andere Klingen-Romane gespielt haben, führt aber die dortige Geschichte nicht weiter. Stattdessen beschäftigt er sich mit Personen, die bislang lediglich eine kleine Erwähnung wert waren, nun aber die Hauptrolle spielen. Hat man die anderen Romane gelesen, weiß man, worauf man sich einlässt, allen anderen Lesern sei gesagt, dass Blut, Gewalt, Sexszenen und Folter nicht beschönt und eingefärbt werden, so dass man kein zu zartes Gemüt haben sollte.
Doch nicht die Gewalt ist es, die Abercrombies Romane auszeichnet, sondern seine Hauptfiguren. Und wieder einmal hat er ein desillusioniertes Grüppchen Personen gefunden, die alle versuchen, irgendwie ihren Weg zu machen. Hier gibt es keine Helden, sondern lediglich normale Menschen, die sich auf einem Rachefeldzug befinden. Gewürzt mit einer ordentlichen Prise Zynismus und Ironie schlägt sich Monza mit ihrer Gruppe durch die sich entwickelnde Geschichte und bringt nacheinander die Personen auf ihrer Liste um. Dabei wechseln oftmals die Loyalitäten einzelner Figuren, so dass man nicht genau weiß, wer auf welcher Seite steht und wem in den Rücken fallen könnte. Genau diese Konflikte sind es, die den Roman so spannend machen.
Es scheint, als wäre "Racheklingen" noch ein Stück blutiger, düsterer und sarkastischer als die vorherigen Romane, da es hauptsächlich ums Töten geht, um Charaktere, deren einziger Lebensinhalt Rache ist oder die für das Kämpfen bezahlt werden. Und dennoch gibt es auch viele Momente, in denen der Leser am liebsten losbrüllen würde vor Lachen, da die Personen so ehrlich, so authentisch und unerwartet handeln. Hier gibt es keine falsche Ehre, nur Dreck, Blut, Schwerter und ein wenig Sex. Und genau dies, auf höchstem Niveau beschrieben, sind die Dinge, die die Faszination von Abercrombies Romanen ausmachen. Gäbe es den Begriff realistische Fantasy nicht, müsste man ihn für ihn erfinden. Dieser Autor schreibt genial, brutal und ehrlich und unterhält seine Leser damit aufs Beste.