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 Revival

Autoren: Stephen King
Übersetzer: Bernhard Kleinschmidt
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Jamie Morton ist sechs Jahre alt, als Charles Jacobs zum ersten Mal in sein Leben tritt. Jacobs, der als neuer Reverend in die Kleinstadt Harlow geschickt wurde und der eine entzückende Frau und einen kleinen Sohn mitbringt, wird schnell von Jung und Alt gleichermaßen geschätzt und gemocht. Vor allem der sechsjährige Jamie entwickelt eine tiefe Zuneigung zu dem freundlichen jungen Mann, der sich wie ein kleines Kind für die Wunder der Elektrizität begeistern kann. Eines Tages kommt es jedoch zu einer Katastrophe, Charles Jacobs verliert seine Frau und sein Kind und fällt daraufhin buchstäblich vom Glauben ab - er sagt sich von Gott los und verlässt Harlow. Es soll Jahre dauern, bis Jamie ihn wiedersieht.
Anstelle eines Predigers trifft der erwachsen gewordene Jamie nun auf einen mit allen Wassern gewaschenen Schausteller, der auf Jahrmärkten vermeintliche Wunder wirkt und die Menschen mit elektrischen Spielereien in Staunen versetzt. Die Wege der beiden Männer kreuzen sich Jahre später erneut - Jacobs ist nun ein gänzlich anderer Mensch geworden als der charmante, idealistische junge Reverend aus den 1960er Jahren, der Jamie so bezaubert hatte. Immer noch vollbringt Jacobs bei sogenannten "Revivals" Wunderheilungen und begeistert seine Anhänger mit seinen mysteriösen Kräften, doch es häufen sich seltsame Vorkommnisse. Jamie beginnt Nachforschungen anzustellen und fördert Erschreckendes zutage. Doch Charles Jacobs ist noch nicht fertig mit ihm und denkt auch nicht daran, mit seinen "Revivals" aufzuhören. Er plant einen letzten, großen Auftritt ...

"Revival", der neue Roman von Stephen King, wendet sich nach Ausflügen ins Krimi-Genre (Joyland, Mr. Mercedes) wieder dem Genre zu, das ihn weltberühmt gemacht hat: Horror. Ein bisschen Lovecraft und sehr viel Mary Shelley wehen durch diesen Roman, der zunächst ganz harmlos und idyllisch startet: King schildert die in Maine gelegene Kleinstadt Harlow, das Leben und die Moral der frühen 1960er Jahre und die Familie des sechsjährigen Jamie so atmosphärisch dicht, so stimmig, dass man beim Lesen fast glaubt, mit den Mortons am Tisch zu sitzen. Hier zeigt sich einmal wieder, dass King wunderbar erzählen kann und den Leser auch dann bei der Stange hält, wenn noch nichts Spektakuläres passiert (auch, wenn man natürlich darauf lauert und bereits ein leises Unbehagen spürt).
Mit der Katastrophe, die über den sympathischen jungen Prediger Charles Jacobs hereinbricht, wird die fast geruhsame Stimmung brutal durchbrochen. Im Folgenden treffen Charles und der mittlerweile ebenfalls erwachsene Jamie an mehreren Wendepunkten der Geschichte aufeinander, bis die beiden ältere beziehungsweise alte Männer sind. Hier offenbart sich die größte Schwäche des Romans: Es passiert zu wenig und es passiert zu langsam. Mit über 500 Seiten besitzt "Revival" die Länge eines typischen King-Wälzers, und obwohl interessant zu lesen, vermag das Buch nicht über die komplette Länge zu fesseln. Weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen.

Es macht zwar Spaß, dem bewegten Lebenslauf des Ich-Erzählers Jamie Morton vom Sechsjährigen bis zum in die Jahre gekommenen Mann zu verfolgen, es ist aber nicht besonders packend oder außergewöhnlich. Die Crux der Geschichte deutet sich zwar früh an, aber tatsächlich wird es erst auf den letzten 50 Seiten (!) wirklich schaurig und nervenzerfetzend spannend. Das Finale ist fesselnd, aber zu plump mit (Namens-)Verweisen auf Mary Shelleys Meisterwerk versehen. Und auch die Intensität von Lovecrafts Schreckensbildern, das kalte Entsetzen und Befremden, das die Großen Alten seit vielen Jahren bei unzähligen Lesern erzeugt haben, erreicht King, obwohl er das deutlich beabsichtigt, nicht. Spätestens jetzt nimmt man sich vor, mal wieder etwas aus dem Cthulhu-Mythos oder den "Fall Charles Dexter Ward" zu lesen.

Hand aufs Herz, wer konnte nach der Lektüre von "ES" noch unbefangen den Wasserhahn laufen lassen oder sich an den Scherzen von Clowns erfreuen? Wer konnte nach "Shining" über lange Hotelflure gehen, ohne zumindest einmal über die Schulter zu blicken? Wer ist bei "Misery" nicht fast verrückt geworden vor Anspannung? Dieses Grauen, das den Leser bei so vielen großartigen King-Romanen an die Seiten gefesselt hat, obwohl er das Buch viel lieber zugeklappt hätte, fehlt hier einfach.
Insgesamt daher leider nur ein mittelmäßiger Stephen-King-Roman, der mit einem sehr vielversprechenden, handwerklich sehr gut erzählten Einstieg punktet und große Erwartungen weckt, dann aber leicht abflacht und auch am Ende nicht wirklich überzeugen kann.
Die fortlaufende Trennung der beiden Protagonisten voneinander - jeweils über viele Jahre - bremst die Geschichte immer wieder aus und schafft eine Distanz vor allem zu Jacobs, der immer wieder von der Bildfläche verschwindet. Gegen Ende kommt die Handlung dann wieder in Schwung, ist aber dort nicht originell genug, um den Leser vom Hocker zu hauen, schließlich gibt es große literarische Vorbilder mit ähnlichen Storys. Als King-Fan hat man fast ein schlechtes Gewissen, wenn sich am Ende leise Enttäuschung einstellt, aber dennoch ist "Revival" ganz klar eines seiner schwächeren Werke.


Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlags-Website.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 2. März 2015 | ISBN: 9783453269637 | Originaltitel: Revival | Preis: 22,99 Euro | 512 Seiten | Sprache: Deutsch

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