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1935 wird in Braunschweig eine SS-Junkerschule eröffnet. Knapp zehn Jahre danach verlieren fast alle Angehörigen dieser SS-Junkerschule ihr Leben im Kampfgebiet zwischen Lodz und Posen. Der Geschichte dieser Schule, ihrer Absolventen und den Entwicklungen im Braunschweiger Raum möchte der Autor Bernhard Kiekenap in seinem Buch "SS-Junkerschule", erschienen im Appelhans Verlag, nachgehen.
Das Buch beschäftigt sich anfangs mit Gründung und Ende von SS und SA im Reich, dem Röhmputsch und seinen Auswirkungen und mit Heinrich Himmler und seinem Herrschaftsbereich. Die Thematik dieser drei Kapitel untersucht der Autor dann in ihrer Auswirkung auf den Braunschweiger Raum. In einem vierten Kapitel geht es um die SS-Junkerschulen, um ihre Verlegung an die Front im Raum Kolo/Kalisch, die Kämpfe dort, die Vernichtung großer Teile der Truppe durch die Russen und die Rückkehr der Reste nach Halbe. Der Abschnitt Kriegsende und Neuanfang beendet dieses umfangreiche Kapitel.
Eingerahmt werden diese vier Hauptkapitel durch drei Kapitel, in denen sich der Verfasser mit der Frage nach der Last der Vergangenheit und den Schwierigkeiten eines Neubeginns beschäftigt.
Komplettiert wird die Studie durch den Abdruck von Quellen, zu denen der Verfasser allerdings in den Hinweisen zur Quellenlage selber sagt, viele Quellen müssten quellenkritisch hinterfragt werden, ob sie überhaupt vertrauenswürdig und als Quelle geeignet seien. Ein Namens- und Bildregister sowie Anmerkungen sind angefügt, ein Literaturverzeichnis gibt es nicht.
Was will der Verfasser mit diesem Buch? Nicht beabsichtigt sei, "umfassend über die reichsweite, überwiegend unrühmliche Geschichte der SA, SS, des Sicherheitsdienstes (SD) oder Gestapo zu berichten und zu urteilen". Die parallelen Entwicklungen in Braunschweig sollten untersucht werden. Doch dabei stellt sich die Frage, gibt es eine rühmlich Geschichte der SA, SS und so weiter? Und was wäre diese demnach?
Zu kurz gedacht wäre es laut dem Autor, wenn alle Schandtaten, die im Zweiten Weltkrieg begangen wurden, undifferenziert nur der SS und ihren Gruppierungen angelastet werden. Immer wieder, etwa bei solchen Aussagen oder wenn er sich auf die Wehrmachtsausstellung des Instituts für Sozialforschung bezieht oder auf "selbsternannte und selbstgerechte Moralapostel" verweist, die Bürger wegen der Naziverbrechen einzuschüchtern versuchen, stößt man in "SS-Junkerschule" auf eine Fülle von Relativierungen und naiv klingenden Bemerkungen Kiekenaps. Hier ist von Tapferkeit und Todesmut der SS die Rede und davon, dass große Teile der Waffen-SS an der Bewachung der Konzentrationslager und an den Mord-Aktionen der SS-Polizeieinheiten nicht beteiligt gewesen seien.
Am Ende des Buches bedauert der Autor, dass die Mehrheit der früheren SS- und Gestapomitglieder, die, seiner Ansicht nach, überzeugte und wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft geworden seien, über die Zeit des Dritten Reiches und ihre Rolle darin nicht ausreichend genug haben sprechen können, ihre Leistungen also auch nicht genug gewürdigt worden seien. Man hätte sich in Anlehnung an die Tradition der christlichen Nächstenliebe der Probleme der Mörder annehmen sollen, fordert der Autor. Offensichtlich geht es ihm in diesem Buch weniger um die objektive Darstellung von geschichtlichen Ereignissen bezogen auf den Braunschweiger Raum, sondern vor allem um die Rehabilitation der Täter. Den Anspruch, die parallelen Entwicklungen im Braunschweiger Raum darzustellen, erfüllt das Buch nur zum Teil, jedoch werden große Teile des Buches auf die ausführliche Darstellung von geschichtlichen Vorkommnissen verwendet, die sich auf das gesamte Reich beziehen und einem mit dem Thema vertrauten Leser schon bekannt sind. Die Darstellung der Fakten erscheint nicht immer objektiv zu sein, trotzdem bietet das Buch für militärisch interessierte Leser hauptsächlich im zweiten Teil einige detaillierte Informationen zu der SS-Junkerschule. Doch auch hier verzettelt Bernhard Kiekenap sich oft in der Schilderung von Einzelschicksalen aus dem Braunschweiger Raum. Dabei werden Zeugenaussagen über das Kampfgeschehen in Polen ausschweifend und in einem pathetischen, an die Landser-Heftchen erinnernden Stil beschrieben.
"SS-Junkerschule" ist bedingt zu empfehlen. Das eigentliche Thema der SS-Junkerschule im Braunschweiger Raum verliert sich in der Darstellung der großen geschichtlichen Zusammenhänge und wird zu spät im Buch konkretisiert. Auch stößt die oft subjektive, unkritische und oft heldenhafte Darstellung einiger SS-Mitglieder aus der Junkerschule säuerlich auf.