Ob in der Schule, während des Studiums, bei der Arbeit oder in der Freizeit: Lesen gehört zu den Aktivitäten, die jeder so häufig am Tag macht, dass es kaum mehr auffällt. Bücher, Zeitschriften, Lebensmittelverpackungen und Gebrauchsanweisungen sind nur einige Beispiele dafür, wo man diese Fähigkeit, die man in der Grundschule erlernt, einsetzt. Allerdings kann man das Lesen durchaus noch verbessern, selbst wenn man sich für einen guten Leser hält. Wolfgang Schmitz, Inhaber und Geschäftsführer von Improved Reading Germany, ein Unternehmen, das Kurse zur Verbesserung der Leseleistung speziell für Erwachsene anbietet.

In dem Buch "Schneller lesen - besser verstehen", das bei Rowohlt in der mittlerweile dritten Auflage erschienen ist, geht es also nicht darum, Menschen mit Leseschwächen zu helfen oder Kindern das richtige Lesen beizubringen. Vielmehr richtet sich das Buch an Menschen, die beruflich oder privat viel lesen und ihre Lesegeschwindigkeit und gleichzeitig ihre Leseeffizienz steigern wollen.

Zwei große Themenblöcke erwarten den Leser: der Theorieteil und die dazugehörigen praktischen Übungen. Zunächst geht es um wichtige allgemeine Erkenntnisse, die sich dem Leser erschließen müssen, um seine Lesefähigkeit verbessern zu können. Hauptaugenmerk ist dabei nicht das "neue" Erlernen des Lesens, sondern das Erlernen neuer Lesestrategien, das Ausmerzen gewohnheitsbedingter Lesefehler und die Steigerung bisheriger Stärken.

Zunächst geht Schmitz, der das Buch in Zusammenarbeit mit der Deutschlehrerin Britta Sösemann und dem Improved-Reading-Trainer Friedrich Hasse verfasste, auf die Hauptfehler beim Lesen ein, die selbst versierte Leser machen, die ihnen aber gar nicht bewusst sind, beispielsweise das Zurückspringen im Text aus Angst, eine wichtige Information verpasst zu haben. Es folgt eine schrittweise Annäherung an eine höhere Lesegeschwindigkeit; zunächst erklärt Schmitz die Wichtigkeit des Weitwinkelfokus beim Lesen, später folgen wichtige Hinweise, die unter anderem das geistige Mitsprechen von Texten, die Erkennung von Sinnsignalen, die richtige Vorausschau vor Lesen eines Textes und die Verbesserung des Textverstehens beinhalten.

Der zweite große Part des Buches, nämlich die praktischen Übungen, nimmt über die Hälfte der 251 Seiten ein. Mittels Symbolen und Seitenangaben wird man von den theoretischen Grundlagen zu den angeknüpften Aufgaben geleitet. Für bestimmte Übungstexte muss die Zeit gestoppt werden; anschließend helfen Wissensfragen dabei herauszufinden, ob man die Texte richtig, das heißt schnell gelesen und inhaltlich erfasst hat. Hinzu kommen Theoriezusammenfassungen, Augenübungen und einiges mehr.

Schneller lesen, besser verstehen - für viele mag das zunächst wie ein Widerspruch klingen. Liest man nicht bewusst langsamer, um vermeintlich gründlicher die gegebenen Informationen zu erfassen? Tatsächlich gelingt es Wolfgang Schmitz in lockerem Plauderton und ohne große Fachsimpelei, den Leser schnell vom Gegenteil zu überzeugen. Es ist verblüffend, wie sich die eingefahrenen Lesegewohnheiten mit relativ einfachen Mitteln verbessern lassen.
Die teilweise recht unkonventionellen Übungen - beispielsweise gibt es Textfragmente in griechischen Lettern, nur um den richtigen Leseblick zu trainieren - erzielen rasch erste Erfolge, die Aufforderung, stets seine Übungszeiten zu messen, motiviert. Lediglich die Fragen, die das Leseverständnis nach einem Übungstext prüfen, eignen sich nicht zum mehrmaligen Trainieren, da deren Antworten nach der ersten Überprüfung bekannt sind.

Wer allerdings glaubt, nach dem Lesen dieses Ratgebers fortan jedes Buch, egal ob wissenschaftliche Abhandlung oder spannenden Krimi, in Rekordzeit durchzuackern, täuscht sich. Schmitz gibt seinem Leser viele hilfreiche Tipps und Übungen an die Hand, um Lesegeschwindigkeit und -effizienz spürbar zu verbessern. Doch dabei handelt es sich um einen längeren Prozess, der ohne Training nicht funktioniert. Wunder darf man nach der Lektüre also keine erwarten.

Mit "Schneller lesen - besser verstehen" bekommt der Leser eine tolle Möglichkeit geboten, seine Lesegewohnheiten zu verbessern, ob beruflich oder privat. Hier werden keine Wunder versprochen, aber mit etwas Eigenfleiß und Training kann man seine Lesetechnik verfeinern und Texte tatsächlich rascher erschließen.