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In "Schwule Nachbarn" beschäftigen sich über zwanzig Autoren auf ihre ganz eigene Art und Weise mit schwulen Charakteren, die sie manchmal überraschen, verletzen oder sonstwie beeinflussen.
Insgesamt 22 "Erlebnisse" werden von heterosexuellen Erzählern geschildert. Eine Frau beichtet einer alten Freundin, dass sie vor Jahren mal verliebt in sie gewesen war; eine andere Frau verliert ihren Ehemann an einen jüngeren Konkurrenten, doch auch andere Geschichten werden erzählt. Regula Venske lädt all die homosexuellen Figuren, über die sie je geschrieben hat, zu einem Kaffeekränzchen zu sich ein - das wirkt schon etwas abstrus und ist auch nicht eine der am besten gelungensten Geschichten. Daneben schreibt Uwe Timm einen Essay über Wolfgang Koeppen.
Ein Nachwort von Detlef Grumbach bildet den Abschluss, nebst Quellenverzeichnisse und Autorenkurzbiographien.
Ein Erlebnis ist diese Kurzgeschichtensammlung nicht - es bleibt ein schaler Geschmack im Mund nach der Lektüre. Man findet viele Vorurteile bestätigt und fragt sich, ob wir als Gesellschaft nicht über diese zweidimensionale Betrachtung der "Anderen" hinausgewachsen sind. Die Geschichten schwanken in der Qualität, sowohl im Bezug auf die Erzählfähigkeiten des Autors als auch im Inhalt der Geschichte. Inhalte, die interessant und anders sind, werden oftmals falsch verpackt, so übertrieben hochstilisiert, dass man bald gar nicht mehr weiß, worum es eigentlich ging.
Müsste man die beste Geschichte benennen, so wäre das "In 14 Tagen vom Homo zum Hetero" von Gunter Gerlach. Viele der anderen können nicht überzeugen, den Leser nicht ansprechen und viele verenden unter zu viel Stil und werden dadurch unverständlich.
Dennoch kann man den hier abgedruckten Werken nicht einen gewissen Unterhaltungszweck absprechen - wenn auch die meisten Gedanken des Lesers darum kreisen, warum hier schon wieder Klischee Nummer 185 ausgepackt wurde. Am meisten kann das Nachwort bewegen, wenn Grumbach über Absagen von Autoren spricht, die sich "nicht zuständig" fühlen oder meinen, gar keine Schwulen zu kennen und deshalb nicht über sie schreiben zu können.
Interessierte sollten auf jeden Fall in das Buch hineinlesen, wenn sich die Möglichkeit bietet. Wer das Buch ungesehen kauft, kann leicht enttäuscht werden.