Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Vier langjährige Freunde - Tamara, Frauke und die beiden Brüder Kris und Wolf - wissen noch nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Doch dann haben sie eine geniale Idee: Sie gründen eine Agentur, die sich für andere entschuldigt. Die Firma mit dem eingängigen Namen "Sorry" wird ein voller Erfolg, denn wer findet heutzutage noch aufrichtig gemeinte Worte der Entschuldigung? Wenn etwa ein Unternehmen einen Mitarbeiter unrechtmäßig entlassen hat, dann tritt die Agentur in Aktion, findet die richtigen Worte, entschuldigt sich wortreich im Namen des Arbeitgebers, bietet eine angemessene Entschädigung an. Das Konzept schlägt ein wie eine Bombe, und bald schon können die vier Jungunternehmer sich eine großzügige Villa am Wannsee leisten.
Dann aber beginnt unvermittelt ein Albtraum, denn bei einem neuen Auftrag werden die vier zum Schauplatz eines grausamen Mordes gelotst. Der offensichtlich geisteskranke Auftraggeber zwingt sie dazu, sich bei der Leiche zu entschuldigen und dies auf Video aufzunehmen. Und damit ist der Horror noch lange nicht zu Ende. Eine Reihe grauenhafter Ereignisse nimmt ihren Lauf, und die vier Freunde sehen sich bald entzweit durch die Aktionen des anonymen Killers. Seine Beweggründe führen schließlich tief in eine furchtbare Vergangenheit ...
"Sorry" ist ein Thriller aus der Feder von Zoran Drvenkar, der beim ersten Lesen ziemlich verwirrt. Dieses Buch eignet sich auf jeden Fall dazu, zweimal gelesen zu werden, denn erst dann versteht man die vielen Zeitsprünge und Anspielungen. Drvenkar wechselt andauernd sowohl die Perspektive als auch die Zeit - die Kapitel sind teilweise übertitelt mit "davor" und "danach", nur weiß man zu Beginn gar nicht, um was es hier eigentlich geht - welches Ereignis klammern denn nun das "davor" und "danach" ein? Wer sind die rätselhaften Personen, die hier auftreten und an deren Gedankenwelt wir teilhaben? Was sind ihre Beweggründe? Und wer ist der große Unbekannte, der Menschen grausam tötet?
Im Großen und Ganzen hat der Autor diese für einen Thriller relativ komplexen Elemente und Strukturen gut unter einen Hut gebracht und am Ende befriedigend aufgelöst, auch wenn es immer wieder verwirrende Momente gibt und der Schreibstil gewöhnungsbedürftig ist. Sehr gut gelungen ist die Kompromisslosigkeit, mit der Drvenkar zu Werke geht - so opfert er ohne zu zögern sogar seine Hauptfiguren, wenn man dies am wenigsten erwartet. Die Handlung selbst ist düster, trübe, deprimierend, stellenweise sehr brutal. Da es unter anderem um sexuellen Missbrauch von Kindern geht, sind manche Szenen wirklich abstoßend geraten. Man sollte als Leser nicht allzu zart besaitet sein, um sich diese quälenden Schilderungen anzutun. Ansonsten ist der Titel "Sorry" bezeichnend, denn es geht um Schuld, um Absolution, um Vergebung und Rache. Und reicht ein saloppes "Sorry", um sich für vergangenes Grauen zu rechtfertigen? Kann man für jemand anderen eine Entschuldigung vorbringen, und gilt diese dann überhaupt? Die vier jungen Leute, die in einen Strudel furchtbarer Ereignisse gerissen werden, sind Opfer, die zu Tätern gemacht werden. Sollen sie stillschweigen, die Morde vertuschen, oder sich der Polizei offenbaren?
Wenn man dieses Buch durchgelesen hat, kann man es eigentlich direkt wieder auf Seite eins aufschlagen und von vorne beginnen, um die Geschichte noch einmal, diesmal aber mit anderen Augen zu lesen. "Sorry" ist ein streckenweise ziemlich mühsam zu lesender, aber insgesamt doch gelungener und origineller Thriller, der durch viele harte Szenen an die Substanz geht. Irritierend und störend ist allerdings, dass das Buch im Jahr 2009 noch die alte Rechtschreibung verwendet.