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 Space Dealer


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Ein ganz grundlegendes Prinzip bei Brettspielen aller Art ist folgendes: Sie sind rundenbasiert. Ein Spieler ist nach dem anderen dran, jeder zieht für sich, häufig muss man warten, bis man selbst wieder am Zug ist und agieren kann. Bisher gab es nur wenige Spiele, die sich über diesen Grundstein der Spielekultur hinwegsetzten, dies waren aber eher simple Titel wie beispielsweise das beliebte "Ligretto", bei dem alle gleichzeitig Karten auf den Tisch klopfen müssen und wo es hauptsächlich um Schnelligkeit geht. Mit "Space Dealer" aus dem Hause Eggertspiele kommt nun endlich ein Titel, der das Echtzeitelement auch auf taktisch anspruchsvoller Ebene einsetzt. Auch hier kommt es natürlich auf Schnelligkeit an - aber die nützt einem nichts, wenn man nicht überlegt handelt.

In "Space Dealer" geht es darum, auf seinem Heimatplaneten Gebäude zu bauen, Ressourcen zu produzieren und mittels des eigenen Raumschiffs diese an Mitspieler zu liefern, um dortige Nachfragen nach Rohstoffen zu erfüllen und so Siegpunkte zu erhalten. Das Spiel dauert exakt 30 Minuten und nahezu sämtliche Aktionen werden über zwei Sanduhren gesteuert, die jeder Spieler besitzt. Mit dem Durchlauf einer Sanduhr kann man ein Gebäude bauen, das eigene Technologielevel steigern, um bessere Gebäude zu erhalten, Ressourcen in den eigenen Minen produzieren oder mit dem eigenen Raumschiff einen Planeten weiterfliegen, um die Rohstoffe woanders gegen Siegpunkte einzutauschen. Durch das Bauen von Gebäuden erhöht dabei jeder Spieler automatisch die Nachfrage nach bestimmten Ressourcen, die in vier Farben existieren. Beim Bauen muss man jedoch häufig aufpassen, dass man die entsprechende Mine oder andere Gebäude, die Energieanschlüsse benötigen, auch mit Energie versorgen kann. Hat man am Anfang nur zwei Anschlüsse, die durch einen Generator versorgt werden, kann man schon bald einen zweiten Generator bauen und beide immer weiter aufrüsten. Dennoch sind die Energieanschlüsse stets knapp, man muss den Ausbau seines eigenen Planeten geschickt planen, um später nicht andere Gebäude überbauen zu müssen.
In der ersten Phase des Spiels wird man sich meistens darauf beschränken, seinen eigenen Planeten hochzuzüchten, an bessere Gebäude und lukrativere Minen ranzukommen, um dann in der zweiten Hälfte der 30 Minuten die Bedürfnisse der anderen Spieler erfüllen zu können. Natürlich spielt man dabei hauptsächlich für sich, achtet vor allem auf die eigenen Sanduhren und versucht, deren Durchläufe genau zu timen und möglichst wenig Leerlauf zu erzeugen, jedoch muss man auch gleichzeitig immer ein Auge auf die Gegner werfen, auf deren Ressourcennachfrage und deren eigene Aktionen. Denn sobald eine Nachfrage des Mitspielers erfüllt ist, ist sie für alle anderen Spieler gesperrt - da gilt es, schnell zu sein!

Neben den Ressourcen produzierenden Minen gibt es noch viele weitere Gebäude, die mittels eines Sanduhrendurchlaufs Vorteile bringen, beispielsweise Konverter, die Ressourcen in eine beliebige Farbe umwandeln, Gebäude, die einem zusätzliche Sanduhren oder ein neues Raumschiff verschaffen oder sogar Sabotagesonden und Raketen, mit denen man die Sanduhren und Aktionen der Gegner blockieren kann. Letzteres ist in der Grundspielvariante von "Space Dealer" jedoch nicht enthalten, die Einsteigern für die ersten Partien an dieser Stelle dringend empfohlen sei - denn ein Spiel von so ungewöhnlichem Format lernt sich beim ersten Mal nicht gerade einfach. Wenn jemand zum ersten Mal mitspielt, ist vor den 30 Minuten Spielzeit erstmal eine lange Erklärphase notwendig, denn während der Partie ist kaum Zeit für weitere Erläuterungen. Und trotzdem werden sich während des Spiels noch jede Menge Fragen ergeben dahingehend, was denn nun erlaubt ist und was nicht, wie in Sonderfällen zu verfahren ist etc. "Space Dealer" ist leider nicht wirklich einsteigerfreundlich, die ersten paar Partien geraten völlig konfus, hektisch und verwirrend. Dem Spiel liegt zwar eine CD bei, die ein nettes kleines Einführungsvideo des Autors Tobias Stapelfeldt beinhaltet - ein toller Service, den viel mehr Spiele im Zeitalter von DVD und Video-CDs nutzen sollten! Dieses erklärt jedoch bei weitem nicht alle Regeln und kann nur als Basis für weitere Erklärungen dienen.
Durch die ersten Partien muss man sich also mehr oder minder durchbeißen. Aber ab ungefähr dem dritten Spiel, wenn man mit Leuten zusammen sitzt, die ähnlich erfahren sind und mit den Sabotagesonden, Raketen und zusätzlichen Sanduhren spielt, entfaltet "Space Dealer" sein volles Potential. Die kurze Spieldauer - die man übrigens mit einem spacigen Audiotrack auf der mitgelieferten CD abmessen kann - verbindet sich mit einer angenehmen Hektik, taktischer Tiefe und riesig viel Spaß an diesem neuen Format, das keinerlei Leerlauf lässt, weil man ja immer am Zug ist. Die Ausstattung mit vielen Holzwürfeln, Spielsteinen und schicken, großen Raumschiffen aus Pappe kann sich ebenfalls sehen lassen, auch wenn die Grafik ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist.

Insgesamt krankt "Space Dealer" an einigen Macken, Unklarheiten und vor allem der nicht unerheblichen Starthürde, billig ist das Spiel auch nicht gerade. Aber sobald man einmal durchgestiegen ist, offenbart sich auch für Gelegenheitsspieler ein äußerst kurzweiliges Vergnügen, das sowohl Spaß macht als auch Tiefe hat. Mit einem weiteren Exemplar des Spiels lässt sich "Space Dealer" sogar auf acht Spieler erweitern und wird dadurch schon zum richtigen Partyspiel. Auf jeden Fall aber darf es als Pionier in der weiten Welt der Brettspiele gelten, dessen Echtzeitidee gerne von kommenden Spielen weiterverwendet werden darf.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 01. November 2006 | FSK: 10 | Preis: 30 Euro

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