Als der mit allen Wassern gewaschene Lokalpolitiker Donegan Marr nur wenige Monate vor den Wahlen in seinem Büro erschossen aufgefunden wird, wissen seine politischen Gegner, deren Gerissenheit und Skrupellosigkeit jener Marrs in nichts nachsteht, nicht so recht, ob sie sich freuen oder ob sie bestürzt sein sollen. Denn wenn ihnen sein Tod auch sehr gelegen kommt, so müssen sie doch der Tatsache ins Auge sehen, dass man in erster Linie sie verdächtigen wird.
Sam Delaguerra, ein Polizei-Lieutenant mit spanischen Wurzeln und somit Titelgeber der vorliegenden Erzählung, wird zu seiner Bestürzung schon unmittelbar am Tatort von den Ermittlungen abberufen. Delaguerra war mit dem Toten seit der gemeinsamen Schulzeit befreundet, und ihre Freundschaft hat sogar die Liebe zum selben Mädchen, Belle, überstanden.
Belle ist nun Witwe von Donegan Marr, und ihr und seinem toten Freund zuliebe steckt Delaguerra seine Nase weiterhin tief in den Fall. Wohin er auch kommt, trifft er ungeliebte Bekannte von Marr an, meist bereits im Zustand der Totenstarre - oder in einem Zustand, in dem sie ihn gern in selbige versetzen würden.
Es gibt, so viel findet Delaguerra schnell heraus, eine Menge Leute, denen entsprechende Morde zuzutrauen wäre, solche aus der Politik und solche aus der Halbwelt der Stadt - was sich allerdings in den seltensten Fällen wirklich trennen lässt -, etwa ein geckenhafter Filipino, mit dem Delaguerra mehrmals geradezu auf Leben und Tod aneinandergerät. Aber mit der Zeit fällt Delaguerra auf, dass die Puzzleteilchen nur dann zusammenpassen, wenn man einer Frau eine zentrale Rolle in diesem Mordfall zugesteht. Und das gibt seinen Ermittlungen eine neue, allerdings, wie ihm allzu rasch bewusst wird, nicht minder lebensgefährliche Wendung.

Raymond Chandler hat in seinen Kriminalromanen und in Erzählungen und Kurzgeschichten wie der hier als Hörbuch vorliegenden das "Milieu" US-amerikanischer Städte der 1930er-Jahre ausgezeichnet abgebildet. Er weiß zwielichtige Charaktere und gewissenlose, gewiefte Kriminelle sowie "coole" Ermittler anschaulich zu portraitieren und die vielen Spielarten des Verbrechens und die Motivation hierzu bestens darzustellen. Zudem vermag er Stimmungen aller Art authentisch einzufangen und Handlungen packend, regelrecht mitreißend zu schildern - ein meisterlicher Krimiautor!
Auch in "Spanisches Blut" setzt Chandler dieses Erzähltalent trefflich ein. Die Handlung ist schlüssig konzipiert, kann aber mit einigen verblüffenden Wendungen aufwarten. Fatale Liebesbeziehungen, auf die Probe gestellte Loyalität und organisiertes Verbrechen sind nur einige der spannenden Elemente dieser Kriminalerzählung, die den Leser beziehungsweise Hörer über lange Strecken wirklich fesselt und erst gegen Ende ein bisschen künstlich in die Länge gezogen wirkt, sodass sie dann qualitativ doch noch ein wenig abfällt.
Günter Lamprecht weiß die Stimmung in Chandlers Erzählung trefflich wiederzugeben: jene Macho-Welt, in der sich raffinierte Verbrecher und noch raffiniertere Polizisten in einem Spiel gegenüberstehen, in dem als Einsatz oft das Leben dient. So verleiht er der Geschichte noch zusätzliche Spannung. Die Hörbuchfassung von Diogenes ist wirklich ausgezeichnet gelungen.
Hierzu trägt die Unterteilung in etliche Tracks bei, die ein Auffinden der Wiedereinstiegsstelle nach einer Unterbrechung problemlos möglich macht. Auch die Aufmachung überzeugt: Kunststoffhalterungen für die beiden CDs in einer schlicht und dabei sehr ansprechend gestalteten Kartonhülle.
"Spanisches Blut" bietet somit auch in der Hörbuchfassung hochwertige Unterhaltung und Spannung pur.