Was könnte ein Spieler-Handbuch zu einer D&D-Welt sein? Was kann man sich darunter vorstellen? Die amerikanische Originalausgabe heißt "Player’s Guide to Faerûn", und ein solcher Führer ist dieses Buch eigentlich ebenso wenig wie ein Spieler-Handbuch.

Hauptsächlich ist dieses Buch eher eine Anpassung der bereits erschienenen D&D-Produkte um den Kontinent Faerûn auf der Welt Toril. Die ersten beiden Kapitel Regionen und Talente, sowie die Prestigeklassen, ersetzen nur die gleichlautenden Kapitel aus dem Kampagnenset. Also eine reine Anpassung an das 3.5-System.

Das dritte Kapitel "Domänen und Zauber" erneuert einiges aus dem "Magie Faerûns"-Band, gibt einiges an neuen Talenten und Domänen und auch vielen neuen Zaubern, die zu einem durchaus nicht kleinen Teil spektakuläre Folgen haben können, an. Also wieder zig Zauber, die sich die Spieler von Magiern und Hexenmeistern, von Klerikern und Druiden aneignen können, wenn sie wollen. Das ist durchaus eine interessante Liste und die Idee mit Eingeweihten eines Gottes, einem Talent, dass es für ein paar faerûnische Gottheiten gibt, ist eine, die noch ein bisschen mehr Unterschiede zwischen den einzelnen Klerikern bringt, als das ansonsten die Domänen schon tun.

Im vierten Kapitel gibt es einen kleinen Überblick über spezielle magische Gegenstände. Wenn man allerdings noch erinnert, dass es für (A)D&D ganze Bücher mit magischen Gegenständen gab, sind diese kleinen Kapitel immer nur ein Vorgeschmack auf eine größere Sammlung solcher magischer Gegenstände, auf die man wartet. Die paar Sachen, die es hier gibt, sind nett, aber kein großer Pluspunkt.

Im fünften Kapitel geht es um epische Charaktere, also um die, die sich über die üblichen zwanzig Stufen erhoben haben. Ja, es gibt auch Spieler und Spielleiter, die gerne im Bereich von Halbgöttern herumspielen, und vermutlich wird es selten auf einer Welt so viele übermächtige Charaktere geben wie auf Faerûn - da seien nur die Namen der Magier Elminster oder auch Khelben Schwarzstab erwähnt - laut Kampagnenset ist Elminster mit Stufe 39 gleichzusetzen. Aber für fast jede Prestigeklasse auch noch epische Stufen, braucht man die wirklich?

Dann geht es um die Kosmologie Torils, also eigentlich Faerûns - der Rest von Toril ist schlicht noch unbekannt, praktisch für jeden Spielleiter. Die Kosmologie beschreibt sämtliche Ebenen ein bisschen genauer, als das im Kampagnenset geht. Das ist eine Ergänzung, die auch wieder ein bisschen nach hinten los geht, weil man jetzt in zwei Büchern nachlesen darf, bevor man eine Ebene beschreibt. Allerdings gibt es ja auch seit der Romanserie R. A. Salvatores "Der Krieg der Spinnenkönigin" eine Änderung, da der Abgrund der Dämonennetze der Drow-Göttin Lolth aus dem Abyss herausgenommen wurde.

Das siebte Kapitel ist vielleicht das interessanteste, zumindest für die Spieler und Spielleiter, die nicht auch noch die Romanserien verfolgen, denn in diesem "Kampagnentagebuch" gibt es die Anpassung an die oben genannte Romanserie und an "Die Rückkehr der Erzmagier" - während die Avatar-Chroniken ja schon vor dem Kampagnenset spielten. Allerdings wird hier auch viel verraten, zu viel, wenn man die "Rückkehr" noch lesen will, und in Sachen "Spinnenkönigin" bricht die Geschichte beim vierten Band von sechsen ab. Das ist dann auch nicht ganz konsequent.

Im Anhang gibt es noch was zu Psi-Kräften, ein kleines Kapitel, das erst richtig interessant wird, wenn auch das Psi-Handbuch im Frühjahr 2006 herauskommt. Auch die Zusatzregeln zur widerwärtigen Finsternis und den löblichen Taten gibt es im Deutschen noch nicht, und bleiben wahrscheinlich sogar für sehr lange Zeit unbrauchbar.

Insgesamt ist dieses Buch ganz klar eine Enttäuschung. Ziemlich planlos sind Faerûn-Details hier reingestopft worden. Ein Spieler-Handbuch ist es nicht, denn eine ganze Menge von Informationen sollte sich eher auf Spielleiter beschränken. Hauptsächlich ist dieses Buch eine Anpassung des Faerûn-Materials auf die Edition 3.5. Dazu hätte es aber kein mehr als zweihundertseitiges Hardcover in Vollfarbe und mit vielen neuen Illustrationen für einen stolzen Preis von 32,95 Euro gebraucht. Für diesen Preis, den die Ausgabe natürlich schon rechtfertigt, stimmt einfach der Inhalt nicht. Nur wer die ganze bisherige Faerûn-Ausstattung besitzt und trotzdem mit der Edition 3.5 spielt, braucht dieses Buch überhaupt. Da kann man sich nicht vorstellen, dass sich dieses Buch gut verkaufen wird. Wirklich nur ein Buch für Spezialisten.