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Nach einem Ausflug in die Welt der Fabeln ("
Das Leben ist kein Streichelzoo") meldet David Sedaris sich mit brandneuen Kurzgeschichten zurück. Die teilweise autobiografischen Episoden geben schräge Einblicke in die (Gedanken-)Welt des Autors, seine oft sehr skurrilen Erlebnisse und seine gewöhnungsbedürftige Familie. Wer kann so schön von einer Darmspiegelung berichten wie Sedaris, wer von einem Besuch beim Tierpräparator, der beunruhigenderweise direkt in die Seele des Autors zu blicken scheint? Doch neben allerlei Skurrilem und (fast) Alltäglichem aus seinem Leben gibt es auch anrührende und zutiefst melancholische Episoden, in denen der Autor um die Liebe seines Vaters kämpft oder eine Romanze in einem Zug zurückweist, was er später zutiefst bereut.
Insgesamt 26 kurze Geschichten, Betrachtungen und Texte beinhaltet "Sprechen wir über Eulen - und Diabetes". Im Vergleich zu anderen Werken von Sedaris, etwa "Ich ein Tag sprechen hübsch" oder "Nackt", wirkt dieses etwas zahmer, etwas weniger böse und schräg, dafür aber tiefgründiger und reifer. Wie immer ist es ein großes Vergnügen, die Welt durch David Sedaris' Augen zu sehen. Der 1956 geborene Schriftsteller in schafft es, die perfekte Mischung zu finden aus Erlebnissen, die so ungewöhnlich sind, dass wohl kaum ein anderer sie bisher gemacht hat, und dem A-ha-Effekt, den der Leser fühlt, wenn Sedaris ihm aus der Seele spricht - oder besser gesagt das ausspricht, was er selbst denkt, aber sich nicht zu sagen traut. Er erlaubt sich als Erzähler, seine egoistischen, kindischen und kleinlichen Seiten zu zeigen und wahlweise mit leichter Verachtung auf andere Menschen zu blicken oder sich für sich selbst und seine Unzulänglichkeiten zu schämen.
Schonungslos entblättern die humorvollen, aber oft auch nachdenklichen Episoden schlechte Eigenschaften, Macken, Schrullen und Oberflächlichkeiten, dies aber auf eine vergnügliche, sympathische Art, die einen für den Schriftsteller einnimmt. So begleiten wir ihn beim selbstgerechten Müllaufsammeln in England, bei Anbiederungsversuchen an seinen französischen Zahnarzt und bei einer Chinareise voller kulinarischer Ekelmomente. Für sich genommen sind diese Begebenheiten unspektakulär - verpackt in eine von Sedaris' Kurzgeschichten machen sie völlig neue Seiten sichtbar und sind voller Situationskomik, Zynismus und ja, auch Bosheit.
Auch sprachlich ist "Sprechen wir über Eulen - und Diabetes" ein Vergnügen voll brillantem Wortwitz. Viele Sätze sind so geschliffen, so schön und manche witzigen Abschnitte so gelungen, dass man sie gleich mehrfach hintereinander lesen muss. Auch hier findet sich eine größere Reife als in den ersten Geschichtensammlungen, so dass es nicht ins Gewicht fällt, dass der Ton einen Tick leiser geworden ist.
Fans von David Sedaris, die sich mit dem (zweifellos gelungenen) Ausflug in die Fabelwelt nicht recht anfreunden konnten, können aufatmen: In 26 originellen, komischen, seltsamen und bisweilen traurigen Häppchen zeigt der Autor wieder (vermeintlich) sein Innerstes, teilweise sogar buchstäblich - und lässt den Leser ein ums andere Mal begeistert, ertappt oder erleichtert denken "Genau
so ist es!".