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Wenn es darum geht, die bekannteste Figur im deutschen Widerstand gegen Hitler zu benennen, würden viele Menschen wohl an Claus Schenk Graf von Stauffenberg denken, den Mann, der am 20. Juli 1944 im Führerhauptquartier eine Bombe zündete.
Das hier besprochene Hörbuch besteht aus einem Feature, das 2008 im hessischen Rundfunk gesendet wurde. Es geht darin nicht nur um Planung, Ablauf und Folgen des Attentats vom 20. Juli, sondern auch um die Persönlichkeit und den Werdegang Stauffenbergs.
Eingangs wird der Ablauf des Attentats geschildert: Stauffenbergs Anreise, die kurzfristige Verlegung der Besprechung, in der das Attentat stattfinden sollte, in eine Holzbaracke, die Unmöglichkeit, auch die zweite Bombe scharfzumachen, und die weitere Verkettung unglücklicher Umstände, die ein Gelingen des Anschlags verhinderten.
Das nächste Kapitel befasst sich mit Stauffenbergs Jugend und Ausbildung zum Offizier - ein üblicher Werdegang für seine Gesellschaftsschicht, nicht zuletzt aus Enttäuschung über den Ausgang des Ersten Weltkriegs und Deutschlands Isolation in den sich anschließenden Jahren. Anschließend werden die Umstände geschildert, die Stauffenberg zum Umdenken brachten und ihn zur zentralen Figur im Widerstand machten.
Die "Operation Walküre" und die Einzelheiten des Scheiterns des Umsturzversuchs, der grundsätzlich auch ohne Hitlers Tod denkbar gewesen wäre, sind Gegenstand weiterer Abschnitte, gefolgt von Betrachtungen zu den Persönlichkeiten und politischen Zielen des Widerstands innerhalb der Wehrmacht und angeschlossener Kreise, die ja keineswegs homogen waren. Auch die Einstellung in den Reihen des Widerstands zum Genozid an den Juden wird untersucht.
Den Abschluss bilden die "Prozesse" gegen die Protagonisten des Attentats vor dem Volksgerichtshof in Berlin und die Verhängung und Vollstreckung der Todesurteile.
75 Minuten reichen natürlich nicht aus zur detaillierten Betrachtung der Ereignisse um den 20. Juli 1944 und der Persönlichkeit Stauffenbergs; das vorliegende Feature gibt jedoch einen fundierten Einblick in die Anschauungen, die Stauffenberg leiteten, und die Folgen, die seine Entscheidungen und sein Handeln zeitigten.
Stauffenberg wird als Sohn seiner Zeit und seiner Gesellschaftsschicht porträtiert, der zunächst mit dem Nationalsozialismus sympathisiert, jedoch seine Auffassung nach dem Bekanntwerden der Massenerschießungen in der Sowjetunion und weiterer Gräuel radikal ändert. Der Hörer erkennt, wie schwierig für einen Offizier der Weg in den Widerstand war: nicht nur aus praktischen Gründen, sondern vor allem aufgrund der notwendigen totalen mentalen Kehrtwendung.
Häufig bleibt bei Betrachtungen zum Widerstand unverständlich, warum Stauffenberg überhastet vom Führerhauptquartier abreiste, und warum er nicht sein eigenes Leben während des Attentats riskierte, um ganz sicherzugehen. Aus dem Feature werden die Hintergründe hierfür klar ersichtlich: der extreme "Personalmangel" beim Widerstand, der ja auch den Umsturz hätte leiten und organisieren müssen, und Stauffenbergs Doppelfunktion als Attentäter und vorgesehener "Strippenzieher" beim sich an den Anschlag anschließenden Putsch. Vor allem eine Reihe unglücklicher Umstände, Unwägbarkeiten und Zufälle, die das durchaus gut geplante Attentat zum Scheitern brachten, werden aufgedeckt.
Der eigentliche Kapiteltext wird jeweils ergänzt von Original-Tonaufnahmen und so interessanten wie aufschlussreichen Zitaten aus Zeitzeugenberichten. Auch Stauffenbergs ältester Sohn nimmt Stellung und schildert seine eigenen Beobachtungen.
Spannend und dramatisch, dabei ohne unangemessene Effekthascherei und überzogenes Pathos, bereitet das Feature die Ereignisse im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 auf und bietet eine differenzierte Betrachtung des Werdegangs von Stauffenberg, einem Großen unter den Persönlichkeiten, deren mutig-verzweifelte Aktion trotz ihres Scheiterns letztlich einen Gewinn für Deutschland darstellte.