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 The Last Winter


Cover
Gesamt ++---
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Der US-Ölkonzern North Industries will die unberührten Ölvorkommen in Alaska ausbeuten. Über Eisstraßen sollen die Förderanlagen zu einer vielversprechenden Bohrstelle gebracht werden, wo schon in den achtziger Jahren eine Testbohrung durchgeführt worden ist; die Ergebnisse wurden jedoch über all die Jahre hinweg unter Verschluss gehalten. Der bärbeißige Ed Pollack (Ron Perlman) und sein Team sollen den Transport überwachen – unter den argwöhnischen Augen des Umweltschutzbeauftragten James Hoffman (James LeGros). Dessen Warnungen über die besorgniserregenden Temperaturanomalien stoßen bei Pollack auf taube Ohren, bis die Gruppe mit unerklärlichen Vorfällen konfrontiert wird: Mitten im arktischen Winter setzt Regen ein, unheimliche Gestalten suchen das Camp heim, und dann stirbt auch noch ein Crewmitglied unter rätselhaften Umständen.
Als schließlich die Kommunikationsmöglichkeiten zusammenbrechen, begeben sich Pollack und Hoffman auf die Suche nach Rettung – und müssen sich vor dem schlimmsten Feind retten, den die Menschheit je hatte: Mutter Natur.

Dass Klimawandel und globale Erwärmung in Hollywood längst nicht mehr eine Randerscheinung sind, steht spätestens seit "The Day after Tomorrow" wohl außer Frage: Angesichts schmelzender Gletscher, abgeholzter Regenwälder und steigender Meeresspiegel zaubern Hollywoods CGI-Magier turmhohe Tsunamis und mächtige Tornados auf die Leinwand und verpacken so den erhobenen Öko-Zeigefinger in mainstreamtaugliche Special-Effects-Overkills, in denen die grüne Botschaft auch gerne mal untergeht. Dass es aber nicht immer der CGI-Holzhammer sein muss, beweisen vor allem Independent-Streifen wie Larry Fessendens "The Last Winter", der wie ein Mix aus "Das Ding aus einer anderen Welt" und "The Happening" daherkommt.

Die Ausgangssituation ist beileibe nicht neu, verspricht aber nichtsdestotrotz viel: Eine abgelegene Forschungsstation – diesmal nicht im ewigen Eis der Arktis, sondern in der unerschlossenen Wildnis Alaskas –, eine kleine Mannschaft mit Selbstzerstörungspotential, die nach und nach dezimiert wird, und rätselhafte Vorfälle, die eine schreckliche Wahrheit offenbaren. Regisseur Larry Fessenden ("Wendigo") zieht seinen Horrorthriller leise und ohne Hektik auf: Kühle Panoramaeinstellungen der schneebedeckten Weiten Alaskas, ruhige und nicht selten ausgedehnte Kamerafahrten durch die Gänge der Forschungsstation – keine Spur von ermüdenden 08/15-Schockmomenten und leicht durchschaubaren Standardsituationen, stattdessen spielt der Film ganz bewusst mit einer bedrohlichen Stille, die den Zuschauer in Unruhe versetzen soll.

Leider überspannt Fessenden den Bogen, und das nicht zu knapp: Im ersten Drittel des Films werden die Figuren eingeführt, ihre Konstellationen zueinander aufgedeckt und der Plot eröffnet. Hierfür lässt sich der Film aber mehr Zeit, als ihm gut tut, sodass die Geduld des Zuschauers auf eine harte Probe gestellt wird: Expeditionsleiter Pollack war mit einer der Forscherinnen des Camps zusammen, die vergnügt sich nun mit dem Öko-Apostel, der mit dem Pollack so gar nicht kann, was auf Gegenseitigkeit beruht, außerdem soll Pollack aus dem Sohn seines besten Freundes einen "echten" Mann machen, ist selbst aber noch Bettnässer – kurz und gut: die Probleme der einzelnen Charaktere, ihre Hintergründe und ihre Beziehungen zueinander werden breit geredet, ohne dass die Figuren irgendwie an Profil gewinnen, von Sympathiewerten ganz zu schweigen. Der Cast kommt dem Film hierbei nicht gerade zu Hilfe: Die Schauspieler agieren eigenartig distanziert, auch Ron Perlman ("Hellboy") spielt seine Rolle als bärbeißiger Teamleiter irgendwie kalt und reserviert, sodass jede Handlung und jeder Dialog das Publikum unberührt lässt.

Fessendens Hang zu ausgiebigen Panoramaeindrücken und ausgedehnten Kamerafahrten, zu pingeligen Charakterzeichnungen und Dialogen, die mit vielen Pausen in die Länge gezogen werden, wird "The Last Winter" schließlich zum Verhängnis. Fessenden geht zwar den richtigen Weg, wenn er kraftlosen Genrekonventionen, wie sie das Kino leider zurzeit im Würgegriff haben, absagt und stattdessen dem Zuschauer nach guter alter "Shining"-Manier durch eine unheimlich ruhige Erzählweise die Kehle zuschnüren will. Doch er kann nicht maßhalten und schießt somit weit über das Ziel hinaus; gute Absichten und vielversprechende Ideen reichen eben nicht aus, um aus einer interessanten Ausgangsbasis ein Fest für Freunde der gepflegten Gänsehaut zu machen.

Stattdessen setzt das Drehbuch die Präferenzen ungeschickt, stellt die Figuren und ihre Probleme allzu oft in den Vordergrund, während es die Plotentwicklung auf der Stelle treten lässt. Gleichzeitig bleibt das Konfliktpotential innerhalb des Teams ungenutzt, sodass man sich eigentlich die Frage stellt, weshalb so viel Zeit darin investiert wurde, die Differenzen zwischen den Figuren so übersorgfältig herauszuarbeiten. Handlungselemente wie die unter Verschluss gehaltenen Ergebnisse der 80er-Jahre-Testbohrung werden dem Zuschauer als besonders wichtig und bedeutungsschwanger verkauft, nur um dann sang- und klanglos wieder in der Versenkung zu verschwinden. Das sind keine raffiniert gelegten falschen Fährten, sondern einfach nur Indizien für eine schlampige und vernachlässigte Plotentwicklung. Nicht anders verhält es sich mit den unterschiedlichen Erklärungsmöglichkeiten für die rätselhaften Vorfälle im Camp, die ins Spiel gebracht: Von halluzinogenen Naturgasen bis hin zu indianischen Dämonen wird alles Mögliche aufgelistet, unkoordiniert und unbeholfen, wie die Auflösung, die den Zuschauer mit einem ungläubigen Kopfschütteln zurücklässt.

Die Blu-ray-Auswertung überzeugt im Großen und Ganzen: Das Bild besticht mit guten Schärfewerten und natürlichen Farben, vereinzelt fällt aber ein leichtes Bildrauschen auf. Der DTS-HD-Ton wartet mit einer klaren Dialogwiedergabe und einem guten Raumklang auf, bleibt über weite Strecken aber ein wenig unspektakulär – was jedoch auf den Film selbst zurückzuführen ist. Die Extras fallen sehr mager aus, mehr als vier Trailer hat die Disc nicht zu bieten. Ferner liegt der Blu-ray ein Wendecover bei.

Fazit:
Unterkühlter Greenpeace-Thriller, dem Spannung und Ideen irgendwo im Schneegestöber abhanden gekommen sind. So bleibt "The Last Winter" als überambitioniertes wie spannungsarmes Independent-Kino im Gedächtnis, in das mehr Mühe und Sorgfalt hätte hineingesteckt werden müssen.

Michael Höfel



Blu-ray Disc | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4041658292009 | Erschienen: 6. August 2010 | FSK: 16 | Laufzeit: 97 Minuten | Originaltitel: The Last Winter | Preis: 14,90 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch (DTS-HD Master Audio 7.1), Englisch (DTS-HD Master Audio 7.1)

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