Ein unbemerkt mordender Serienmörder ist für sich genommen schon ein Thema, aus dem Karen Rose einen beängstigenden Thriller stricken könnte, aber wie gewohnt geht sie noch einen Schritt (mindestens) weiter.

Nach all den Morden im Verborgenen hat der Mörder sich ein neues Ziel gesetzt. Die sogenannte Hat Squad, die Elitetruppe der Polizei von Minneapolis, soll vorgeführt werden, ihr Ruf zerstört. Zu diesem Zweck mordet er öffentlich, lässt seine Taten bekannt werden - geht dabei aber so geschickt vor, dass die Polizei und die Medien komplett im Dunkeln tappen. Noah Webster und sein Partner Jack Phelps werden auf den Fall angesetzt - doch Jack ist keine große Hilfe, ständig hört er das Telefon angeblich nicht und ist nicht zur Stelle, wenn Noah ihn braucht. Dafür tritt Eve auf den Plan, selbst Gewaltopfer geworden und heimlich in Noah verliebt. Sie ist zugleich die Verbindung zwischen allen Opfern: Sie nahmen alle an einer Studie für ihre Diplomarbeit in Psychologie teil. Zusammen versuchen Noah und Eve den Mörder zu fassen, dabei gerät Eve selbst in das Visier des Wahnsinnigen.

Dass Karen Rose Thriller schreibt, die unter die Haut gehen, ist mittlerweile nicht nur in ihrer Fangemeinde bekannt. Immer wieder schafft sie es, dem Leser den Atem stocken zu lassen, ihn um die Protagonisten bangen zu lassen.
Eine Besonderheit ihrer Bücher ist es, dass immer alle Charaktere irgendwie miteinander verbunden sind. Auch Eve Wilson ist bereits aufgetaucht (in "Eiskalt ist die Zärtlichkeit" und "Der Rache süßer Klang"), einige der anderen Personen der genannten Bücher treten hier zumindest am Rande wieder in Erscheinung. Diese Zusammenhänge sind nicht unbedingt realistisch - so klein ist die Welt dann doch nicht -, aber äußerst charmant, um auch bei neuen Thrillern und Reihen eine gewisse Vertrautheit zu transportieren.

Eine weitere Ähnlichkeit über alle Bücher hinweg ist der Aufbau. Es gibt stets den gewieften, brutalen und sadistischen Mörder, der lange intelligenter als die Polizei erscheint. Ebenso bahnt sich immer eine Liebesgeschichte an, so wie diesmal zwischen der Studentin Eve und dem Detective Noah. Diese beiden schleppen Dämonen mit sich herum und trauen sich kaum, sich ihre Gefühle einzugestehen und sich auf die Beziehung einzulassen. Zu viel Angst haben sie davor, dass die Verletzungen der Vergangenheit sich wiederholen könnten oder dass sie selbst dem anderen nicht gut genug sind. So wird die Jagd nach dem Mörder immer wieder mit kleinen romantischen Gesten oder großen Liebesszenen aufgelockert.

Selbst wenn man etwas ahnen kann, wie die Geschichte aufgebaut sein wird, ist sie dadurch nicht langweilig. Auch dadurch, dass man früh eine Vermutung hat, wer der Täter sein könnte, verliert die Handlung nicht an Spannung. Atemlos verfolgt man mit, wie Eve und Noah versuchen, dem Mörder näher zu kommen. Dass er eine persönliche Rechnung offen hat mit der Hat Squad, zu der Noah gehört, macht die ganze Suche noch bedrohlicher. Der Mörder wartet nur auf die Chance, zuzuschlagen und auch Eve und Noah in seine Sammlung einzureihen. Wie nah er den beiden dabei kommt, merkt der Leser immer wieder in den eingestreuten Kapiteln, die sein Vorgehen und seine kranken Gedanken behandeln Für allzu empfindliche Gemüter ist auch dieser Thriller nichts, es wird blutig, brutal, grausam und verstörend - wie von Karen Rose gewöhnt.

Ein noch relativ unverbrauchter Schachzug ist der Ausgangspunkt der Opfersuche in der virtuellen Realität. Auch wenn der Mörder seine Opfer im "echten" Leben trifft, quält und tötet, bahnt sich der Kontakt online an, in einer Art Second Life, dem "Shadowland". Hier findet Eves Studie statt, die alle Opfer verbindet, hier fühlten sich die ermordeten Frauen frei und glücklich. Eine Illusion, die ihnen schnell genommen wird.

Zum Abschluss des Buches gibt es noch ein kurzes Interview mit der Autorin über ihre Inspiration und ihre Art zu schreiben.

Für Fans von Karen Rose ist auch dieses Buch wieder ein Muss, das den Leser über 600 Seiten lang in Atem hält und ihn unruhig schlafen lässt, denn die Angst, die der Mörder, der mit den tiefsten Ängsten seiner Opfer spielt, schürt, wirkt auch nach dem Schließen des Buches noch nach.

Zum Titel: Auch wenn der deutsche Titel "Todesstoß" lautet, hat dieser Roman keinen direkten Zusammenhang mit der Todestrilogie ("Todesschrei", "Todesbräute" und "Todesspiele") der Autorin