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Man nehme einen schauderösen Buchtitel, der sich auf ein aktuelles Phänomen bezieht, und schon hat man eine Art Gradmesser, das die Buchkäufer in jene einteilt, die jedem Schnack hinterherlaufen, und jene, die keinem einzigen hinterherlaufen mögen und sich auf Altbewährtes verlassen. Doch manchmal ist es nicht so einfach.
Was Rainer Grunert schreibt, kommt zunächst wie ein typischer Angstmacher daher und man argwöhnt, dass sich eine recht sektenmäßige und völlig unpraktizierbare Lösung mit reichlich esoterischem Schnickschnack darauf setzen könnte. Aber Bücher fangen nun mal mit einer Problemanalyse an, zumindest wissenschaftliche und auch populärwissenschaftliche, und die Frage ist eben, wohin diese Bücher führen.
Die ersten beiden Kapitel sind Selbstgänger. Zunächst wird die Frage nach der Fairness der Wirtschaft gestellt. Man braucht nicht vor Intelligenz zu strotzen, um das Faule in der aktuellen Ökonomie zu sehen. Dann wird der Notstand, die ungleiche Verteilung von Arm und Reich, dargestellt. Und auch hier kann man nur alles abnicken, was Herr Grunert schreibt.
Nun aber kommt genau das, was man von diesem Buch nicht erwartet. Zunächst fordert der Autor ein bedingungsloses Grundeinkommen. Das ist eigentlich die Forderung von verknöcherten Marxisten. Als solcher hatte sich der Autor bisher noch nicht geoutet. Er wird es auch weiterhin nicht tun.
Dann soll die Souveränität der Staaten beschnitten werden. Statt dass die Landverteilung in der Hand einer Nation liegt, soll diese von der UNO verwaltet werden. Das Zusammenhorten von Landmassen soll damit ausgebremst werden.
Schließlich schlägt der Autor ein völlig anderes Steuer- und Geldwesen vor. Statt Kapitalakkumulation betreiben zu können, werden die Kapitalgesellschaften durch eine weltweit regulierte Inflation bedingt unwirtschaftlich gemacht. Auch das ganze Kreditwesen wird so umgestaltet, dass Banken zwar Kredite vergeben können, damit aber keine großen Gewinne mehr erwirtschaften können. Vor allem erläutert Grunert recht ausführlich, warum keine Spekulationsblasen mehr entstehen können.
Grunert schreibt hier ein Buch, klar, einfach, nachvollziehbar, das tatsächlich einen ungewöhnlichen Ansatz darstellt, allerdings eben nicht ganz so ungewöhnlich. Wenn man sich die Expertisen der UNO zu einer fairen Weltwirtschaft durchliest, findet man sehr ähnliche Gedanken. Grunert zitiert diese dann auch häufiger.
Der Autor hat übrigens keine Scheu zuzugeben, dass sein Ansatz derzeit nicht realisierbar ist und dass der Übergang von der derzeitigen Wirtschaftsordnung zu einer zukünftigen mit schweren Krisen verbunden sein wird, da sich bestimmte Regelkreise in der Wirtschaft mehr oder weniger rasch auflösen werden und hier dann eine Zeit lang Alternativen fehlen werden.
Man stellt gerne zwei große Staatsökonomien einander gegenüber. Die eine, die siegreiche, die des Neoliberalismus, die andere, die unterlegene, die des Sozialismus. Ein dritter Weg wird nicht oder nur selten propagiert. Diesen allerdings findet man hier. Diese Wirtschaftsordnung ist liberal. Aber ihr wird der Zahn des Neoliberalismus entschieden gezogen, indem zum Beispiel Spekulation und Dumping-Löhne unmöglich gemacht werden.
Mithin ist es ein höchst spannendes, höchst bedenkenswertes Buch. Lassen Sie sich nicht vom Titel täuschen. Hier wird kein blauer Himmel über graue Wolken gemalt, sondern eine höchst brisante Vision zur Debatte gestellt, möglicherweise eine der wichtigsten, die in den letzten Jahren erschienen sind.
Kaufen? Kaufen!