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Wenn vom Impressionismus die Rede ist, geht der Blick im Allgemeinen nach Frankreich und hin zu Ölgemälden. Eine andere Sicht auf diese Stilrichtung bieten die Internationalen Tage Ingelheim 2014 (vom 5. April bis 15. Juni in Ingelheim, vom 29. Juni bis 21. September in Hamburg): Die Ausstellung zeigt Werke deutscher Impressionisten - auf Papier.
Im Katalog zur Ausstellung, den der Verlag Hatje Cantz präsentiert, geht es vor allem darum, die eigenständigen Aspekte des deutschen Impressionismus herauszustellen, der, wie in Frankreich, nicht zuletzt einen Protest gegen das künstlerische "Establishment" darstellte. Ebenso aber macht die Beschränkung auf papiergebundene Techniken die Ausstellung und somit auch den Katalog zu etwas Besonderem.
Auf die einleitenden Texte und Übersichten folgt eine Einführung zum Thema, dem sich bereits der Katalogteil mit Werken von dreizehn Malern anschließt, deren bekannteste Max Liebermann, Max Slevogt, Lovis Corinth und Emil Nolde sind. Auch zwei Frauen, Maria Slavona und Anna Gerresheim, werden vorgestellt. Den Bildern jedes Künstlers geht eine Erläuterung zu dessen Schaffen voran.
Doch das Buch (und die Ausstellung) beschränkt sich nicht auf die Malerei: Es präsentiert zudem den mit impressionistischen Stilmitteln arbeitenden Fotografen Heinrich Kühn und die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff, die bei Rodin gelernt hat. Ein abschließendes Kapitel befasst sich mit den Schriftstellern George, Walser und Rilke, in deren Werke impressionistische Elemente einflossen.
Im Anhang findet der Leser Biografien der vorgestellten Künstler, den Fotonachweis und das Impressum.
Wer den Impressionismus hauptsächlich mit Ölgemälden verbindet, staunt zunächst über die Vielfalt der Möglichkeiten, die das Papier den Impressionisten bot. Bleistift, verschiedene Radierungen, Tusche, Gouache, Kohle, Pastell - jedes Material erschließt eigene Aussagen, ergibt sich aus einer anderen Motivation. Den Autoren der Textbeiträge gelingt es zudem, sowohl die Gemeinsamkeiten des deutschen mit dem französischen Impressionismus als auch die Unterschiede herauszuarbeiten. Dabei gehen sie jedoch immer primär auf die einzelnen Künstler ein, von denen sich viele nicht einfach über einen Kamm scheren lassen. Als sehr interessant erweist sich die Einbeziehung von Nolde, dessen Oeuvre den Übergang vom Impressionismus zum Expressionismus vollzieht. Auch ist hervorzuheben, dass neben dem großen Dreigestirn Liebermann, Slevogt und Corinth die weniger berühmten Künstler in diesem Buch eine angemessene Würdigung erfahren, sodass ein vielschichtiger, komplexer und doch stimmiger Überblick über das Thema vermittelt wird.
Selbstverständlich geht es in einem solchen Katalog nicht primär um Wissensvermittlung, sondern um die Präsentation der Exponate. Diese lässt, wie man es vom Verlag gewohnt ist, nichts zu wünschen übrig: Jedem Bild steht - mit wenigen Ausnahmen - eine Seite zur Verfügung, wobei der "Platz" mit Rücksicht auf das Format des Werks optimal genutzt wird. Bei der Anordnung wurde darauf geachtet, dass die einander auf Doppelseiten gegenüberstehenden Werke miteinander harmonieren. Papier und Druck sind von sehr guter Qualität, keine Reflexionen stören.
Manchem Leser wäre es vielleicht entgegengekommen, wenn die Biografien zu Beginn der Kapitel über jedem einzelnen Künstler stünden. Es würde viel Blättern ersparen. Andererseits dürfte es Betrachter geben, die sich zunächst auf die Texte zum künstlerischen Hintergrund der Maler beschränken möchten. So mag dieser Einwand auf einer Geschmackssache basieren.
Ein fesselndes Thema in gelungener Umsetzung! Der zu einem ausgesprochen fairen Preis angebotene prächtige Band eignet sich wie die meisten modernen Ausstellungskataloge nicht nur für Besucher der "Internationalen Tage", sondern bietet jedem Kunstinteressierten einen ungewohnten, sorgfältig konzipierten Einblick in den Impressionismus, wie er sich in Deutschland ausprägte.
Die Möglichkeit, im Buch zu "blättern", wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.