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Birmingham, 1984: Die elfjährige Kate ist ein hochintelligentes, doch auch einsames Mädchen. Ihre Tage verbringt sie größtenteils damit, sich mit großem Ernst ihrer selbst gegründeten Detektiv-Agentur zu widmen. So durchstreift sie jeden Tag nach einem bestimmten Zeitplan das Einkaufszentrum, um Verdächtige zu beschatten und mögliche Verbrechen aufzuklären. Kates ständiger Begleiter ist Mickey, ein Stoffaffe, der stets aus ihrer Tasche hervorlugt und ebenfalls die Augen offen hält. Doch eine Tages verschwindet Kate. Was ist mit dem Mädchen geschehen?
Etwa zwanzig Jahre später: Der Wachmann Kurt traut seinen Augen nicht, als er auf dem Schirm der Überwachungskamera im Einkaufszentrum ein kleines Mädchen entdeckt, aus dessen Tasche ein Stoffaffe lugt. Es ist mitten in der Nacht und das Mädchen ist anscheinend ganz allein. Was tut die Kleine im Einkaufszentrum?
"Was mit Kate geschah" ist der Debütroman von Catherine OFlynn; das Buch erhielt als Auszeichnungen den "First Novel Prize" und den "Costa Book Award". OFlynn ist ein außerordentlich faszinierendes Buch gelungen, das den Leser sofort in seinen Bann schlägt. Der erste Teil, der von Kate und ihrer Detektivarbeit handelt, ist noch recht witzig, teils skurril, aber auch hier schlägt bereits die Einsamkeit und Nachdenklichkeit des Mädchens durch, das zu "anders" ist für gleichaltrige Spielkameraden. Ihr einziger Freund ist der 22-jährige Sohn eines Ladenbesitzers. Als Kate dann spurlos verschwindet, fällt der Verdacht natürlich direkt auf den jungen Mann. Kate und ihre ernsthafte kleine Welt voller potentieller Verbrecher schließt man sofort in sein Herz; man würde gerne noch mehr von ihr lesen und erfahren, ob sie als Detektivin bald echte Fälle aufklärt, doch dann endet dieser Teil des Romans und wir sehen Kate zunächst nicht wieder.
Der zweite Teil des Romans beschreibt eindringlich den Mikrokosmos des Einkaufszentrums, in dem Kate sich bewegt hat und in dem der Wachmann sie auf einer Kamera erblickt. Ob es sich um ein Trugbild handelt und was wirklich mit Kate geschah, das ist die Frage, die den Leser natürlich brennend interessiert. Aber bevor diese Frage beantwortet wird, gibt Catherine OFlynn einen ziemlich schmerzhaften Einblick in die Welt des Shopping-Komplexes und die Welt der Menschen, die dort arbeiten. Es ist eine durch und durch trostlose Umgebung für diejenigen, die dort angestellt sind und die Tag für Tag furchtbar stupide Arbeiten verrichten müssen, und eine Welt des glitzernden Luxus für die, die dort einkaufen. Betrachtet man den Gebäudekomplex, so erscheint alles sinnlos - die Menschen sind einsam, flüchten sich in Konsum, haben kein echtes Leben. Alle Protagonisten führen Leben voller Einsamkeit, voller falscher Entscheidungen, voller Träume, die sich nicht erfüllen. Die Autorin verflechtet geschickt die Schicksale einzelner Angestellter und führt alle Erzählfäden am Ende gekonnt zusammen - um dann endlich die Frage zu beantworten, was mit Kate geschah. Dies steht aber nicht im Vordergrund, so dass dieses Buch nur vordergründig ein Krimi ist. Mehr geht es um die Entwicklung der Figuren im Laufe der Handlung; einige schaffen es sogar, aus der Einöde und der vordergründigen Glitzerwelt auszubrechen und ihr Leben in die Hand zu nehmen.
Ein großartiger, origineller Erstling - ernst und skurril, traurig und herzergreifend.