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Andreas ist 32 Jahre alt und ein erfolgreicher Kinderarzt, der für "Ärzte ohne Grenzen" um die Welt reist. Durch einen mysteriösen Anrufer in einer Radiosendung, in der er gerade ein Interview gibt, wird Andreas auf schmerzhafte Weise wieder an seine Vergangenheit erinnert und damit an Ereignisse, die sechzehn Jahre zurückliegen und die er nur zu gerne verdrängen würde.
Damals waren Andreas und seine Freunde – der dicke Niklas, die beiden Zwillingsschwestern Elke und Miriam und Andreas' damals bester Kumpel Robert – in ihrem verschlafenen Heimatdorf Perchtal einer ungeheuren Sache auf die Spur gekommen: Alle sechzehn Jahre verschwinden in Perchtal immer wieder Kinder spurlos, und das schon seit Hunderten von Jahren. Hinter all dem steckt eine durch und durch böse Macht, die unter Perchtal lauert und immer am 6. Dezember, am Nikolaustag, ihr grauenhaftes Gesicht zeigt …
Nun muss Andreas zurückkehren und sich erneut dem Schrecken stellen, der ihn und seine Freunde damals beinahe das Leben gekostet hat. Können sie dem Ding, das seit Jahrhunderten im Verborgenen lauert, diesmal entgegentreten und es für immer besiegen?
"Weißer Schrecken" ist ein spannender Mystery-Horrorthriller von Thomas Finn ("
Der Funke des Chronos"), der geschickt Spannung und Grusel mit dem alten Brauchtum rund um den Nikolaus und seinen Knecht Ruprecht verknüpft. Je weiter man sich in die Geschichte einliest, umso erstaunter ist man, was es tatsächlich mit den vielen liebenswerten Bräuchen um den 6. Dezember auf sich hat und wie weit sich das Brauchtum mitsamt seinen Schattenseiten zurückverfolgen lässt. Finn hat ausgezeichnet recherchiert und alles zu einer wirklich unheimlichen und bedrohlichen Schauergeschichte verbunden, die von der ersten bis zur letzten Seite unterhaltsam ist.
Der größte Teil des Romans berichtet aus der Vergangenheit und erzählt, wie sich die fünf Freunde aus dem eingeschneiten Perchtal im Jahr 1994 dem Bösen stellen müssen. Dabei decken die Jugendlichen nach und nach auf, dass auch die meisten Erwachsenen im Dorf in die ungeheuerlichen Ereignisse verstrickt sind. Wem können sie nun noch trauen? Ihre Eltern sind ihnen bei ihrer lebensgefährlichen Aufgabe keine Hilfe: Andreas Vater ist nach dem Selbstmord der Mutter nie zuhause und entlastet sein schlechtes Gewissen seinem Sohn gegenüber mit teuren Geschenken. Elkes und Miriams Eltern sind dem religiösen Wahn verfallen, Niklas Mutter hat versucht, ihren Sohn umzubringen, und Roberts Mutter ist eine Alkoholikerin, die meistens nicht ansprechbar ist.
"Weißer Schrecken" erinnert in vielen Punkten sehr stark an Stephen Kings "ES" (damit wirbt auch der Verlag Piper): Kinder, die durch das Schicksal zusammengeschweißt werden und sich einer bösen Macht entgegenstellen müssen, während von den Erwachsenen keine Hilfe zu erwarten ist. Ein kinderfressendes Etwas tief unter der Erde, das vielleicht sogar von einem anderen Planeten stammt. Eine Stadt, die seit Jahrhunderten Schuld auf sich geladen hat. Eine Gruppe fieser Jugendlicher, die sich als ärgste Widersacher entpuppen. Und die inzwischen erwachsenen Protagonisten, die aufgrund eines Schwurs nach vielen Jahren in ihre Heimat zurückkehren, um sich erneut dem Schrecken zu stellen - genauso sieht die Handlung bei "ES" aus. Zum Glück hat Thomas Finn einen völlig anderen Hintergrund für seinen Roman gewählt und viele eigene, originelle und dennoch schlüssige Ideen eingebracht, so dass "Weißer Schrecken" nicht wie ein Abklatsch wirkt, auch wenn die Parallelen wie bereits erwähnt sehr deutlich sind.
Schön für etwas ältere Leser sind die Abstecher ins Jahr 1994 – wer selbst in dieser Zeit ein Teenager war, wird sich in sehr vielen Dingen wiedererkennen und sich über die kleinen Seitenhiebe freuen, die Finn immer wieder eingeflochten hat.
"Weißer Schrecken" ist ein sehr spannender Horrorthriller, der geschickt alte Mythen und altes Brauchtum mit plakativem Schrecken verbindet. Durch die Nikolaus-Thematik ist das Buch auch gut als augenzwinkerndes Geschenk unterm Weihnachtsbaum beziehungsweise im Nikolausstiefel geeignet. Danach wird der Beschenkte den 6. Dezember garantiert mit völlig anderen Augen sehen!
Zum Buchtrailer auf der Website des Verlags: "Weißer Schrecken"