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Dieses Buch erzählt zwei Geschichten. Zum einen ist es autobiographisch, zum anderen ein Erlebnisbericht.
Lizzie bekommt, als sie acht Jahre alt ist, von einem Freund ihres Vaters, dem Schriftsteller W. H. Auden, fünfzig Pfund für ein eigenes Pony zugesteckt. Aus verschiedenen Gründen aber bekommt sie dieses Pony doch nicht. Einen großen Teil ihrer Jugend verbringt sie in Reitställen, lernt berühmte Persönlichkeiten wie Peter O?Toole und Anjelica Houston kennen. Erst mit dreiundfünfzig, nachdem sie ein zweites Mal ein Pferd versprochen bekommen hat und dieses Versprechen - peinlicherweise von ihrem Ehemann - nicht eingelöst wurde, wird ihr zum dritten Mal ein Pferd geschenkt. An diesem Geschenk ist alles ungewöhnlich: Denn das Pferd ist ein Bumbry, eines jener seit langer Zeit ausgewilderten Pferde, die durch das Outback Australiens ziehen und niemandem gehören.
Das Pferd selber sieht Lizzie von einem Helikopter aus und ist sofort von dessen natürlicher Eleganz und Schönheit beeindruckt. Die Freunde, bei denen sie sich aufhält, erzählen ihr, dass es schwierig sein wird, das Pferd einzufangen. Da es Teil einer Herde ist, muss man zunächst der Herde ihre natürlichen Führer nehmen. Das heißt, man müsse den Leithengst und die Leitstute töten. Die Gefahr, dass das ausgesuchte Pferd dabei verletzt wird, sei relativ groß.
Von dieser Idee ist Lizzie abgestoßen. Sie recherchiert nach Alternativen und mit Hilfe einer Freundin gewinnt sie die Mithilfe des australischen "Pferdeflüsterers" Ron. Dieser schlägt vor, statt nur dieses eine Pferd zu fangen, die ganze Herde einzupferchen und zu zähmen.
Der Reiz dieses Buches hätte folgendes sein können: Das Leben der Autorin zwischen den Reichen, Schönen und Kreativen spitzt sich in der Erfahrung mit der Zähmung wilder Pferde zu und wandelt sich bei der Erfüllung eines lang gehegten Wunsches.
Lizzie Spender ist tatsächlich dort am besten, wo sie die Arbeit mit den Pferden beschreibt. Ihr Erlebnisbericht wird mit Erläuterungen zu dem Verhalten von Pferdeherden, ihrer Rangordnung, ihrer Körpersprache untereinander angereichert. Das kann sie großartig. Sie ist einerseits sehr wissenschaftlich, andererseits drückt sie ihre Faszination in einer lebendigen und dichten Beschreibung aus. Hier ist das Buch wunderschön und teilweise überaus spannend.
Andererseits gerät der autobiographische Aspekt ihres Buches zu einem reinen name-dropping. Zwei Wochen mit Peter O'Toole? Darüber hätte ich gerne mehr gehört, als dass es wundervoll und aufregend war. Und die langjährige Freundschaft mit Anjelica Houston, die Bekanntschaft mit der Mutter des Medientycoons Rupert Murdoch: All dies wird angeschnitten, aber weder kleine Szenen, noch Dialoge, noch Anekdoten würzen dies. Es ist pure Langeweile. Die Menschen stehen wie sinnlose Überbleibsel einer vergangenen Zivilisation in diesem Buch herum. Auch den von ihr und einer Freundin geschossenen Fotos, die man im Bildteil des Buches bewundern kann, merkt man dies an: sie lichten Unbedeutendes in guter Qualität ab.
Diese Zwiespältigkeit bewahrt sich Lizzie Spender in der ganzen Sprache: Wenn sie von Pferden, vom Outback Australiens berichtet, erweist sie sich, wenn nicht als begnadete Sprachkünstlerin, so doch mit einem sehr guten Handwerkszeug ausgestattet. Aber ihre Schilderungen von Menschen sind selten berührend, häufig hölzern, manchmal geradezu peinlich. Und so unwirklich die Autorin mit anderen Menschen umgeht, so bringt sie sich auch selbst ein. Wenn es um Pferde geht, spürt man ihre Begeisterung, ansonsten ist sie so papieren wie das Material, auf dem ihr Text gedruckt ist. Und das überwiegt dann leider alles Gute an ihrem Buch.
Ihr Vater, der preisgekrönte englische Dichter Stephen Spender, Zögling von T. S. Eliot und Virginia Woolf, Freund von Auden und Isherwood, hat selbst eine hervorragende und prägnante Autobiographie vorgelegt, die seiner Tochter hätte ein Leitfaden sein können. Diesen hat sie in fast jeglicher Weise unterboten. Das Buch dürfte selbst hartgesottenen Pferdefans über weite Strecken zu wenig sein.