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Als Seth, ein zurückgezogener, stiller Junge, fünfzehn ist, stürzt seine Mutter Jamie nachts in ihrem Haus von einer Galerie metertief auf einen Steinboden. Sie überlebt den Unfall, die Ärzte im Krankenhaus sind sich jedoch unschlüssig, was ihr fehlt, denn sie benimmt sich sonderbar. Seth und sein Vater verschweigen, dass die Mutter schon seit Jahren langsam verfällt, dass sie Dinge vergisst, Namen, Ereignisse, und schließlich auch manchmal, dass Seth ihr Sohn ist. Die Diagnose, die endlich gestellt wird, ist dennoch schockierend: Jamie leidet an einer Frühform von Alzheimer. Ihr Verfall wird sich weiter fortsetzen, unaufhaltsam, bis zu ihrem Tod. Während die Ereignisse sich zuspitzen und die Mutter schließlich in ein Pflegeheim gegeben werden muss, will Seth sich nicht abfinden mit der Krankheit seiner Mutter und vor allem damit, dass er nichts über ihre Vergangenheit weiß. Er beschließt, auf eigene Faust zu forschen, knackt die Datenbank eines Spezialisten für Alzheimer-Fälle und beginnt, auf den Spuren seiner Mutter Interviews mit anderen Erkrankten zu führen.
Währenddessen, im viele Meilen entfernten Texas, lebt der alte Abel auf einer völlig verfallenen Farm. Seit 21 Jahren wartet er auf die Rückkehr seiner Tochter, die nach einer furchtbaren Katastrophe aus seinem Leben verschwand. Auch hier ist die seltene Alzheimer-Erkrankung, die verhältnismäßig junge Leute trifft und ihr Gehirn unwiederbringlich zerstört, der Schlüssel zu den tragischen Ereignissen. Abel weiß nicht, dass irgendwo ein fünfzehnjähriger Junge nach der Vergangenheit forscht - und dass die beiden irgendwann aufeinander treffen werden ...
"Wie ich mich einmal in alles verliebte" ist der Debütroman des US-amerikanischen Schriftstellers Stefan Merrill Block. Der Titel, den der deutsche Verlag gewählt hat, ist, wie so oft, ziemlich unpassend, denn der Originaltitel lautet "The Book of Forgetting". Und um das Vergessen geht es hier, in vielen Formen: Die an Alzheimer Erkrankten vergessen ihre Verwandten, ihren Namen, schließlich sich selbst. Abel versucht, die vergangenen Ereignisse zu verdrängen, genauso wie Seths Eltern ihre Vergangenheit einfach in Vergessenheit geraten haben lassen, sehr zum Leidwesen ihres Sohnes, der nichts über die Familiengeschichte weiß. Was ist man ohne seine Vergangenheit, ohne seine Erinnerung? Was sind wir, wenn wir alles vergessen haben?
Als Verknüpfung der einzelnen Handlungsstränge in diesem Roman und als bildliche Darstellung des Vergessens und Erinnerns hat der Autor eine kleine Geschichte gewählt, die märchenhaft anmutet. So wie Abel diese Geschichte als Kind erzählt bekam, bekommt sie auch Seth von seiner Mutter berichtet; sie wird von Generation zu Generation weitergegeben. In dieser Geschichte geht es um das Land Isidora, in dem alle Menschen glücklich und zufrieden sind, weil sie keine Erinnerungen haben. Hier gibt es kein Leid und keine Trauer, und jeden Moment verlieben sich die Einwohner von Isidora aufs Neue unsterblich, weil sie die Menschen, die sie umgeben, nicht mehr wieder erkennen können.
Leicht und locker gehen die Geschichten von Seth und seiner Mutter, von Abel und dem goldenen Land Isidora Hand in Hand. Nach und nach werden die Zusammenhänge dem Leser klar, und er kann nicht mehr aufhören, Seite um Seite dieses tragikomischen Buches zu lesen, das trotz der ernsten Thematik süchtig macht. Nebenbei berichtet Block auch, wie die Frühform von Alzheimer sich ausgebreitet haben könnte und was Alzheimer mit dem Gehirn der Erkrankten tut.
"Wie ich mich einmal in alles verliebte" ist eine zarte, traurige und dramatische, aber auch manchmal skurrile und humorvolle Auseinandersetzung mit einer furchtbaren Krankheit, sehr emotional, aber nie schwülstig geschrieben. Wer sich für Alzheimer interessiert, der sollte diesen Roman unbedingt lesen. Er ist Coming-of-Age-Geschichte, Familiensaga, Drama und Liebesgeschichte zugleich. Ein bemerkenswertes Debüt eines noch sehr jungen Autors, hier darf man auf jeden Fall auf weitere Bücher gespannt sein!