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Der italienische Semiotiker Umberto Eco ist vor allem als Autor solcher Romane wie "Der Name der Rose", "Das Focaultsche Pendel" und "Baudolino" bekannt. Auch seine humorvollen Streichholzbriefe mögen dem einen oder anderen Leser bekannt sein. Doch Eco ist in erster Linie Wissenschaftler, und so verwundert es nicht, dass er über die Jahre eine enorme Anzahl an wissenschaftlichen Arbeiten erstellt hat. Aus diesem Fundus an Erfahrung im Erstellen von Aufsätzen und umfangreicheren Werken hat er im Jahr 1977 einen Leitfaden für Studenten zum Verfassen wissenschaftlicher Abschlussarbeiten veröffentlicht, der auch auf Deutsch nun bereits in der elften Auflage vorliegt.
Als erstes ist zu sagen, dass das Buch übersichtlich strukturiert ist. Nach einem kurzen, einleitenden Kapitel, in dem sich Eco mit der Frage nach dem Sinn und Zweck einer Abschlussarbeit auseinandersetzt, widmet er sich ausgiebig dem Problem der Themenwahl. Kapitel III befasst sich mit der Materialsuche, Kapitel IV mit dem Erstellen eines Arbeitsplans und der Anlage eines Karteikartensystems. Kapitel V schließlich widmet sich dem eigentlichen Akt des Schreibens, während das letzte Kapitel umfassende Informationen zur Schlussredaktion solch einer Arbeit enthält.
Umberto Eco zählte bereits 1977 zu den alten Hasen im wissenschaftlichen Geschäft, weswegen seine Ratschläge durchaus Gewicht haben. Er weiß, wo all die Probleme und Stolperfallen beim Erstellen wissenschaftlicher Hausarbeiten liegen, und kann dies dem Leser auch klar verdeutlichen. Ebenso erhält der Band sehr viel Grundwissen, welches für die Arbeit unerlässlich ist. Gerade die lästigen handwerkliche Dinge werden von Eco noch einmal angesprochen, und er weiß, wovon er redet.
Leider hat dieses Buch aber auch ein paar Nachteile, die nicht verschwiegen werden sollen. Zum einen schreibt Eco aus der Sicht eines Professors des italienischen Hochschulsystems, denn der Band war nicht primär für die Übersetzung in andere Sprachen - und damit die Verwendung ausländischer Studenten an ausländischen Hochschulsystemen - intendiert.
Zum anderen - und darin liegt das eigentliche Problem des Buches - merkt man ihm sein Alter deutlich an. Eco geht beim Verfassen der Arbeit von der Verwendung einer Schreibmaschine aus, ein Anachronismus, der an keiner Hochschule heutzutage mehr vorstellbar wäre. Zum Zeitpunkt des Verfassens war der Rechner jedoch noch eine Kuriosität, die erst Jahre später Einzug in die Arbeitszimmer von Professoren wie Studenten hielt. Heute ist der PC dagegen gang und gäbe. Ebenso findet man in dem Buch kein Wort über die Verwendung des Internets als Unterstützung für die Recherchearbeit, worunter natürlich auch elektronische Bibliotheksdatenbanken fallen, die heute an jeder Universität zum Standard gehören.
Damit wird das Buch selbst - trotz seiner zahlreichen Tipps und Tricks, die auch heute noch für viele Studenten wertvoll wären - zu einem lebenden Anachronismus. Lebend deshalb, weil es weiterhin publiziert wird und sich ob seiner hohen Auflage scheinbar auch bestens verkauft, wofür zu nicht geringem Maße wohl der Name Eco verantwortlich sein dürfte. Gerade deshalb wäre es dringend nötig, dieses Buch einer gründlichen Überarbeitung zu unterziehen. Das wäre der - zu Recht - hoch geachtete Professor aus Bologna sich und seinen Lesern schuldig.
Das Werk hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits enthält es eine Vielzahl sinnvoller Ratschläge, die sich jeder Student verinnerlichen sollte, will er seine Doktor-, Diplom- oder Magisterarbeit zu einem glücklichen Abschluss bringen. Leider hat sich das Buch andererseits selbst überlebt, da es seit 29 Jahren nicht aktualisiert wurde, was im Zeitalter des Internets fast schon als Äon gelten kann. So kann nur der Rat gegeben werden, sich jene Kapitel herauszupicken, welche sich mit den grundsätzlichen Dingen beim Verfassen einer Abschlussarbeit auseinandersetzen. Für Hinweise zur Verwendung moderner Hilfsmittel und Technologien sei dem Leser jedoch zu einem aktuelleren Werk geraten.