In den vierziger Jahren verbreitete sich weltweit das Wild-Card Virus. Ein Viertel der Menschheit starb, die Kinder der anderen kamen teilweise infiziert zur Welt. Sie kamen mit Mutationen zur Welt. Joker, wie sie genannt werden, haben sichtbare körperliche Veränderungen, sind teilweise übernatürlich stark und körperlich unterscheiden sie sich von nicht infizierten Menschen. Dann gibt es da noch die Asse. Sie sehen nach außen hin wie der normale Durschnittstyp aus, haben aber besondere Gaben. Das ist cool und manchmal auch sehr nützlich, hilft aber nicht immer dabei, im Leben zurechtzukommen. Jonathan Hive, zum Beispiel, kann sich in einen Wespenschwarm verwandeln. Feine Sache, aber es bezahlt nicht die Miete.
Da erscheint eine neue TV-Show auf der Bildfläche. Asse kämpfen in einer Art Big-Brother Wettbewerb um den Titel des American Superhero.
Das ist die Idee. Tausende Asse bewerben sich und die glücklichen Kandidaten bilden fortan vier Teams, die in Wettbewerben gegeneinander antreten. Denn darum geht es im Leben. Seine Gaben auszuspielen, die Welt zu überzeugen und zu gewinnen, oder?

"Wild Cards" ist George R. R. Martins neuer Roman, sein Herzensprojekt, so war es in den Ankündigungen zu lesen. Das stimmt, aber es ist nicht alles, denn Martin ist nicht der Autor, sondern der Herausgeber des Buchs. Von ihm stammen auch die Rahmengeschichte und ein Teil der Story. Es haben sich aber auch andere Autoren mit Geschichten daran beteiligt, und zwar so namenhafte wie Daniel Abraham, Melinda M. Snodgrass und Carrie Vaughn. Das macht "Wild Cards" nicht nur zu einem interessanten Projekt, einem Roman, der immer wieder auf andere Protagonisten sein Augenmerk richtet, sondern der auch seine Perspektive und seinen Erzählfluss immer wieder ändert. Dadurch ist das Buch nicht durchgehend homogen, aber immer lesenswert. Bemerkenswert ist, dass es sich hier eben nicht um eine Sammlung von Kurzgeschichten handelt, sondern, dass es eine Rahmenhandlung gibt, die sich entwickelt und die die Figuren vorantreibt, denen sich dadurch die eine oder andere moralische Frage stellt. Ist es wirklich immer wichtig zu gewinnen? Ist Ruhm alles und hilft er in der wirklichen Welt? Wäre es nicht gerechter und ehrlicher, den Hilflosen beizustehen, oder kann es sogar völlig falsch sein?
Solche Fragen sind nicht einfach zu beantworten, denn natürlich ist die TV-Show nur der Anfang von allem. Die Asse sind ja nicht alleine und an so manchem Ort auf der Welt geht die Unterdrückung von Minderheiten weiter. Wie also gehen Menschen damit um, die besondere Kräfte haben, aber vielleicht keine Ahnung von Taktik oder Politik? Der Leser merkt hier am deutlichsten, dass George R. R. Martin nicht der alleinige Autor des Romans ist, denn in seinen anderen Büchern zeigt er weitaus vielschichtigere Handlungen und weniger Moral. Das Richtige zu tun ist in Wild Cards sehr einfach und vorhersehbar und wenn das Buch einen Mangel aufzuweisen hat, dann, dass Amerika sich aufmacht, um die Welt zu retten. Ach, bitte.
Zum Glück ist es dann doch nicht ganz so einfach, denn jede Figur hat mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen. Sei es die verzweifelte Suche nach Anerkennung, seien es die Erwartungen der Familie und Freunde oder die schlichte Notwendigkeit einen Job zu finden, es gibt unterschiedliche Beweggründe zu handeln, wie die Asse es tun und nicht immer führen die besten Absichten zum Ziel.
"Wild Cards - Das Spiel der Spiele" erschien im Original bereits 2008 und ist der Auftakt einer Reihe. Es bleibt abzuwarten, wie sich die weiteren Bände entwickeln. Sicher wird das Buch ein anderes Publikum ansprechen, als die Leser der Game of Thrones-Reihe.
Das macht aber nichts, denn ebenso sicher verfügt "Wild Cards" über interessante Protagonisten, über die der Leser mehr erfahren und mit denen er mitfiebern kann.

Eine Leseprobe ist auf der Verlagsseite zu finden.