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 Willkommen bei den Sch'tis


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Eigentlich ist Philippe Abrams (Kad Merad) mit seiner Stelle als Postfilialenleiter im südfranzösischen Salon-de-Provence zufrieden, wären da nicht die Depressionen seiner Frau Julie (Zoé Félix), die sich ein Leben an der Côte d’Azur wünscht. Ihr zuliebe bewirbt er sich für einen leitenden Posten an der französischen Riviera, doch macht ihm die Gleichbehandlung einen Strich durch die Rechnung: Ein körperlich Behinderter wird Philippe vorgezogen. Um den Haussegen doch noch zu retten, gibt er sich im nächsten Versetzungsgesuch als Behinderter im Rollstuhl aus. Doch der Betrug fliegt auf und Philippe wird für zwei Jahre strafversetzt – zu seinem Entsetzen nach Bergues in der Provinz Nord-Pas-de-Calais, hoch oben im äußersten Norden Frankreichs. Diese Region gilt im Süden als unwirtliches und rückständiges Land, das gesamte Jahr hindurch kalt und dunkel und bewohnt von beschränkten Hinterwäldlern, die man aufgrund ihres schwer verständlichen Dialekts die Sch’tis nennt.
Philippe ergibt sich in sein Schicksal und tritt seine neue Stelle im Norden an. Der erste Kontakt mit den Sch’tis lässt seine Stimmung auf den absoluten Gefrierpunkt sinken: Er fährt den Postboten Antoine (Dany Boon) mit dem Auto an, bezieht eine möbelfreie Dienstwohnung und hat so seine Verständigungsschwierigkeiten mit Kunden und Kollegen. Doch schon bald muss der biedere Postbeamte seine Vorurteile gegenüber den „Nordlichtern“ relativieren: Bergues ist eine liebevolle Kleinstadt und kein arktischer Vorposten, die Menschen sind herzlich und zuvorkommend und seine Kollegen geben ihm Nachhilfe im Sch’ti-Dialekt. Im Glauben, ihr Mann mache die Hölle auf Erden durch, verwöhnt Julie Philippe jedes Wochenende, während er im Norden lernt, das Leben zu genießen. Doch dann plant Julie plötzlich aus ehelicher Verbundenheit, ihm im angeblich barbarischen Norden beizustehen …

Mehr als zwanzig Millionen Zuschauer strömten 2008 in die französischen Kinos, in Deutschland ließen sich zwei Millionen „Willkommen bei den Sch’tis“ nicht entgehen. Die Komödie von Regisseur Dany Boon, der auch die Rolle des Antoine übernahm, gilt somit als der erfolgreichste französische Film aller Zeiten, womit auch die DVD aus dem Hause Prokino wirbt. Solche Anpreisungen sagen bekanntlich nicht zwingend etwas über die Qualität eines Films aus und sind folglich mit Vorsicht zu genießen. Im Falle dieser vergnüglichen Komödie können aber sämtliche Vorsichtsmaßnahmen getrost fallen gelassen werden.

Dany Boon greift in „Willkommen bei den Sch’tis“ weit verbreitete Klischees, welche die Südfranzosen von den Einwohnern der Region Nord-Pas-de-Calais besitzen, auf und führt sie in einer herrlich witzigen Komödie augenzwinkernd ad absurdum. Getragen wird der Film dabei in erster Linie von seinen hervorragenden Darstellern: Kad Merad spielt den biederen Postbeamten, der nach und nach seine Vorurteile abbaut, fühlbar aus vollem Herzen und Dany Boon brilliert mit seiner Darstellung des liebenswerten Postboten Antoine, der mit 35 Lenzen noch immer bei seiner Mutter lebt. Auch die übrige Besetzung zeichnet sich dadurch aus, dass sie ihre Figuren mit viel Liebe und Enthusiasmus ausfüllen; hier hat Boon ein durch und durch sicheres Händchen bei der Auswahl der Darsteller bewiesen.

Was die Figuren so liebenswert macht, ist der Sch’ti-Dialekt, der im Mittelpunkt des Films steht: Aus einem s-Laut wird ein „sch“, anstelle eines „du“ kommt ein „duda“ zum Einsatz und Sätze werden grundsätzlich mit einem schrillen „häh“ beendet. Wenn die Einwohner von Bergues einmal so richtig loslegen und Philippe nur Bahnhof versteht, reden sie nicht selten aneinander vorbei. Die Dialoge, die sich daraus entspinnen, sprühen regelrecht vor Witz und Charme und jagen dem Zuschauer Tränen in die Augen. Gleichzeitig führt die deutsche Übersetzung vor Augen, wie viel Sprachwitz der Film im Original besitzen und was alles bei der Übertragung ins Deutsche verloren gegangen sein muss; für Freunde der französischen Sprache ist der Originalton somit verpflichtend. All jene, die der Sprache der Grande Nation nicht mächtig sind, haben aber keinen Grund, Trübsal zu blasen: Für die deutsche Übertragung wurde ein fiktiver Dialekt konstruiert, der die Eigentümlichkeiten und den Charme des Sch’ti vortrefflich wiedergibt. Die deutsche Synchronisation glänzt mit sorgfältig ausgewählten Sprechern, allen voran „Stromberg“ Christoph Maria Herbst, der als Antoine sein beachtenswertes Talent als Synchronsprecher unter Beweis stellt.

Nur um kein falsches Bild zu vermitteln: Der Film setzt weder auf tiefgründigen Humor noch auf oscarreife Charakterdarstellungen. Stattdessen schubst er den Zuschauer von einer brachial humorigen Szene in die nächste, bevölkert Bergues mit einfach, aber charmant gezeichneten Figuren und entspinnt eine herzerwärmende Liebesgeschichte zwischen dem schüchternen Antoine und der Postbeamtin Annabelle, die nicht um Klischees herumkommt. Die Komödie pflegt einen unkomplizierten und direkten Humor, frei von jeglichem anspruchsvollen Hintersinn, doch gerade darin liegt ihr großer Wert: Kein aufgesetzter Witz, kein über das Ziel hinausschießender Ulk, sondern eine heitere Dauerbelastung für die Lachmuskeln, die mit fühlbarer Hingabe gespielt wurde. Eine unverfälschte Komödie, frei von aufgezwungenem Humor oder Unterhaltungsabsenz und gerade deshalb so treffsicher menschlich.

Das Bonusmaterial rundet den positiven Eindruck ab: In einem 12-minütigen Special spricht Christoph Maria Herbst über die Herausforderung, für die deutsche Übersetzung eine Kunstsprache zu schaffen, und lässt sich im Synchronstudio vom Zuschauer über die Schulter schauen. Daneben warten die Extras mit einem 38-minütigen Interview mit Dany Boon, einer kurzen Doku über das Leben in Bergues nach Erscheinen des Films sowie der obligatorischen Trailershow auf.

Die Kaufversion der DVD beinhaltet die deutsche sowie die französische Tonspur jeweils in Dolby Digital 5.1, zusätzlich den deutschen Ton in DTS 5.1; letzterer ist am Cover nicht angegeben. Weiters sind deutsche Untertitel vorhanden.

Fazit: Ein bezaubernder und vergnüglicher Film für die ganze Familie, mit viel Witz erzählt und von liebenswerten Figuren getragen. Rückblickend ist „Willkommen bei den Sch’tis“ ohne Zweifel eine der gelungensten europäischen Komödien der letzten Jahre.

Bild- und Tonqualität können nicht beurteilt werden, da es sich um eine Presse-DVD handelt, die von der Kaufversion abweichen kann.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 1 | EAN: 4260170490087 | Erschienen: 17. September 2009 | FSK: 0 | Laufzeit: 102 Minuten | Originaltitel: Bienvenue chez les Ch’tis | Preis: 12,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1 und DTS 5.1), Französisch (Dolby Digital 5.1)

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