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Lieber soll er als tot gelten, so entscheidet Édouard, der verletzte Frontsoldat, als dass seine Familie ihn so entstellt sieht, wie er nun ist. Heldenhaft hat er einen Kameraden gerettet, als eine Granate ihm den Unterkiefer fortriss. Nun liegt er im Krankenhaus und weiß keinen Ausweg. Sein Kamerad Albert fühlt sich nun verpflichtet, sich um ihn zu kümmern und vertauscht kurzerhand Dokumente, damit Édouard als tot gilt. Fortan schlagen sich die beiden gemeinsam durchs Leben und das mehr schlecht als recht. Frankreich ist nicht gut zu seinen Heimkehrern und die beiden Freunde sind bald von Armut bedroht. In ihrer Not lassen sie sich auf einen Betrug ein und handeln bald schwarz mit Kriegsdenkmälern. Reich werden sie dadurch nicht, im Gegenteil. Das große Geld macht ihr ehemaliger Leutnant d'Aulnay-Pradelle, ein echter Karrierist, dem jede Methode recht ist. Ausgerechnet Édouards Familie macht in ihrer Trauer den beiden Freunden einen Strich durch die Rechnung und versucht, den Betrug aufzudecken.
Autor Pierre Lemaitre gewann für seinen Roman "Wir sehen uns dort oben" 2013 den Prix-Goncourt und überzeugte Kritiker mit einer ebenso schrägen wie packenden Erzählung, die mit unglaublichen Wendungen aufwarten kann und die Schrecken des Krieges und seiner Folgen eindrücklich vor Augen führt. Albert und Édouard, die ehemaligen Kriegskameraden, befinden sich in einer ausweglosen Situation, aus der es kein Entrinnen gibt. Aus purer Verzweiflung fassen sie einen aberwitzigen Plan, der sie einerseits beflügelt, andererseits aber auch immer tiefer in den Schlamassel hineinreitet. Im Kontrast dazu steht ihr vormaliger Leutnant Henri d'Aulnay-Pradelle, der ausgerechnet Édouards Schwester heiratet und dem jedes Mittel recht ist, an Geld zu gelangen.
Aberwitzig ist die Geschichte Alberts und Édouards, ironisch und bissig. Die Heuchelei der Gesellschaft wird vorgeführt, wenn einerseits monumentale Denkmäler für die Gefallenen errichtet werden, die Soldaten indes nicht mehr gebraucht werden und keinen Fuß mehr fassen können. Bei einer derartigen Vielschichtigkeit ist es kein einfaches Unterfangen, dies in einem Comic zu verarbeiten. Doch Pierre Lemaitre gelingt es, indem er Zeichner Christian de Metter ins Boot holt, der schon für die zeichnerische Umsetzung von "Shutter Island" und "Scarface" verantwortlich war. Auch diese Adaption gelingt ihm eindrucksvoll, sei es, indem er die verhärmte Trauer der Hinterbliebenen einfängt, oder die überdrehten Masken, die Édouard nun trägt, um seine Verstümmelung zu kaschieren.
Was weder Autor noch Zeichner versuchen, ist das Innenleben der Figuren einzufangen. Wie im Roman meiden sie, sich in Èdouard hineinzuversetzen. Auch die Reue und die Trauer des Vaters wird nur gezeigt, nicht ausgeleuchtet. In diesem Fall ist das ein Vorteil, denn es würde der Handlung ein ganz anderes Gewicht verleihen und den Schwerpunkt ändern. So bleibt die bissige Gesellschaftskritik im Vordergrund, nicht die Schwermut der Trauer.
Kompliment an Pierre Lemaitre und Christian de Metter, die einen preisgekrönten Roman exzellent umgesetzt haben und einen feinen, ironischen und nachdenklich machenden Comic geschaffen haben, der es wert ist, gelesen zu werden.
Ein Blick ins Buch ist auf der Verlagsseite möglich.