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 "Wir sind auf einem Vulkan"

Napoleon und Bayern

Autoren: Thomas Schüler
Verlag: C. H. Beck

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Napoleon und Bayern – das ist zugleich eine Erfolgsgeschichte und eine Tragödie. Durch Napoleon wurde Bayern zu einem Königreich, musste dafür aber als Bündnispartner auch in den Russland-Feldzug ziehen und schmerzhafte Verluste erdulden. In dem vorliegenden Band "Wir sind auf einem Vulkan" zeichnet der Historiker und Publizist Thomas Schuler die Geschichte dieses wechselvollen Verhältnisses nach. Als Ausgangspunkt beleuchtet er hierzu zunächst einmal die Haltung des Kurfürstentums Bayern während der Französischen Revolution, die schlichtweg als antirevolutionär bezeichnet werden kann. Die expansionistischen Bestrebungen Österreichs und die zunehmende Sorge um die eigene Selbstständigkeit ließen den bayerischen Kurfürsten jedoch wanken, sodass er sich schließlich auf die Seite Napoleons, dem vermeintlich stärkeren Bündnispartner schlug, welcher zudem noch mit Gebietserweiterungen lockte.

Vater unser, der du bist Napoleon, gepriesen werde dein Name, zukomme uns ein Teil von Österreich, dein Wille geschehe wie in Frankreich, so auch in Bayern, gib uns den Frieden und vergib uns unsere Schulden von 1799 (...) (Ein bayerischer Bürger auf dem Höhepunkt seiner Napoleonbegeisterung)


Im Zentrum des Buches steht sicherlich das Jahr 1805, in dem nicht nur der österreichische Angriff auf Bayern dank Napoleon abgewehrt werden konnte, sondern auch die Erhebung Bayerns zum Königreich erfolgte. Dies stärkte Bayern außenpolitisch und bewirkte zudem innenpolitische Reformen. Mit den "Schlachten des Jahres 1809" und dem Feldzug gegen Russland rücken dann vor allem die kriegerischen Auseinandersetzungen an der Seite Napoleons in den Mittelpunkt, bevor sich im Jahre 1813 die Fronten erneut verschoben. Bayern wechselte rechtzeitig auf die Seite der siegreichen Alliierten zurück und konnte in den anschließenden Verhandlungen auf dem Wiener Kongress zwar nicht alle von Napoleon zugesprochenen Gebiete, aber zumindest seinen Status als Königreich behalten.

Abgerundet wird der Band schließlich durch einen ausführlichen Anmerkungsapparat, eine detaillierte Bibliographie sowie durch ein Personen- und Ortsregister.

Mit diesem Band legt Thomas Schuler eine ausgezeichnete Darstellung vor, die das ambivalente Verhältnis der Bayern zu Napoleon präzise, aber nicht ausufernd aufschlüsselt. Hierbei kann Schuler zeigen, dass dieses Verhältnis selbst in der Phase, als Bayern von Napoleon mit der Königswürde aufgewertet wurde, keineswegs nur eine Erfolgsgeschichte war, sondern stets von kritischen Stimmen aus dem Volk begleitet wurde. Spätestens mit dem Russland-Feldzug an der Seite Napoleons wurden diese Stimmen auch im engeren Machtzirkel des bayerischen Königs wieder lauter, sodass sich die Fronten bald verschoben.

Neben den großen Akteuren hat Schuler stets auch einen Blick für das einfache Volk und unterstreicht diese Ansichten durch zahlreiche prägnante Quellenzitate. Als Kronzeuge für den Russland-Feldzug fungiert hier beispielsweise der Soldat Albrecht Adam, dessen Aufzeichnungen Schuler viel Raum geben, da sie eine sehr gute Vorstellung vermitteln, was die bayerischen Soldaten fern ihrer Heimat sahen und erlebten. Auch an anderen Stellen greift Schuler auf die Stimmen des Volkes zurück, die bisweilen urbayerische Züge tragen.

Dass wir das Grab von Napoleons Herrlichkeit vor uns sehen und Moskau bald als Aschehaufen verlassen müssten, daran dachte Niemand.
(Der bayerische Soldat Albrecht Adam rückblickend über den Russland-Feldzug an der Seite Napoleons)


Um das Verhältnis zwischen Bayern und Napoleon hinreichend zu beschreiben, kommt Schuler dennoch nicht umhin, auch auf die diplomatischen Verflechtungen sowie kriegerischen Konstellationen einzugehen. Ohne hierbei jedes Detail zu erwähnen, schafft er insgesamt ein stimmiges Gesamtbild, das jeden einzelnen Handlungsschritt klar und deutlich auf den Punkt bringt. Selbst die Kriegszüge lassen sich, obwohl etwa detailliertere Karten zu den Kriegsschauplätzen fehlen, auf diese Weise gut nachvollziehen.

Immer wieder geht Schuler dabei auch auf künstlerische Verarbeitungen von bestimmten Ereignissen ein wie beispielsweise den Berthier-Zyklus, einer zentralen Bildquelle zum Krieg der bayerisch-französischen Koalition gegen Österreich. In vielen, wenn auch nicht in allen Fällen, sind die im Text angesprochenen Werke auch im Band abgebildet. Da das Buch neben Schwarz-Weiß-Abbildungen im Innenteil auch einige Farbabbildungen enthält, kann es jedoch sein, dass der Leser dieser erst suchen und zuordnen muss. Ein entsprechender Seitenverweis im Text oder unterhalb des Bildes fehlt.

Eine Besonderheit des Bandes ist sicherlich, dass der Autor auch auf die heute noch sichtbaren Hinterlassenschaften der napoleonischen Zeit in Bayern eingeht – und sei es nur die "Napoleon-Pizzeria" in Rohr, welche damals noch Brauerei "Weinzell" hieß und Napoleon als Hauptquartier während der Schlacht von Abensberg (1809) diente. Dass solche Gegenwartsbezüge nicht von ungefähr kommen, wird bei einem Blick auf die vom Autor betriebene Webseite schnell klar. Hier finden Interessierte zahlreiche Informationen zum Thema und der Autor selbst kann für verschiedene Napoleonführungen an den bayerischen Originalschauplätzen gebucht werden.

FAZIT: Ein kurzweiliger Band, der das ambivalente Verhältnis Bayerns zu Napoleon präzise, aber nicht ausufernd darlegt. Auf der Grundlage vielfältiger Stimmen und mit einer nachvollziehbaren Mischung aus Struktur- und Kriegsgeschichte entwirft Schuler so eine ausgezeichnete "Beziehungsgeschichte", die gleichermaßen unterhaltsam und fachlich versiert ist.

Weitere Informationen zum Buch, eine Leseprobe sowie ein Blick ins Inhaltsverzeichnis finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 6. Mai 2015 | ISBN: 9783406676635 | Preis: 24,95 Euro | 319 Seiten | Sprache: Deutsch

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