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Es gibt viele Schauspieltheorien und vieles Wissenswerte zum Improvisationstheater, aber wenn jemand einfach einen ganzen Haufen an Übungen braucht, wo findet er die dann? Für Übungs- und Workshopleiter bei weitem nicht nur im Bereich des Improvisationstheaters ist dieses Praxisbuch geschrieben, und an der Praxis ist es auch ganz und gar orientiert.
In vier Kapiteln gibt es neben kleinen Einführungen vor allem eines, Übungen, Spiele und alles, was man mit Gruppen veranstalten kann. Die Übungen sind sehr kurz beschrieben, in einigen Fällen durchaus auch zu kurz, aber die Fülle weiß zu gefallen.
Im ersten Kapitel geht es um Ankomm- und Aufwärmübungen. Ist man dem Alltag verhaftet, kann man nicht kreativ werden, körperlich und geistig muss man warm werden, im Übungsraum, auf der Bühne ankommen, das ist ganz wichtig. Und da gibt Autor Radim Vlcek schon mal eine Fülle von Übungen. Raumlauf- und Spaßübungen bringen den Kreislauf in Wallung, es gibt aber auch ein paar Spiele, die eher nichts mit Theater zu tun haben und sich besser für Partys eignen. Vertrauensspiele und Übungen, um die Angst vor Körperkontakt abzubauen, sind auch in diesem Kapitel versammelt, obwohl die nicht zwingend an den Anfang eines Übungszeitraums gehören.
Im zweiten Kapitel geht es um die Selbsterfahrung, um das Kennenlernen des eigenen Ichs, des eigenen Körpers, der eigenen Empfindung. Körperarbeit und Entspannung steht im ersten Fokus, dann folgen weitere Vertrauens- und Körperkontaktübungen, um schließlich über Emotionen zu den ersten Bühnenschritten zu kommen.
Von der Erfahrung, was man selbst ist, geht es im dritten Kapitel zu der Erfahrung, was man selbst sein könnte, also was man darstellen kann, wie man sich in eine andere Person verwandelt. Hier gibt es Übungen zum Anfang von Improvisationsszenen, zur Fantasieförderung, zur Dramaturgie der Improvisationen, hier spezialisiert sich das Buch also wirklich auf das Improvisationstheater, das es ja auch im Titel führt. Diese Übungen sind allerdings zum größten Teil noch nicht bühnentauglich.
Die bühnentauglichen Übungen, die Kurz- und Langformen der Improvisation und damit auch viele klassische Spiele des Theatersports, die gibt es im vierten Kapitel. Da wird auch klar gemacht, wie man das Publikum einbaut, wie man eine Bühnenshow konzipiert.
Ein Buch mit Stärken und Schwächen, aber auf jeden Fall eines, das sich zu kaufen lohnt, will man Theater anleiten, Theater treiben - und das muss noch kein Improvisationstheater sein. Speziell die ersten beiden Kapitel sind mit ihrer Unzahl von Übungen, bei denen immer auch angegeben ist, was bezweckt wird, gelungen. Die Übungen und Spiele sind in Kästen übersichtlich angeordnet und meistens gut erklärt, auch wenn Radim Vlcek sich viele Worte gespart hat. Er schreibt sehr anschaulich, überlässt aber manchmal auch die genaue Ausgestaltung der Übung dem Leser. Kommt der an solcher Stelle nicht mit dem klar, was Vlcek schreibt, kann er diese Übung abhaken. Allerdings sind es so viele Übungen, dass die wenigen, die nicht so gut beschrieben sind, nicht wirklich ins Gewicht fallen. Speziell das letzte Kapitel über Theatersport ist dann aber vielmehr Zitat als eigene Leistung, da lohnt sich die Lektüre von
"Theatersport" von Keith Johnstone, seines Zeichens Erfinder des Theatersports, doch eher. Da sind einfach noch mehr Übungen drin, und der theoretische Überbau wird auch erklärt.
Dieses Buch ist voll und ganz der Praxis gewidmet, ein schnelles Nachschlagewerk für den Theaterpädagogen, der gerade keine Idee hat oder der ein spezielles Problem beseitigen will. Für Gruppen, die mit Improvisationstheater anfangen wollen, ist es ein Grundstock, den man noch ausbauen sollte. Als letztes ein kleiner Kritikpunkt: Es fehlt die Differenzierung zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die ja immer auf verschiedene Übungen anspringen.