Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Gefühl | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Die Nachricht trifft Charlotte O’Keefe kurz vor der Geburt ihrer zweiten Tochter wie ein Schlag ins Gesicht: Das Kind, das sie unter dem Herzen trägt, wird an der Glasknochenkrankheit leiden. Doch die kleine Willow ist ein Wunschkind, und natürlich bringt Charlotte sie zur Welt. Damals ahnt sie noch nicht, wie sich ihr Leben dadurch verändern wird: Beim kleinsten Stoß brechen Willows Knochen. Dutzende von Brüchen hat sie schon in ihrem ersten Lebensjahr durchlitten. Die Krankheit bringt die Familie an ihre finanziellen Grenzen.
Dann kommt Charlotte mit einem Anwalt in Kontakt, der ihr ein verlockendes Angebot unterbreitet: Wenn sie ihre Frauenärztin auf einen Kunstfehler hin verklagt, könnte sie im günstigsten Fall mit einer Schadensersatzzahlung in Millionenhöhe rechnen: Millionen, mit denen sie Willows Leben einfacher und angenehmer gestalten könnte, denn die Krankenversicherung zahlt längst nicht alles, was das kleine Mädchen bräuchte.
Das Problem an der Sache: Die Frauenärztin ist gleichzeitig ihre beste Freundin. Und Charlotte muss vor Gericht behaupten, dass sie Willow abgetrieben hätte, wenn sie rechtzeitig von deren Krankheit erfahren hätte …
Kontrovers, spannend, nachdenklich stimmend – Jodi Picoults Bücher lassen nicht kalt. Die Autorin scheut sich nicht davor zurück, Tabu-Themen aufzugreifen und aus mehreren Blickwinkeln, auch unbequemen, zu betrachten. „Zerbrechlich“ stellt hier keine Ausnahme da.
Wie die meisten von Jodi Picoults jüngeren Romanen wird „Zerbrechlich“ aus mehreren Perspektiven erzählt. Hier sind es unter anderem die von Charlotte, die ihrer besten Freundin und Frauenärztin, die ihres Mannes, die ihrer erstgeborenen Tochter und der ihrer Anwältin. Sie alle reagieren unterschiedlich auf die Situation und auf Charlottes Entscheidung, vor Gericht zu gehen. Das Bild, das die Autorin dadurch zeichnet, ist komplex und vielschichtig. Egal welche Partei der Hörer zu Anfang ergreift oder welchen Standpunkt er vertritt, im Verlauf der Handlung lernt er die Motivation der verschiedenen Personen zumindest verstehen. Zudem ist es interessant zu beobachten, welche Auswirkung Charlottes Entscheidung zu klagen auf ihr Umfeld, insbesondere natürlich auf ihre Familie hat. Beinahe mühelos, so scheint es, durchleuchtet Jodi Picoult, was einen Menschen dazu treibt, die eigenen Moralvorstellungen über Bord zu werfen. Nebenbei streut sie unaufdringlich Informationen über die Glasknochenkrankheit in den Roman ein und zeichnet ein erschütterndes Bild diese Leidens.
Die sechs Sprecher, die Lübbe Audio verpflichtet hat, die verschiedenen Perspektiven zu verkörpern, sind hervorragend ausgewählt. Sie interpretieren den Text glaubhaft. Von Lesung und Inhalt geht eine Sogwirkung aus, der man sich nicht entziehen kann. Einziges Manko ist es vielleicht, dass sich die Stimmen von Dana Geissler als Charlotte und Nicole Engeln als Frauenärztin und Freundin ziemlich ähneln, so dass es mitunter einen Moment dauert, bis der Hörer realisiert hat, wer gerade in der Ich-Form die Geschichte weitererzählt. Da sich die Perspektivwechsel jedoch inhaltlich gut unterscheiden lassen, wird das nicht zum Problem.
Insgesamt ist „Zerbrechlich“ ein intensives, bewegendes Hörbuch. Es packt und berührt und ist deshalb unbedingt empfehlenswert!