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Als Spieler übernimmt man in diesem im Jahre 2004 als "Spiel des Jahres" ausgezeichneten Spiel die Leitung einer Bahngesellschaft, deren Ziel es ist, in Nordamerika ein möglichst großes Transportnetz zu errichten und bestimmte Städte miteinander zu verbinden. Doch im Konkurrenzkampf eignet sich das gegnerische Unternehmen schon mal gerne die Verbindung an, die man selbst benötigt hätte - der Druck ist groß.
Seltsamerweise steht das eigentliche Spielprinzip von Alan R. Moons Eisenbahnnostalgie-Spiel in absolut gar keinem Zusammenhang mit dem auf der Packung abgedruckten Szenario, in dem es um eine Wette über eine Million Dollar geht, wer in sieben Tagen die meisten Städte Nordamerikas bereisen kann. Wer also bei "Zug um Zug" eine Art Wettrennen erwartet, wird enttäuscht. Eine Neuauflage oder Fortführung von "Union Pacific", ebenfalls von Alan R. Moon, ist "Zug um Zug" ebenfalls nicht.
Selten ist ein Brettspiel so schnell erklärt und so einfach. Gewonnen hat in "Zug um Zug" derjenige, der zum Schluss die meisten Punkte besitzt, welche man durch das Verbinden von Städten bekommt oder durch spezielle Aufgabenkarten, die einem auftragen, zwei bestimmte Städte miteinander zu verbinden, was allerdings erst zum Schluss aufgedeckt wird.
Auf dem Spielplan finden sich anfangs viele amerikanische Städte, die zu ihren Nachbarn unbesetzte Zugverbindungen in mehreren Farben und von verschiedener Länge vorweisen. Diese Farben korrespondieren - bis auf grau - mit den vielen Wagenkarten, die in einem Stapel am Rande des Spielbretts liegen. Die Spieler sammeln nun Karten in den von ihnen benötigten Farben. Will man also beispielsweise Montréal und New York direkt miteinander verbinden, muss man, wie auf dem Plan verzeichnet, drei blaue Wagenkarten sammeln.
Wenn man am Zug ist, darf man entweder nach den speziellen Regeln des Spiels zwei Wagenkarten ziehen oder eine einzige Strecke auf dem Spielplan bauen, indem man für die ausgesuchte Strecke entsprechend viele Karten der benötigten Farbe abgibt, die Verbindung mit seinen Wagenfiguren besetzt und auf der Punkteleiste weiter vorrückt (wobei längere Strecken wesentlich mehr Punkte bringen), oder man kann sich neue Zielkarten ziehen. Auf jeder Zielkarte stehen zwei Städte und eine Punktzahl drauf. Hat man zum Schluss des Spiels beide Städte miteinander verbunden - wie, ist egal -, bekommt man diese Punkte gutgeschrieben, wenn nicht, werden sie vom eigenen Punktestand abgezogen.
Letztendlich gibt es unter den Wagenkarten noch viele Joker, die jede Farbe ersetzen können, von denen man sich pro Runde aber nur einen nehmen darf und Doppelstrecken, die von zwei verschiedenen Spielern bebaut werden können. Generell gilt nämlich: Ist eine Strecke einmal bebaut, bleibt sie für den Rest der Partie für alle anderen gesperrt, zur Not muss man halt einen Weg drum herum finden.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler nur noch zwei oder weniger Wagenfiguren übrig hat. Dann ist jeder nochmal an der Reihe und es werden die Zielkarten aufgedeckt und ausgewertet. Zehn zusätzliche Punkte bekommt noch der, der die längste durchgehende Strecke hat.
Für ein Brettspiel ist die Lernkurve geradezu absurd flach, ein Kriterium, das in letzter Zeit anscheinend sehr zentral für die Auszeichnung "Spiel des Jahres" zu sein scheint. Die Regeln sind in fünf Minuten erklärt, sofort können selbst Einsteiger loslegen. Dabei werden jedoch vor allem Gelegenheitsspieler erst mal eher für sich bauen und nicht aggressiv darauf setzen, die vermeintlichen Ziele der anderen Mitspieler zu vereiteln. Ab der zweiten oder dritten Partie dürfte jedoch auch das Gang und Gäbe einer jeden Runde sein.
Die Regel umfasst jedenfalls gerade mal drei Seiten, ist gut bebildert und anschaulich. Viel mehr gibt es in "Zug um Zug" dann auch nicht mehr zu lernen. Wer sich genau merkt, welcher Spieler was für Farben sammelt, ist klar im Vorteil, wenn man auch noch alle möglichen Zielkarten kennt, vielleicht ebenfalls. Derartig ambitionierte Spieler sind mit "Zug um Zug" aber wahrscheinlich schwer unterfordert.
Da das Spiel aus Amerika kommt, sind die wagenförmigen Spielsteine mal ausnahmsweise nicht aus Holz, sondern aus Plastik, aber dadurch auch weniger abstrakt, sondern durchaus charmant modelliert.
Die Aufmachung im Stil der Zeit des vorletzten Jahrhundertwechels ist sehr stimmig, Eisenbahnfans werden die Wagonabbildungen auf den Wagenkarten lieben, auch, wenn das eigentlich schon alles war. Grafisch ist "Zug um Zug" jedenfalls sehr bunt, aber nicht grell, insgesamt angemessen und nostalgisch.
Die Schachtel bietet für alle Teile optimal Platz, es werden sogar fünf verschließbare Plastiktüten für die Wagenfiguren in den verschiedenen Farben mitgeliefert sowie ausreichend Ersatz.
Fazit:
"Zug um Zug" wird im Eiltempo die Herzen aller möglichen Sorten von Spielern erobern. Der Einstieg ist extrem einfach, das Sammelprinzip anfangs sehr spaßig und die Spannung besonders bei mehreren Spielern nicht zu verachten, wenn es auch bei den maximal fünf Spielern schon recht chaotisch wird. Die Halbwertzeit des Spiels ist allerdings eher gering, denn bald ergeben sich wegen des simplen Spielprinzips zwischen den Partien kaum mehr Unterschiede oder neue strategische Möglichkeiten, die ohnehin von Anfang an begrenzt sind, nicht zuletzt wegen des hohen Glücksfaktors, der durch die Wagenkarten ins Spiel kommt. Nervig ist außerdem die Abrechnung am Ende, da man die Punkte aller gebauten Strecken noch mal nachrechnen muss, weil zwischendurch gerne vergessen wird, den Punktezähler vorwärts zu rücken.
Ideal ist das Spiel für Gruppen oder Haushalte, die wenig spielen und eher einfache Sachen suchen, die ohne großes Erklären sofort Spaß machen. In dieser Hinsicht ist die Auszeichnung "Spiel des Jahres" immer noch als Qualitätssiegel zu verstehen. Profis werden an "Zug um Zug" ebenfalls ihre Freude finden, allerdings nicht für sehr lange Zeit. Da das Spiel eigentlich nur eine schwer simplifizierte Version des Quasi-Vorgängers "Union Pacific" ist, sind sie vielleicht besser mit dem bedient. Mittlerweile gibt es allerdings auch "Zug um Zug Europa", welches ein paar zusätzliche Regeln haben und sich aggressiver spielen soll.