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Als die siebzehnjährige Jenna aus ihrem Koma erwacht, kann sie sich an nichts erinnern – nicht an ihren schweren Unfall, nicht an ihre Eltern, ja nicht einmal an ihren Namen. Schritt für Schritt findet Jenna ins Leben zurück, teilweise kehren auch Bruchstücke von Erinnerungen wieder. Doch das Verhältnis zu ihren Eltern und zu ihrer Großmutter ist gestört. Jenna fragt sich, wie sie die ihr nun fremden Menschen lieben soll – doch sie reißt sich zusammen, lächelt mechanisch, wenn es von ihr erwartet wird, und bemüht sich, wieder die alte Jenna zu werden. Aber in ihrem Kopf wird eine warnende Stimme immer lauter: „Vorsicht, Jenna“ – doch vor was soll sie sich in Acht nehmen?
Nach und nach fallen Jenna immer mehr Unstimmigkeiten auf. Warum ist die Familie so plötzlich von Boston nach Kalifornien gezogen? Warum soll Jenna keine Schule besuchen, warum darf sie das Haus kaum verlassen? Warum fühlen ihre Hände sich so merkwürdig an, warum ist ihr Gang so komisch? Und was verbirgt sich im verschlossenen Wandschrank im Zimmer ihrer Mutter? Mehr und mehr Hinweise findet Jenna, die darauf hindeuten, dass etwas ganz und gar nicht stimmt und dass ihre Eltern ihr etwas verheimlichen …
„Zweiunddieselbe“ von Mary E. Pearson spielt im 21. Jahrhundert, allerdings einige Jahre in der Zukunft. Die Autorin hat mit diesem Jugendbuch ein hochinteressantes Thema aufgegriffen, mit dem wir uns in Zukunft aller Voraussicht nach noch häufiger auseinandersetzen werden müssen: Medizinethik.
Jenna lebt in einer Welt, in der die Medizin wesentlich weiter ist und mithilfe von Biomechanik und Neurochips, die kleiner sind als menschliche Zellen, wahre Wunder vollbracht werden können, vor allem auf dem Gebiet der Transplantation. Jeder Einwohner, unabhängig von Bildungsstand oder Einkommen, hat in seinem Leben einhundert Punkte zur Verfügung. Diese Punkte können eingesetzt werden, um neue Gliedmaßen oder Organe zu „kaufen“, etwa nach schweren Unfällen oder Krankheiten. Das menschliche Gehirn darf allerdings auf Beschluss eines Ethikrates höchstens zu 49 Prozent aus einer künstlichen biomechanischen Substanz bestehen. So soll sichergestellt werden, dass der Mensch eben hauptsächlich ein Mensch ist und kein künstliches Wesen. Doch der Fortschritt hat auch seinen Preis: Weil die Gabe von Antibiotika übertrieben wurde und sich Resistenzen entwickelten, hat eine verheerende Seuche Millionen von Menschen getötet.
Die Autorin lässt die Ich-Erzählerin Jenna im Verlauf ihrer Wahrheitsfindung dabei einige hochinteressante Fragen stellen, die jugendliche Hörer wie auch Erwachsene bewegen werden: Wie weit darf die moderne Medizin gehen? Wenn unser Körper durch etwas Künstliches ersetzt wird, was passiert dann mit unserer Seele – sind wir dann überhaupt noch die gleiche Person, die wir einmal waren? Wie viel darf man wegnehmen von einem Menschen, damit er noch er selbst bleibt? Und wie weit würden wir gehen, um einen geliebten Menschen am Leben zu halten?
Gelesen wird „Zweiunddieselbe“ von Anna Carlsson. Carlsson hat eine wirklich schöne, sehr sanfte Stimme, die die unsichere, bisweilen aber auch energische Jenna sehr gut verkörpert. Eine wunderbare Lesung, die von der ersten Minute an fesselt!
„Zweiunddieselbe“ greift ein ungeheuer spannendes und topaktuelles Thema auf, das Jugendliche zum Nachdenken anregen wird. Die Geschichte um Jenna und ihre Identität wird gefühlvoll und im Verlauf der Hörbuchs immer packender erzählt – zunächst glaubt man, dass hier einfach ein Mädchen nach einem schweren Unfall ins Leben zurückfindet, doch dann häufen sich subtile und immer beunruhigendere Hinweise, dass etwas nicht in Ordnung ist. Sehr empfehlenswert!