Crusader Kings 2 und Sengoku - Die neuen charakterzentrierten Strategiespiele von Paradox Interactive (Teil 1)
Die schwedische Spieleschmiede Paradox Interactive ist bekannt für ihre ultrakomplexen Globalstrategiespiele wie
Hearts of Iron III und
Europa Universalis III . Doch nun erscheinen im kommenden Halbjahr zwei Computerspiele der Schweden, die der Hardcore-Strategie eine kräftige Prise Rollenspiel hinzufügen. Denn im Mittelpunkt von "Crusader Kings 2" (erscheint 2012 für PC) und "Sengoku" (soeben erschienen, ebenfalls PC) stehen mittelalterliche Dynastien. Was es mit diesem originellen Spielkonzept auf sich hat, fragen wir die kreativen Köpfe von Paradox Interactive am besten selbst. In Teil 1 dieses Interviews beantworten unsere Fragen Johan Andersson, Executive VP of Development, und Henrik Fåhraeus, der bei Paradox Crusader Kings II betreut.
Media Mania: Nachdem ihr dem grausamen Kriegspfad in "Hearts of Iron III” gefolgt seid und euch der Hinterzimmerpolitik in "Viktoria II" gewidmet haben, erscheinen in den kommenden Monaten zwei neue globale Strategiespiele von Paradox: "Sengoku" und "Crusader Kings II", die eher figurenbetont angelegt sind und sich mit mittelalterlichen Dynastien befassen. Was sind die größten Unterschiede zwischen den Spielkonzepten von "Sengoku" und "Crusader Kings", wenn man sie etwa mit Titeln wie "Europa Universalis", "Hearts of Iron" und "Victoria" vergleicht?
Johan Andersson: Bei figurenbetonten Spielen liegt der Fokus völlig auf dem Charakter, den du spielst. Was mit seinem Land passiert ist sekundär, wichtiger ist, was deinem eigenen Charakter widerfährt. Das ermöglicht eine persönliche Bindung, und es führt auch zu mehr Höhen und Tiefen in einem Spiel.
Media Mania: Werden die beiden Spielen vom selben Team entwickelt oder völlig unabhängig voneinander? Wer sind die verantwortlichen Programmierer von "Sengoku" und "Crusader Kings II"?
Johan Andersson: Bei Paradox gibt es drei unabhängige interne Programmierteams. Das "Crusader Kings"-Team wird von Henrik Fåhraeus geleitet, das "Sengoku”-Team von Thomas Johansson. Verschiedene Bereiche wurden von beiden Teams gemeinsam entwickelt – einen Teil des Codes verwenden also beide Spiele, auf einer grundlegenden Basis.
Media Mania: Was sind die einschneidendsten Änderungen von "Crusader Kings 2” gegenüber seinem
Vorgänger ?
Johan Andersson: Das würde eine ziemlich lange Liste ergeben. Ich persönlich liebe einfach die neue Möglichkeit, den Stammbaum deiner Dynastie anzusehen, aber ich denke dass auch das neue Kampfsystem extrem gut bei den Fans ankommen wird.
Dem Strategiefan läuft nun längst das Wasser im Munde zusammen - und so wollen wir mehr über "Crusader Kings 2" wissen. Projektchef Henrik Fåhraeus stillt unsere Wissbegier.Media Mania: "Crusader Kings" war für seine Zeit bahnbrechend – es gibt kein vergleichbares Strategiespiel, in dem die In-Game-Charaktere eine so wichtige Rolle spielen. Man sieht seine Kinder aufwachsen, eigene Persönlichkeiten entwickeln, zu einsamen Philosophen oder zu verrückten Kriegstreibern, eigensüchtigen Schönheiten oder warmherzigen Nonnen heranreifen – und das machte einen großen Teil des Spielspaßes vom "Crusader Kings" aus. Wie werdet ihr diese RPG-Elemente im Sequel ausbauen?
Henrik Fåhraeus: Die wichtigste Änderung ist, dass Charaktere in "Crusader Kings 2" klare definierte Ansichten voneinander haben. Man sieht also genau, warum eine Figur die andere mag oder nicht. Desweiteren haben die Charaktere Eigenschaften, die – anders als im Vorgänger – auch das Verhalten der A.I. beeinflusst. Mit den Eigenschaften verknüpfen sich gescriptete AI-Gewichtungen wie "Ehre", "Vernunft" und "Ambition". Auch entwickeln sich die Charaktere weiter; zum Beispiel altern ihre Porträts, und es gibt Unmengen an Ereignissen über die Fährnisse des Lebens, vor allem während des Heranreifens vom Kind zum Erwachsenen.
Media Mania:Wird es in "Crusader Kings 2" mehr Intrigen, Hofkonflikte, Bruderzwiste und illoyale Vasallen geben?
Henrik Fåhraeus: Kurz gesagt: Ja! Charaktere haben nun unterschiedliche Ambitionen und ein "Lebensziel", und sie können Teil einer Verschwörung sein. Tatsächlich gibt es einen komplett neuen Mechanismus für Verschwörungen, aber im Augenblick kann ich noch keine genauen Details darüber verraten.
Media Mania:Wird es Verlobungen, Scheidungen, Abdankungen, Gefangennahmen und Hofromanzen in "Crusader Kings 2" geben?
Henrik Fåhraeus: Das kann ich alles bejahen. Charaktere können sich verloben, was dazu führt, dass sie keine anderen Ehen schließen können. Sie können sich scheiden lassen (üblicherweise durch Anfrage beim Papst), und in einem Kampf in Gefangenschaft geraten. Eingekerkerte Charaktere können befreit werden, und natürlich wird es auch Romanzen geben.
Media Mania:Die Katholische Kirche war eine der wichtigsten Faktoren der mittelalterlichen Geschichte. In "Crusader Kings 1" war das Konzept allerdings recht grob ausgearbeitet, der Papst war nicht mehr als eine Marionette des "Papstkontrolleurs". Wird er im Nachfolger des Spiels mächtiger sein? Wie beeinflusst er katholische Herrscher, und was ändert sich beim Kreuzzugsmechanismus in "Crusader Kings 2"?
Henrik Fåhraeus: Der Papst ist in "Crusader Kings 2" in verschiedener Hinsicht von Bedeutung. Er allein ermöglicht Ehescheidungen, einen Casus Belli (Kriegsgrund) für Invasionen oder die Exkommunikation einzelner Figuren. Er bekommt weiterhin Abgaben von allen Bischöfen Europas, die ihrem weltlichen Herren nicht wohlgesonnen sind (es sei denn, es gibt einen Gegenpapst, den sie höher schätzen). Der Papst ist aus diesem Grund sehr, sehr reich und neigt dazu, seinen Einfluss gegen solche Herrscher geltend zu machen, die seinen Ansichten zuwiderlaufen. Der Kreuzzugmechanismus von "Crusader Kings 2" ist recht ähnlich zum Vorgänger, allerdings gibt es kein "Kreuzzugerwartung" mehr. Stattdessen gleicht ein Kreuzzug mehr einer Mission, und wer sie zuerst erfüllt, bekommt eine nette Belohnung.
Media Mania:Werden auch die Patriarchen der orthodoxen Kirche in "Crusader Kings 2” eine Rolle spielen?
Henrik Fåhraeus: Der Patriarch von Konstantinopel erfüllt im Spiel eine ähnliche Rolle wie der Papst, ist jedoch ein Vasall des byzantinischen Kaisers und tanzt nach seiner Pfeife. Er ruft keine Kreuzzüge aus und es gibt keinen Investiturstreit um die Kontrolle anderer Patriarchen oder Metropoliten, wie man es in der katholischen Welt erlebt.
Wir sehen schon die Kreuzzugheere durch Europa ziehen, hören die Schwerter und Rüstungen klirren und die Pilger ihre schaurigen Gesänge anstimmen ... aber noch sind unsere Fragen nicht alle beantwortet. Mehr zu "Crusader Kings 2" und seinen japanischen Pendant erfahren Sie in Teil 2 des Interviews .Interview: Hagen Hoffmann
Das Interview wurde auf Englisch geführt und ins Deutsche übersetzt.